Bilanztransparenz sieht anders aus

PM von Bürgerbahn zum Integrierten Halbjahresbericht der DB AG per 30.6.2025

Bahnchef Dr. Lutz ist Meister im Jonglieren mit (roten) Zahlen, um die internen und Subventions-Finanzströme der DB AG zu verschleiern und die schlechten Performancezahlen zu beschönigen. Ohne den nach Monaten noch immer nicht nachbesetzten Finanzvorstand scheint ihm das besonders gut zu gelingen.  

Fakt ist, die DB hat auch im ersten Halbjahr 2025 wieder einen fetten Bilanzverlust von 760 Mio. Euro eingefahren. Den verkauft Dr.  Lutz als Erfolg. In seinem Halbjahresbericht 2025 heißt es: „Der DB -Konzern steht heute wirtschaftlich auf wesentlich stabileren Füßen als zu Beginn des Jahres. …Unseren operativen Verlust haben wir so auf minus 239 Millionen Euro verringert. Im Gesamtjahr 2025 wollen wir die Verlustzone verlassen und operativ wieder schwarze Zahlen schreiben.“

Bürgerbahn stellt zu dem Zahlenwerk fest:

  1. Die scheinbare Ergebnisverbesserung wurde im Wesentlichen durch höhere Bundesmittel (Subventionen und Zufuhr frischen Eigenkapitals) erreicht. 10,3 Mrd. Euro Eigenkapital wurde vom Bund zugeführt führt, um das Kreditstanding/Rating der DB auf den internationalen Kapitalmärkten abzusichern.
  2. Die Fremdverschuldung der DB sank durch die Erlöse aus dem DB-Schenker-Verkauf um 10,5 Mrd. Euro. Trotzdem beträgt diese immer noch 22 Mrd. Euro, und liegt bei fast 80 Prozent der für 2025 angepeilten Jahresumsatzes der DB.
  3. Ein Teil der angeblichen Ergebnisverbesserung wurde durch „strikte Kostendisziplin“ erreicht durch „Verschlankung“ von Vertrieb und Verwaltung. Die Zahl der Mitarbeiter sank um 3.000. Die Kunden merken das an der weiter abnehmenden Servicequalität.
  4. Immerhin soll in betrieblichen Berufen das Personal wieder aufgestockt werden. Bei Dr. Lutz heiß das so: „In betrieblichen Berufen, etwa in Stellwerken, Zügen oder im Bahnbau, setzen wir unsere Rekrutierungsoffensive mit voller Kraft fort und wollen in diesem Jahr insgesamt mehr als 20.000 Mitarbeitende an Bord holen.“ Diese Zahl entspräche knapp zehn Prozent der 222.500 Mitarbeitenden per 30.6.25! Die hohen Rekrutierungszahlen lassen aber auch darauf schließen, dass viele der unter Hochdruck angeworbenen Beschäftigten schon nach kurzer Zeit wieder das Handtuch werfen angesichts Zustände im Konzern und des verschärften Arbeitsdrucks durch die Rationalisierungsmaßnahmen.
  5. Um die Verluste einzudämmen, sollen weitere Rationalisierungsmaßnahmen mit Personalabbau die jahrelangen Fehlentscheidungen des grotesk überbezahlten DB-Topmanagements (Jahresgehalt Dr. Lutz in 2024: 2,4 Mio. Euro) fortsetzen. Darunter leidet die Motivation der Bahnbeschäftigten und die Qualität des Betriebs mit immer unpünktlicheren und leider immer öfter ungereinigten Zügen, kaputten Aufzügen und Rolltreppen und geschlossenen Fahrkartenschaltern usw.
  6. Die Pünktlichkeit im Schienenpersonenverkehr hat um weitere 0,6 Prozentpunkte auf nunmehr 89,5 Prozent abgenommen. Im Fernverkehr lag sie im Berichtszeitraum bei 63,4 Prozent, im Juni 2025 wurde mit 57,6 Prozent sogar ein neuer Tiefstand erreicht, Besserung ist nicht in Sicht. Der DB –Vorstand schiebt die katastrophalen Pünktlichkeitswerte auf die verschlissene Infrastruktur. Damit will sie die Verantwortung für den schlechten Zustand der Infrastruktur auf die Politik abschieben, denn Ausbau und Erneuerung der Infrastruktur werden aus Steuermitteln bezahlt.  Bei den Verspätungsdurchsagen entfallen höchstens ein Drittel auf Probleme mit der Infrastruktur (Signalstörung, Stellwerksstörung, kaputte Weichen etc.). Es überwiegen betriebsinterne Ursachen wie Störung am Zug, Reparatur am Fahrzeug, zu späte Zugbereitstellung, Personalmangel in den Werkstätten, kurzfristiger Personalausfall, Verspätung aus vorangegangener Fahrt oder wegen verspäteter Personalzuführung, Personalmangel im Stellwerk.
  7. Die DB brüstet sich mit um 350 Mio. Euro auf 7,3 Mrd. Euro angestiegenen Bruttoinvestitionen. Die Investitionen aus Eigenmitteln sind aber um 200 Mio. Euro oder knapp 10 Prozent auf nur noch 1,8 Mrd. Euro zurückgegangen.
  8. Ganz besonders dramatisch ist die Lage im Güterverkehr bei DB Cargo. Dort ging das Volumen der transportierten Güter um knapp 18 Prozent, und die Verkehrsleistung gar um ein knappes Viertel (22.5%) zurück. Dies ist Resultat der noch geringeren Pünktlichkeit des Eisenbahngüterverkehrs wie auch der massiven Rückverlagerung von Bahntransporten auf die Straße angesichts der weiten Umwegfahrten in Folge der Streckensperrungen durch die Generalsanierungsprojekte.
  9. Es grenzt schon an Zynismus, wenn Bahnvorstand Dr. Lutz feststellt:Positiv ist: Die Fahrgäste bleiben der Schiene treu. Die Kundenzufriedenheit im Fernverkehr hat sich (trotz abnehmender Pünktlichkeit) vor allem dank des überragenden Einsatzes aller Kolleg:innen sogar leicht von der Schulnote 2,7 auf 2,5 verbessert.“ Wie immer diese komischen Schulnoten, die die ganze DB-Berichterstattung durchziehen, zustande kommen, die Kunden laufen mangels Alternativen nicht weg. Und zu hoffen, die Bahnbeschäftigten werden auf Dauer die Fehlentscheidungen und Inkompetenz des DB-Vorstandes ausbügeln kann sich schnell als Luftnummer erweisen.
  10. Um vom Totalversagen des DB-Topmanagements abzulenken, postuliert Dr. Lutz im Integrierten Bericht für das 1. Halbjahr 2025: „Am Ende sind es Bund und Parlament, die festlegen, wie viel Geld in die Eisenbahn in Deutschland fließen soll, und damit wesentlich beeinflussen, wie sich Kapazität, Stabilität und Qualität der Schieneninfrastruktur weiter entwickeln.“ Angesichts dieser Aussage wird es allerhöchste Zeit, dass der Bund bzw. der Steuerzahler als 100 Prozent Eigentümer der DB AG dem Gemeinwohlauftrag bei der DB InfraGO Vorrang verschafft und den Eskapaden des DB Topmanagements zu Lasten der DB-Beschäftigten, der Fahrgäste und letztendlich der Steuerzahler ein Ende bereit wird.

Bürgerbahn fordert daher:

  1. Sofortiger Austausch des DB-Topmanagements
  2. Überführung Infrastruktur relevanter DB-Konzerngesellschaften (DB Energie GmbH, DB Consulting& Engineering, DB-Bahnbau, DB-Systel usw.) in die DB InfraGO.
  3. Überführung der erweiterten DB InfraGO in die Gesellschaftsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts.
  4. Politische Steuerung der DB InfraGO durch einen Infra-Beirat, in dem auch Vertreter kritischer Bürger- und Fahrgastinitiativen Sitz und Stimme erhalten.
  5. Um Geld zu sparen: Sofortige Einstellung Prestige behafteter, geldverschlingender Großprojekte, wie Stuttgart 21, 2. S-Bahnstammstrecke München, Bahnhofsverlegung Hamburg-Altona, stattdessen Umsetzung der Alternativvorschläge. Ebenso: Sofortiger Planungsstopp für neue Hochgeschwindigkeitsneustrecken wie Bielefeld – Hannover, Hamburg-Hannover, Ulm – Augsburg, Würzburg – Nürnberg sowie für den Fernbahntunnel Frankfurt und den Verbindungsbahnentlastungstunnel in Hamburg.
  6. Sofortige Umstellung der Netzsanierungsstrategie von Generalsanierung nur für 4.000 km Hochleistungskorridore mit lang andauernden Streckensperrungen zugunsten einer Sanierung des gesamten Netzes unter dem „rollenden Rad“ mit besonderem Fokus auf Wiedereinbau von Überleitstellen und Weichen, der Elektrifizierung des Gesamtnetzes und der Beseitigung von Engpassstellen.
  7. Verzicht auf überzogene Ausbaustandards und Luxusmodernisierung von Bahnhöfen. Stattdessen Fokussierung auf Erhöhung der Unwetterresilienz des Bahnnetzes und Schaffung von Redundanzen für Störfälle.
  8. Die Halbjahres- und Jahresbilanzen über die Erfordernisse des Aktienrechts hinaus ehrlicher zu erstellen und damit der Politik brauchbare Grundlagen für ihre bahnpolitischen Entscheidungen bereit zu stellen. Deswegen gibt Bürgerbahn ja parallel zur jeweiligen Jahresbilanz ihren „Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn“ heraus, der mit vielen kritischen Analysen die bahnpolitischen Weichenstellungen diskutiert. Es muss viel klarer werden, welche großem Maße Investitionsmittel in den wenigen Großprojekten der Hochgeschwindigkeitsbahn und den von Immobilienspekulationen getriebenen Bahnhofsgroßprojekten versenkt werden. Wie wenig weiterhin neben der vollmundig angepriesenen und großzügig finanzierten Generalsanierung der ersten Korridore in den Erhalt und Ausbau des nicht zu den Korridoren gehörenden Restnetzes investiert wird. Wie wenig weiterhin die Reaktivierung der vielen seit der ersten Bahnreform 1994 stillgelegten Schienenstrecken vorankommt.
  9. Die Halb- und Ganzjahresbilanzen zum zentralen Instrument der Bahnpolitischen Steuerung durch den Bund und zur Basis einer breit angelegten Debatte der Bahnstrategie unter Beteiligung aller wichtigen Umwelt- und Verkehrsverbände zu machen.

Dazu Prof. Dr. Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:

Das routinierte Ritual der Halbjahres- und Jahresbilanzen der DB schafft es nicht, die wichtigen Grundlagen für eine konstruktive Debatte einer künftigen Bahnstrategie im Zeichen der Klimakrise bereit zu stellen. Dabei wäre eine offene Strategiedebatte dringender denn je: wo müssen künftig die Investitionsprioritäten liegen? Auf den Fernverkehrskorridoren oder auf den Netzen des SPNV?  Wie kann der Bedarf an neuen, kleinen S-Bahnsystemen schnellstmöglich abgearbeitet werden. Wie kann der schnelle Verschleiß von Hochgeschwindigkeitsstrecken durch weniger Tempo-Bolzen vermieden werden? Wie kann das radikale Vernichten von teilweise erst kürzlich erfolgten Investitionen durch die derzeit anlaufende Generalsanierung vermieden werden. Wie kann die Vernachlässigung großer Netzteile jenseits der sog. Hauptkorridore vermieden werden und eine viel netzwirksamere, aber wenige invasive Sanierung erfolgen. Alle solche Fragen brauchen eigentlich fundierte Datengrundlagen, die im Rahmen der Bilanzen zusammengestellt werden müssten. Die relativ pauschalen Bilanzaussagen helfen wenig für die nötigen Strategiedebatten. Das Parlament und die Bundesregierung müssen von der DB eine viel differenziertere, strategisch hilfreiche Bilanzierung jenseits der bislang üblichen Kernaussagen fordern.

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