rail blog 2 / Andreas Müller-Goldenstedt

Ich fuhr neulich wunderbar mit einem ICE ab Hamburg Altona nach Berlin Hauptbahnhof. Alles klappte, alles war Tippi-Toppi! Es gab zwar eine Ansage zur „schlechten Laune“ des Bord-Bistros. Aber Kaffee gab es wenigstens. Ich habe mich sehr gefreut und gedacht: “Wird`s jetzt besser mit meiner Deutschen Bahn?“

Ich hatte mich zu früh gefreut. Die Rückfahrt am gleichen Tag war ein Fiasko.
Mein Zug hatte 40 min. Verspätung. Konnte dann aber 20 min „einholen“, weil einer früherer ICE auch Verspätung hatte und mich dann mitnahm.
Diesmal aber war der Zug mit Pendlern aus Hamburg, die in ihren Feierabend zurück fuhren, zu 125 % besetzt. Alle Ecken und Kanten des Zugs wurden für Bodensitzplätze genutzt. Im ICE 4 ging das besser als gedacht.


Also war ich auch wieder da, wo viele Menschen die Deutsche Bahn derzeitig sehen:
– „Nicht meine Bahn“
– „Kein Vergnügen, mit der Bahn zu fahren“
– „Verspätungen“
– „Die DB ist nichts für Ältere“
– „Die DB ist nichts für Familien mit Kindern ( in so einem 125 % überfüllten Zug mit Kinderwagen oder Kinderkarre)
– „Du kannst bei längeren Strecken nicht genau planen.“
– „Umsteigen, du musst mehr Zeit einplanen, sonst bist du schnell verloren.“

In den nächsten Jahren wird es aber richtig ärgerlich. Die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium planen in den nächsten Jahren wichtige Strecken für Monate komplett stillzulegen. Generalsanierung heißt das Stichwort. Auch meine Strecke Hamburg-Berlin wird betroffen sein. Auf 290 KM geht dann mehrere Monate nichts. In dieser „stillen“ Zeit soll es dann durch Baufirmen eine Generalsanierung geben. Schienen, Weichen, Signaltechnik: alles soll modernisiert oder general-instandgesetzt werden.


Ich frage mich: Werden dann die Baufirmen ihre Termine einhalten ? Warum geht das jetzt nicht auch?
Wie die Deutsche Bahn mit ihrem neuen Infrastruktur-Vorstand Herrn Berthold Huber und zusammen mit dem Bundesverkehrsminister sich so etwas ausdenken konnten, bleibt mir mehr als schleierhaft. Ich sage nur: Das kann massiv nach hinten losgehen und darf so nicht umgesetzt werden.


Herr Wissing würde doch auch n i e eine Hauptautobahn, wie die A2 von Berlin nach Hannover für 5 Monate absperren, stilllegen, um diese 295 KM grundzusanieren. „Bild“ und der ADAC würden die Autofahrer zur Revolte aufrufen. Spediteursbosse und LKW Fahrer würden Blockaden organisieren.


Also lieber VCD, liebe Allianz-pro Schiene, lieber Fahrgastverband Pro Bahn: Wo ist eurer Aufruf an die Politik, so einen Schienengeneralsanierungsplan sofort in die Tonne zu stecken. Sanierung Ja, Generalsanierung erst recht, aber die Strecke muss offen bleiben.
Das geht. Die Schweiz macht es seit Jahrzehnten vor. „Sanierung unter rollenden Schienenrad“ Also, liebe DB AG, eine Dienstreise zur SBB nach Bern und lernen, wie man es machen kann.

Und dann noch dieses: Ich stand in Berlin auf Bahnsteig 7-8 und wartete sehnsüchtig auf meinen ICE, da sah ich tatsächlich diese Werbung.
Ich war sprachlos. Die Autobahn darf auf dem Bahnhof werben. Schlimmer geht’s nicht.

Über Andreas Müller-Goldenstedt

ist Mitglied und im Vorstand des Umweltverband Prellbock Altona e.V. und kämpft seit 2016 für den Erhalt des Großstadtbahnhofs Altona

Zeige alle Beiträge von Andreas Müller-Goldenstedt →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert