Trotz Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn (DB) – Finanzierung der Bahnsanierung langfristig nicht gesichert
Trotz der auf dem Frankfurter Schienengipfel vom 15.9.2023 von Bundesverkehrsminister verkündeten Eigenkapitalerhöhung für die DB in Höhe von 12,5 Mrd. Euro ist die Finanzierung der Sanierung der Bahninfrastruktur, für die mehr als 70 Mrd. Euro veranschlagt werden, nicht gesichert. In den Pressemitteilungen zu dieser Veranstaltung heißt es „Bund stellt knapp 40 Mrd. Euro für Bahn in Aussicht“: Das ist weit entfernt von bindenden Finanzierungszusagen.
Auf dem „Schienengipfel“ wurde viel von der Generalisierung des Kernnetzes durch Komplettsperrungen wichtiger Eisenbahnmagistralen über Monate hinweg geredet, aber zentrale Fragen, die die Finanzierung des Bahnkonzerns betreffen, blieben unbeantwortet.
Bürgerbahn stellt dazu fest:
- Die Eigenkapitalerhöhung – wann und in welchen Schritten sie erfolgt, blieb offen – reicht gerade einmal aus, um die Finanzierungslücke bei Stuttgart 21 zu decken und die Folgeprojekte (Pfaffensteigtunnel, Nordzulauf usw.) zu finanzieren, damit der Stuttgarter Tiefbahnhof ab 2025 ansatzweise funktionieren kann.
- Mit der Eigenkapitalerhöhung wird nach außen klargemacht, dass die DB für die Beschaffung weiterer Finanzmittel an den Kapitalmarkt verwiesen wird und keine langfristige sichere Finanzierung aus dem Bundeshaushalt kommt. Angesichts der stark gestiegen Zinsen ist das ein sehr teurer Weg und treibt die DB langfristig in die Schuldenfalle.
- Die Eigenkapitalerhöhung geht an den DB-Gesamtkonzern, obwohl sich der Bund auf die Finanzierung einer auszugliedernden gemeinnützigen Infrastrukturgesellschaft konzentrieren sollte.
- Es wurde viel über die Sanierung des Kernnetzes gesprochen, wenig über die damit verbundenen Belastungen für die Fahrgäste. Der ehemalige Chef der Schweizer Bundesbahnen, Benedikt Weibel, bezeichnete die Generalsanierung mit der Totalsperrung von Hauptstrecken „als Selbstmord auf Raten“.
- Autobahnen werden immer unter dem rollenden Rad saniert und teilweise komplett neugebaut, allenfalls unter dem Wegfall einer Fahrspur pro Richtung. Genauso kann das Schienennetz saniert werden. Zu allererst müssen aber die Ausweich- und Umleitungstrecken saniert und elektrifiziert werden.
- Über die Sanierung des restlichen Netzes, welches sich teilweise in einem noch schlimmeren Zustand befindet, die Beseitigung von Engpassstellen, den Wiedereinbau von Ausweichgleisen, die herausgerissenen Weichen und Überleitstellen sowie Industrieanschlussgleise wurde kein Wort verloren. Gleichermaßen fehlte jeglicher Hinweis auf die vollständige Elektrifizierung des gesamten Bahnnetzes als Beitrag zum Klimaschutz.
- Eine notwendige Entschuldung der DB wurde auf dem Schienengipfel nicht auf den Weg gebracht.
- Über den Verkauf der Aktivitäten von DB-Schenker, mit deren Erlösen der DB-Konzern substantiell entschuldet werden könnte, wird überhaupt nicht mehr geredet.
- Laut Koalitionsvertrag soll die Bahninfrastruktur ab 1.1.2024 in „eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft“, aber im Rahmen des DB-Konzerns ausgegliedert werden. Dazu wurde komplett geschwiegen. Bürgerbahn hat das von der Bundesregierung verfolgte Konzept als unzureichend kritisiert, jetzt sieht es danach aus, dass das ganze Projekt unter den Tisch fallen wird.
- Für den heruntergewirtschafteten Zustand der Bahninfrastruktur in Deutschland ist das langjährig im DB-Konzern die Verantwortung tragende Management, namentlich der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz und der Infrastrukturvorstand Berthold Huber verantwortlich. Eine Sanierung der DB wird mit diesem Management nicht möglich sein, allenfalls ein holpriges „Weiter so“.
Dazu Prof. Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:
„Auf dem Schienengipfel wurde die Chance vertan, eine komplette Neuordnung der maroden DB-Finanzen zu verkünden. Dazu gehört nicht nur der Verkauf von DB-Schenker und aller nicht schienenaffinen Auslandsbeteiligungen, sondern auch eine langfristig stabile und der Inflationsentwicklung angepasste Finanzierungszusage aus Haushaltsmitteln für die Sanierung des Gesamtnetzes sowie auch die klare finanzielle Abtrennung einer gemeinnützig zu führenden Infrastrukturgesellschaft. In der Praxis läuft das verkündete Programm zur Sanierung des Kernnetzes auf ein Weiterwursteln auf bisherigem Niveau hinaus, mit weiteren Belastungen für die Fahrgäste durch Unpünktlichkeit und ausgefallene Züge.“