rail blog 229 / Martin Poguntke

Gericht drückt sich um inhaltliche Auseinandersetzung –
Keine Entscheidung zum S21-Brandschutz.


Bei der heutigen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim haben die Richter keine
Entscheidung in der Sache getroffen. Stattdessen haben sie mit formaljuristischen Argumenten die
Klagebefugnis sowohl der Schutzgemeinschaft Filder (SGF) als auch der drei Privatpersonen gegen
den Planfeststellungsbeschluss in Frage gestellt und werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach
ablehnen.


Wir sind gespannt, wie das Gericht im Einzelnen seine (Nicht)-Entscheidung begründen wird. Am
kommenden Donnerstag um 9 Uhr wird es seine Entscheidung bekannt geben. Dann werden wir
sehen, ob unsere Klage tatsächlich einfach abgewiesen wird, oder ob sich das Gericht doch noch zu
einem zweiten Verhandlungstermin durchringen wird, bei dem dann zur Sache verhandelt werden
würde, samt Sachverständigen.


Gegenüber der SGF wurde einstweilen geltend gemacht, dass deren eigene Satzung eine
Klagebefugnis in Brandschutzfragen ausschließe. Gegenüber den Privatpersonen wurde
argumentiert, sie seien nicht mehr betroffen als jeder andere Bürger und deshalb nicht berechtigt
zu klagen.


Auf die von Eisenhart von Loeper engagiert vorgetragene Frage, wo sonst denn dann die
betroffenen Bürger gegen ein offensichtlich lebensgefährliches Brandschutzkonzept klagen
könnten, gab es keine Antwort.


Besonders deutlich wurde der Unwille, sich inhaltlich mit dem Brandschutzkonzept
auseinanderzusetzen, als sich der Richter vehement gegen den Antrag der Kläger wehrte, dass er
doch – auch ohne Klagebefugnis – einen Vortrag der Kläger in der Sache zulassen könne.
Was bleibt unterm Strich? Die Medien werden – falls es nicht doch noch zu einer Verhandlung in der
Sache kommt – vermutlich ätzen, dass die S21-Gegner eine erneute Niederlage vor Gericht
erfahren hätten, womöglich sogar, dass der Brandschutz nun gerichtlich genehmigt sei. Aber
davon kann keine Rede sein, denn das Gericht hat ja gar nicht über den Brandschutz entschieden.
Und wir wussten ja auch, dass der Versuch, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen,
juristisch unsicher war – aber wir wollten halt die Möglichkeit nicht verpassen, das
Brandschutzkonzept vielleicht schon an dieser Stelle zu kippen. Das hat vermutlich erstmal – nicht
aus inhaltlichen, sondern aus formaljuristischen Gründen – nicht geklappt. Jetzt richten wir uns
schon mal auf die nächste juristische Gelegenheit ein: die S21-Betriebsgenehmigung, gegen die wir
erneut und mit besserer juristischer Position klagen werden.


Ein interessantes Detail am Rande war übrigens, dass ausgerechnet die Behörde (der VGH), die u.a.
über die Rettungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung im Brandfall entscheiden sollte,
selbst in einem überhaupt nicht behindertengerechten Gebäude tagt: Nur mit riesigen Umwegen
konnte der Kläger Charly mit seinem Rollstuhl überhaupt ins Gebäude gelangen – und bei weitem
nicht in alle Räume. Und in das WC, das man ihm zur Verfügung stellte, konnte er nicht mal mit
dem Rollstuhl einfahren.

Über Martin Poguntke

ist Diplompädagoge und Theologe und einer der Sprecher des „Aktionsbündnisses gegen S21“. Er war Tagungsleiter der „Klimabahn-Konferenz“ und lebt in Stuttgart, der Stadt mit dem Klima-, Stadt- und Bahnverkehr- zerstörerischsten Projekt Deutschlands.“ Er war 30 Jahre lang Mitglied bei den Grünen und ist wegen deren Mittragen von S21 dort ausgetreten.

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