rail blog 276 / Michael Jung

Nur Druck machen hilft – im Großen wie im Kleinen

Tatort Hamburg: Sternbrücke, mittlerweile bundesweit bekannte unter Denkmalschutz stehende Eisenbahnbrücke, die die Bahn zugunsten eines Monsterbaus abreißen lassen will, als würden die Züge dort 300 km/h fahren, obwohl auf dieser Strecke die Regelgeschwindigkeit bei 60 km/h liegt. Aber das erst in frühestens zwei Jahren, und auch nur, falls der Brückenmonsterbau nicht noch vor Gericht gestoppt wird.

Jedoch lässt die DB schon seit Beginn der Planungen in 2014, diese Brücke nicht mehr zu sanieren, sondern durch einen Neubau zu ersetzten (mit Steuergeldern – eine Sanierung hingegen hätte die DB aus eigener Tasche berappen müssen) die Brücke systematisch vergammeln. So stört es die DB nicht, dass acht von zehn direkt an den Stahlträgern der Brück angebrachten klassischen Natriumdampf-Straßenleuchten defekt sind. Als Radler passiere ich häufig die Straße unterhalb der Brücke, und der dunkle – früher gut beleuchtete – aber ohnehin enge Straßenraum unter der Brücke ist durch die mangelnde Beleuchtung jetzt richtiggehend gefährlich geworden.

Also geht eine Mail an die Bezirksamtsleiterin (das entspricht einer Bürgermeisterin einer 370.000-Einwohner-Stadt), mit Tatsachenschilderung und Frage nach den Zuständigkeiten: Ist es die Stadt, die für die Straßenbeleuchtung verantwortlich ist, oder die DB, weil die Leuchten unmittelbar an den Brückenträgern angebracht sind? Die Bezirksamtsleiterin kennt Prellbock und ärgert sich regelmäßig über diesen, daher wird sie aktiv und leitet die Beschwerde an den zuständigen Landesbetrieb Straßenbeleuchtung weiter und informiert darüber den Bescherdeführer.

Es tut sich nichts. Nach anderthalb Wochen eine Mail vom gleichen Absender in der Bezirksverwaltung, man habe das Anliegen an die falsche Dienststelle weitergeleitet.

Wieder tut sich nichts. Daher ein ähnliches Schreiben von Prellbock, aber in der Tonlage ein wenig härter an die Hamburger Chefin von DB Station&Service. Wieder keine Reaktion. Jetzt ein Schreiben an die Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn in Hamburg mit Androhung einer Anzeige wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Jetzt fangen die Apparate im Hintergrund an zu rotieren.

Plötzlich an einem Freitagmorgen, fast vier Wochen nach der ersten Beschwerde, um 10 Uhr: Anruf eines Herrn vom Landesbetrieb für Straßenbeleuchtung, er nähme sich des Themas an. Er sah das Problem und erzählte gleich von den Abstimmungsschwierigkeiten mit der DB. Also die alten Leuchten gäbe es nicht mehr, neue anzubringen sei schwierig, weil die DB ihnen verbieten würde, Löcher in die Brückenträger zu bohren. Aber mit dieser Entschuldigung war er bei mir an der falschen Adresse, als ich ihm erläuterte, dass man heutzutage die Leuchten auch mit Stahlspannbändern und Klemmen anbringen könne. Na ja, er versprach eine baldige Lösung. Auf die Umsetzung bin ich gespannt … in einer, zwei oder drei Wochen? Oder erst wenige Wochen, bevor die Brücke dann abgerissen wird?

Über Michael Jung

Jahrgang 1950, Dipl.-Volksw., arbeitete zuerst in einem Großkonzern der Mineralölwirtschaft und dann 28 Jahre bei einer deutschen Großbank, davon 10 Jahre lang im Bereich Finanzierung von Eisenbahn- und Nahverkehrsprojekten weltweit. Seit 8 Jahren ist er Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona e.V., die sich für den Erhalt und Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona am jetzigen Standort einsetzt.

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