rail blog 304 / Michael Jung

Der neueste Digitalisierungs-Coup der DB oder:
Neue Hürden für den Online-Fahrkartenkauf

Man braucht schnell eine Fahrkarte und macht das über sein bestehendes Kundenkonto bei der DB. Man klickt sich durch die üblichen (zu vielen) Fragen und landet dann auf der Bezahlen-Seite. Wie bisher üblich klickt man als bevorzugtes Zahlungsmittel auf seine dort hinterlegte Kreditkarte. Wenige Sekunden später kommt die Meldung zurück:

»Zahlungsvorgang kann nicht ausgeführt werden, bitte kontaktieren Sie ihre Bank.«

Man bekommt Angst: Wurde die Kreditkarte etwa manipuliert? Also wiederholt man den ganzen Vorgang, gibt erneut die Daten für die gewünschte Reiseverbindung ein. Beim Bezahlen wieder die gleiche Antwort. Jetzt wird man unruhig und bricht den Vorgang ab.

Aber man braucht nun dringend eine Fahrkarte, also wählt man beim nächsten Versuch die Option »Zahlung mit SEPA-Lastschrift«. In der Hoffnung, das möge funktionieren. Und jetzt kommt die große Überraschung: Was bei mir, seitdem es einen Online-Kauf von Bahnfahrkarten gibt, immer reibungslos funktioniert hat, ist jetzt offensichtlich auch nicht mehr möglich. Denn es erscheint jetzt folgender Dialog:

Sie haben kein Online-Banking? Kein Problem!

Falls Sie über kein Online-Banking verfügen, bieten wir Ihnen mit Verimi eine Alternative an.​

Mit Klick auf den Weiter-Button willige ich ausdrücklich ein, dass meine IBAN, Vor- und Nachname und meine E-Mail-Adresse an die Verimi GmbH, Oranienstrasse 91, 10969 Berlin, übermittelt werden, um mit dem Online-Banking-Login meinen personalisierten Kontozugriff zu bestätigen. Soweit es sich bei dem angegebenen Zahlungskonto um ein Gemeinschaftskonto handelt, verfüge ich über eine entsprechende Einwilligung der anderen kontoführenden Person.

Über Verimi erfährt man im besten Digitalsierungskauderwelsch auf deren Webseite:

Verimi ist Ihr Partner für digitales Onboarding, digitales Unterschreiben und den sicheren Log-in. 
Wir bieten Unternehmen und Organisationen alle relevanten Verfahren zur Identifikation, Authentifizierung und Signatur sowohl für regulierte Umfelder als auch für nicht-regulierte Massen-Anwendungen. Wir konfigurieren unsere Lösungen auch individuell ‚as-a-Service‘ und beraten und begleiten Unternehmen in der Digitalisierung von Anwendungsfällen sowie im eIDAS 2.0 Umfeld.

Aber weder habe ich online-Banking – und ich möchte das auch nicht –, noch kenne ich Verimi, dem ich vertrauliche Bankdaten übermitteln soll. Alles dient laut DB nur meiner persönlichen Sicherheit – oder doch nur zur Sättigung des Appetits der Datenkrake DB AG?

Als weitere Alternative soll man sich mit seinem biometrischen Personalausweis oder mit einem mittels Handykamera erstellten Lichtbild identifizieren. Das kommt einem alles etwas schräg vor.

Fazit: Man geht zum Fahrkartenschalter am Bahnhof und erwirbt dort die Fahrkarte wie früher, ein sicher nicht von der DB erwünschter Effekt. Und angesichts eingeschränkter Öffnungszeiten und chronischer Unterbesetzung auch ein aufwendiger und für viele nicht möglicher Weg. So wird man von der DB erpresst, weitere vertrauliche Daten herauszurücken.

Oder andersherum: Ein barrierefreier Zugang ist das nicht. Hier werden ganze Kundengruppen ausgeschlossen, die sich dem Digitalisierungsterror der DB nicht unterwerfen wollen. Mit Starker Schiene und Bahnfahren hat das alles nichts das Geringste zu tun!

Über Michael Jung

Jahrgang 1950, Dipl.-Volksw., arbeitete zuerst in einem Großkonzern der Mineralölwirtschaft und dann 28 Jahre bei einer deutschen Großbank, davon 10 Jahre lang im Bereich Finanzierung von Eisenbahn- und Nahverkehrsprojekten weltweit. Seit 8 Jahren ist er Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona e.V., die sich für den Erhalt und Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona am jetzigen Standort einsetzt.

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