Klaus Gietinger hat einen Film über Stuttgart21 gemacht
Seit Ende November 2022 ist der Filmemacher Klaus Gietinger mit seinem neuesten Werk in den Kinos in Baden-Württemberg unterwegs. Es ist ein Dokumentarfilm über das umstrittene Großprojekt „Stuttgart 21“.
Am Sonntag, 16. April, läuft der Film „Das trojanische Pferd. Stuttgart 21 – der Film“ im Kino Arsenal (Hintere Grabenstraße 20) als Matinée um 11.30 Uhr. Der TAGBLATT ANZEIGER stellte dem Regisseur Klaus Gietinger im Vorfeld schriftlich ein paar Fragen dazu.
TAGBLATT ANZEIGER: Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?
Klaus Gietinger: Als Bahnfahrer habe ich vor 20 Jahren mit einer Verkehrsinitiative Frankfurt 22 (die es immer noch gibt: www.frankfurt22.de) das schon fast vergessene Projekt Frankfurt 21 mit verhindert. Ich hatte damals schon Kontakt zu den Stuttgartern, darunter Gangolf Stocker. Ich war auch öfter in Stuttgart und habe Demonstrationen miterlebt und auch gedreht.
Die Idee zum jetzigen Film hatte Winfried Wolf und wir haben Geld per Crowdfunding gesammelt. Dann habe ich ein Konzept entwickelt – das man auch bei einem Dokumentarfilm braucht – und mit einem kleinen Team losgelegt.
Wie lange haben Sie für diesen Film gebraucht? Und wie hoch war das Budget?
Etwa ein Jahr. Auch weil ich den Film aufgrund von Fachleute-Beratung und ständig eingehenden Projekt-Hiobsbotschaften laufend aktualisiert habe.
Das Budget lag im niedrigen fünfstelligen Bereich. Kein Vergleich zu den Dok-Filmen, die ich fürs Fernsehen gemacht habe. Aber Selbstausbeutung bin ich seit meinen Anfängen gewöhnt, sie kommt immer wieder vor.
Sie waren schon bei vielen Film-Vorführungen im Land mit dabei. Wie waren denn die Reaktionen des Publikums?
Die Menschen sind bestürzt, wie unsinnig, gefährlich und milliardenteuer das Projekt ist und dass es immer schlimmer wird. Neue Tunnels sind geplant, die aber den Flaschenhalsbahnhof nicht verbessern, sondern das Katastrophenrisiko sogar erhöhen.
Es wurde übrigens im Kino auch gelacht, es darf auch gelacht werden. Eine Frau fragte mich im Ernst, ob die Politiker im Film wirklich „so einen Mist“ gesagt hätten oder ob ich das synchronisiert hätte… Dreimal dürfen Sie raten.
Welche Frage ist Ihnen denn am häufigsten dabei gestellt worden?
Warum dieses Projekt trotz so vieler Nachteile weiter durchgezogen wird und ob der Film mal im Fernsehen käme, damit Millionen sehen könnten, was hier verbrochen wird.
Was finden Sie persönlich am erschreckendsten (oder politisch am bedenklichsten) am gesamten Projektablauf Stuttgart 21 bisher?
Sehr vieles: Der unzureichende Brandschutz, die viel zu kleine Kapazität des Tunnelbahnhofs, der dadurch weiter stark zunehmende Autoverkehr, der CO2- und Energieverbrauch durch die Tunnels, die Zerstörung der Gäubahn, die Unmöglichkeit des Deutschlandtaktes – der ist auch wegen S 21 auf 2070 (!) geschoben worden.
Die absolute Unmöglichkeit der Kapazitätserweiterung, wenn oben die Gleise abgerissen werden.
Der Kotau der Baden-Württembergischen Grünen vor diesem Beton- und Immobilenprojekt und die Pseudodemokratie „Schlichtung“, „Stresstest“, „Volksabstimmung“ – alles aufgrund falscher, vorgetäuschter Zahlen.
Haben Sie noch Hoffnung, dass beim Projekt Stuttgart 21 noch was abgewendet werden kann?
Selbstverständlich. Die jetzt neugeplanten zusätzlichen Tunnel (über 50 Kilometer) werden nie kommen, sie sind ohne Parlament einfach mit dem Filzstift aufgemalt worden und dienen nur dazu, einen unwichtigen Provinzflughafen aufzuwerten, also Passagiere von der Bahn abzuziehen.
Der Bahnhof wird nicht funktionieren, denn der Fahrplan der Landesregierung sieht eine Auslastung vor, die kein Bahnhof der Welt schafft.
Die Gäubahn muss an den Stuttgarter Hauptbahnhof angeschlossen bleiben, und zwar ohne Umleitung über den Flughafen, sie darf nicht auf 10 bis 20 Jahre gekappt werden. Die Bürgermeister an der Gäubahn neigen schon zur Revolte.
Der Kopfbahnhof wird oben bleiben, egal was mit dem Tiefbahnhof und den Tunneln passiert. Im Übrigen gibt es auch für die Tunnels Alternativen, die im Film aufgezeigt werden.
Eine Frage noch zum Schluss: Arbeiten Sie schon an einem neuen Film?
Ja, es gibt einem Gesamtfilm über die Bahn, in dem außer S 21 auch andere Milliardenlöcher eine Rolle spielen werden und es werden Alternativen aufgezeigt: eine Klimabahn!
Außerdem plane ich einen Spielfilm über den Bauernkrieg, der in zwei Jahren 500 Jahre her ist.
Fragen von Angelika Brieschke
INFO: Gietinger beschreibt auf seiner Homepage seinen Film so: „Stuttgart 21, der Bau eines Tunnel-Rumpfbahnhofs ist der größte deutsche Ingenieurs-Betrug. Letztlich 20 Mrd. Euro teuer, entwickelt er sich 2022ff immer mehr zum brandgefährlichen Tunnelgau (100 Kilometer).
Gegner, wie der satirische Bildhauer Peter Lenk, aber auch Befürworter, so die regierenden Grünen, kommen zu Wort.
Ein lustiger S 21-Freund stolpert durch den Film. Der Ausstieg ist endlich angesagt.“
Quelle: https://www.tagblatt-anzeiger.de/Nachrichten/Klaus-Gietinger-hat-einen-Film-ueber-Stuttgart21-gemacht-583666.html