rail blog 117 / Andreas Kleber

Mousse au chocolat als Hilfe für eine Führerstandsmitfahrt auf der 03.10.

Am 03.Mai 1965 verbrachte ich meinen freien Tag auf dem Kölner Hbf. Auf einem Abstellgleis am Rheinufer hatte die Bundesbahn einen „Tag der offenen Tür“ mit drei Vorzeigeloks: Bügelfalten E 10, V 160 und als Dampflok eine 03.10 nebst Reise- und Güterwagen. Kannte aus meiner Heimat zwar die 03, die ab Herbst 1961 im Bw Ulm stationiert war; aber die elegante 03.10? Erst vor wenigen Jahren hatten diese Loks neue leistungsfähigere Neubaukessel mit einen Breitkranzschornstein bekommen; sowie Tender mit Abdeckung des Kohlekastens und Nachschubeinrichtung. Dies verlieh der Lok ihr markantes, elegantes und imposantes Aussehen. Die 26 Loks waren alle seit kurzem im Bw Hagen-Eckesey beheimatet, wo sie hauptsächlich die D- und Eilzüge auf der Ruhr-Sieg-Strecke sowie der oberen Ruhrtalbahn bespannten.

Zu dieser Zeit war ich als Kochlehrling auf dem Petersberg in der Pâtisserie eingesetzt. Guni, einer groß gewachsenen, attraktiven knapp 18jährigen Praktikantin in der Kaffeeküche eingesetzt, neckte mich immer wegen meines schwäbischen Dialektes. Eines nachmittags war ich beim Erstellen eines Mousse au chocolat zu Gange, als sie sich; mit ihren Blicken auf das mousse au chololat und die daneben liegenden Himbeertartelettes Chantilly an mich schmiegte… „Mädle, was willschd?“ – „Sieht so lecker aus…“ „Wo kommschd DU denn her?“ – „aus Witten, wenn Du weißt wo das liegt?“ – „da ist eines der größten Aw der DB!“ – „Das weißt Du?“ – „Interessier mich schon immer für Eisenbahn!“ – „Sag blos, mein Papa war da jahrelang, ist jetzt in Hagen und hat mit Loks zu tun“ -.“Bw Hagen-Eckesey?“ – „Kannst Du ihn mal anrufen?“ – „Nein, das will ich und er bestimmt nicht…“ Steckte ihr einen Löffel mousse au chocolat in den Mund und anschließend noch zwei Himbeertartelettes. „Und jetzt?“ Ein nochmaliger „Nachschlag“ von mousse au chocolat genügte, dass wir tags darauf gingen zum Bahnhof Königswinter gingen. Um Telefonkosten zu sparen, fragten wir den Dienstvorsteher, ob wir von seinem Basa aus Gunis Vater, Herr Josef Klein anrufen durften? „Josef Klein? C-Gruppenleiter des Bw Hagen-Eckesey“…Er war zu mir nicht gerade freundlich am Telefon: „was willst Du Jungspunt von der Guni?“ Er machte sich anscheinend mehr Gedanken um seine Tochter und ihren „Umgang“, als an meinem Interesse an der 03.10. Doch Guni rettete die Situation. Am 30. Mai, in vier Tagen wird die Ruhr-Sieg-Strecke auf elektrischen Betrieb umgestellt: man benötigt für die 03.10 nur noch einen dreitägigen Umlauf, aber auch 44er, 50er sind betroffen; die Hagener P 8 werden z-gestellt; lediglich Bestwiger 23 haben noch Schonfrist.

„Und DU willst auf einer 03.10 – wie kommst Du darauf? Kennst Du Dich überhaupt mit Lokomotiven aus?“ – „Papa, bitte…“ Sagte ihm was von der 03, P 8, P 10, 50er; er wurde am Telefon immer netter -–also gut, am MI, 26. Mai; gerade noch vier Tage vor Umstellung auf elektrischen Betrieb: die 03 1045 wird D 84 von Hagen bis Siegen bespannen! Lehrlokführer Franz Strangelmann wird Dich begleiten.

Und wie sollte ich erst meinen Chef den Grund erklären, warum ich an diesem Tag frei haben muß?

Auch Guni hatte an diesem Tag frei, gemeinsam fuhren wir bis Hagen Hbf, wo ihr Papa uns empfing. Für ihren Papa ist die Eisenbahn ein und alles; die Eisenbahn hat Familie geprägt, die Mama hat für den Papa viel Vesperbrote gerichtet; Guni selbst hat die Vorzüge von Freifahrten der DB genützt, aber sonst kein Interesse an der Bahn gehabt. Und kommst Du eigentlich für Deine Bahnleidenschaft dazu? Herr Klein und sein Lehrlokführer begleiteten mich ins Bw Eckesey, die vorgesehene 03 1054 hatte tags zuvor Wasser gerissen, mußte von einer 44 Schubhilfe erhalten, so dass Herr Klein entschied, dass die 03 1045 bei D 84 zwischen Hagen und Siegen zum Einsatz kam.

Der 7 Wagen lange D 84 (Dm, 5 Bm, 1 Am) Oberhausen – Frankfurt (M), bespannt von einer E 10 fuhr 11:28 in Hagen Hbf ein; wir standen, nachdem wir Kohle geladen und Wasser gefasst hatten mit der 03 1045 bereit, um am anderen Ende an den D 84 anzukuppeln. Herr Klein verabschiedete sich; mit Lehrlokführer Franz Strangelmann, Lokführer und Heizer begann ein für mich unvergesslicher Tag. Innerhalb 8 Minuten Aufenthalt: Abkuppeln der E 10; ankuppeln mit unsrer 03 1045; Bremsprobe, Hp1, Abfahrtsauftrag – und pünktlich um 11.36 fuhr D 84 unter den mächtigen Auspuffgeräuschen der Lok ab. Die Hg des Zuges betrug 120 km/h; noch waren unterwegs die letzten Arbeiten bez. Kontrolle der Elektrifizierung zu Gange. Die 03.10 war für eine Hg von 140 km/h zugelassen, die sie aber nicht ausfahren konnte.

Die Strecke selbst war nicht einfach zu fahren: viele Geschwindigkeitsbeschränkungen, teils auch durch die Elektrifizierungsarbeiten erforderten viel Konzentration für die Lokmannschaft. Auch wenn der Heizer durch die Nachschub Einrichtung am Tender es einfacher hatte, als z.B. bei einer 01, 44er oder 50er.

Noch waren die letzten Arbeiten für die Elektrifizierung entlang der Strecke: es ging das Lennetal aufwärts und verlangte der 03 1045 einiges ab; wenngleich sie beim Anfahren dank des 3 Zylindertriebwerkes gut beschleunigen konnte. Wobei sie auch zum „Schleudern“ neigte…

Die sieben Tunnels zwischen Letmathe und Finnentrop auf der Steigung im Lennetal durften die Dampfloks wegen der Elektrifizierungsarbeiten/Inspektion nur mit geschlossenem Regler durchfahren; so dass wir auf dieser Teilstrecke von einer V 100.10 Schub bekamen.

In vier Tagen war Schluß mit Dampf auf dieser Strecke: Der D 84 fuhr dann zwischen Hagen und Frankfurt 36 Minuten schneller: nicht nur wegen der E 10, sondern da er statt in Siegen in Hüttental-Weidenau hielt und zwischen Wetzlar und Bad Nauheim an Gießen vorbeifuhr, wobei er sich dadurch Lok- und Richtungswechsel ersparte.

In Siegen fand Richtungs- und Lokwechsel statt: eine 01 übernahm D 84 zur Weiterfahrt; wir fuhren mit der 03 1045 ins Bw, wo mich vor allen Dingen das Kohlebeladen mit dem Öffnen der Abdeckung des Tenders faszinierte. Lehrlokführer Strangelmann erklärte mir, dass man erst vor wenigen Jahren alle 03.10 leistungsfähiger zum Preis von ca. 150.000 DM (heute ca. 750.000 €) umbaute. Ab So gibt es noch einen 3-tägigen Umlaufplan mit einer D-Zugleistung nach Kassel und Ende 1966 werden sie alle z-gestellt.

Noch in den 50er Jahren waren sie noch aus Dortmund und Frankfurt u.a. vor F-Zügen nach Hamburg und Hannover eingesetzt; diese haben die V 200 übernommen.

Warum ersetzen diese 26 noch betriebsfähigen Maschinen nicht ihre zweizylindrigen Schwestern 03?

Selbst der von einer neuen V 160 bespannte E 789, den ich zur Rückfahrt nach Königswinter  bis Troisdorf nahm, war einige Wochen zuvor noch eine Leistung der 03.10.

Und war es nicht Gunis Lust auf Mousse au chocolat zu verdanken, dass ich diese unvergessliche Fahrt auf dem Führerstand einer 03.10 erleben durfte?

Meine Fahrt an diesem Tage:

Königswinter         ab            08.32      N 3235    E 41         Niederlahnstein – Krefeld

Köln Hbf                 an            09.17

                               ab            09.31      D 131      E 10         Bonn – Braunschweig

Hagen Hbf              an            10.30

                               ab            11.36      D 84        03 1045  Oberhausen – Frankfurt (M)

Siegen                    an            13.26

                               ab            15.24      E 789       V 160      Frankfurt (M) – Köln

Troisdorf                an            16.52

                               ab            16.58      E 742       E 10         Krefeld – Heilbronn

Königswinter         an            17.11

Ausfahrt der 03 1045 aus Hagen Hbf mit D 397

Ausfahrt mit einem D-Zug nach Frankfurt (M): richtige Dampflokatmosphäre!


Dunkle Schokoladenmousse

 (Pâtisserie Petersberg und Schloßhotel Pontresina 1964/5)

Für 12 Personen

Zutaten:

400 g Zartbitterkuvertüre (Caillbaut o.ä. mit mindestens 70% Kakaogehalt)
100 g Vollmilchkuvertüre
2 Eier
4 Eigelb
1250 g Sahne
Alkohol: – variert nach Geschmack
20 ml 80% Strohrum
10 ml Cognac oder Armagnac
Statt Rum auch Kirschwasser

1.Die Kuvertüren in einer Schüssel im heißen Wasserbad bei 45°C auflösen

2.Eigelbe und Eier in einer Schüssel über siedendem Wasser (etwa 80°C) schlagen, bis die Masse weißschaumig ist und an Volumen gewonnen hat. Die aufgelöste Kuvertüre unterrühren und den Alkohol zugießen und alles glattrühren.

3.Die Schokoladenmasse abkühlen lassen, bis sie handwarm ist. Die Sahne halbfest schlagen und zuerst 1/3, denn den Rest vorsichtig mit einem Gummispatel unterheben.

4.Die Masse in eine/zwei/drei Schüssel oder in Portionsformen oder Gläser füllen und mit Folie abdecken. 2 Stunden kaltstellen und fest werden lassen.

Die Formen vor dem Servieren kurz in heißes Wasser tauchen, dann läßt sich die Mousse auf den Dessertteller stürzen.

Am besten aber man sticht mit einem in Wasser getauchten Eßlöffel Nocken aus der Masse ab

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert