Presseerklärung von Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene
Die Eröffnung neuer Nachtzuglinien und die Diskussion um möglichst klimaschonendes Reisen führen zu einer seit Jahren nicht mehr dagewesenen Nachfrage nach Schlaf- und Liegewagenplätzen. Viele Zugverbindungen sind – besonders in den Urlaubszeiten – schon Monate vorher ausverkauft. Zahlreiche Medien bringen eine junge Generation, die Nachtzüge höchstens aus den Erzählungen der Eltern kennt, auf den Geschmack: Warum nicht mal liegen statt fliegen? In den Artikeln und Fernsehbeiträgen wird aber auch immer wieder auf den Mangel an Fahrzeugen hingewiesen: die Nachfrage übersteigt das Angebot an Schlaf- und Liegeplätzen bei weitem.
Aufgabe der Nachtzugbetreiber ist es jetzt, schnellstmöglich Schlaf- und Liegewagen in ausreichender Zahl zu beschaffen. Die ÖBB hat zwar schon vor Jahren neue Wagen bestellt, aber die Auslieferung verzögert sich bis zum Jahr 2026. Sinnvollerweise hat die ÖBB daher ausrangierte Sitzwagen zu Liegewagen umbauen lassen und Fahrzeuge angemietet. Dies schafft zumindest erst einmal kurzfristig Entlastung. Im Umbau alter Sitzwagen zu Liegewagen liegt auch für andere Bahnen das größte Potential, um möglichst bald mehr Plätze in Nachtzügen zur Verfügung zu stellen. Der Bau und die Zulassung neuer Schlafwagen dauert mindestens zwei Jahre, und die Kosten betragen bei den heute noch üblichen Kleinserien rund 2 Mio. Euro pro Stück. Es wäre daher wünschenswert, wenn sich Nachtzugbetreiber zusammenschließen, um größere Stückzahlen standardisierter Schlaf- und Liegewagen in Auftrag geben zu können, damit die Stückkosten sinken und die Fahrzeuge in vielen Ländern flexibel einsetzbar sind. Hier wäre auch die supranationale Eisenbahnfinanzierungsgesellschaft EUROFIMA gefragt, eine solche Großbestellung für staatliche und private Nachtzugbetreiber vorzufinanzieren. Dazu ist auch auf die Fertigungskapazitäten der osteuropäischen Waggonbauer zurückzugreifen, die noch klassische Reisezugwagen herstellen.
Dazu Heiner Monheim, Pressesprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene:
„Kreativität und Kooperation sind jetzt gefragt, um schnellstmöglich den rasant gewachsenen Bedarf nach Nachtzugreisen zu befriedigen, bevor die Reisenden sich wieder anderen Verkehrsmitteln zuwenden. Das gegenwärtig entstandene Momentum für klimafreundliches Reisen muss unbedingt genutzt werden. Länder wie Österreich, Finnland, Norwegen und Italien haben schon längst neue Nachtzüge bestellt – warum verschläft die Deutsche Bahn den neuen Boom, anstatt Hunderte von Waggons bauen zu lassen? Hier ist der Bund als Eigentümer gefordert: Auch Deutschland muss in Nachtzüge investieren – damit viel mehr Menschen die Möglichkeit haben, im Nachtzug statt im Flugzeug zu verreisen, und damit die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrssektors deutlich reduziert werden.“
Ein Kommentar zu “Nachfrage nach Nachtzügen übersteigt Angebot”