rail blog 269 / Joachim Holstein

Die Ansagen der DB in ihren Zügen sind ein Thema für sich. Ganze Bücher wurden dazu auf den Markt geworfen, und überliefert ist, dass nach Erscheinen von »Senk ju vor träwelling«: Wie Sie mit der Bahn fahren und trotzdem ankommen im Jahre 2008 die DB die titelgebende Standardansage »Thank you for travelling with Deutsche Bahn today« abänderte – seitdem heißt es »Thank you for choosing Deutsche Bahn today«.

Überliefert ist auch, dass Fahrgäste es durchaus zu schätzen wissen, wenn Informationen an Bord nicht in technokratischem Bahntowersprech gegeben werden, sondern sie verständlich und mit, sagen wir, situationsangepasstem Humor daherkommen, insbesondere wenn man dadurch merkt, dass dem Zugbegleitteam die Störungen und Verspätungen genauso auf den Zeiger gehen wie den Fahrgästen.

Aber es gibt leider auch Fälle, in denen es danebengeht. Aus meinem von diversen Vielfahrern gespeisten Mailbox-Eingang:

 

Der ICE verlässt Berlin. Erste Durchsage allen Ernstes: »Ja, wenn Sie denken „Hey, ne Fahrscheinkontrolle ist so was von 1998, dann machen Sie doch den Komfort-Check-In!“.«

 

Peinlich.

 

Im Ruhewagen wird dauertelefoniert. Der anwesende Zugbegleiter macht diesen Herrschaften aber keine Ansage, sondern beschränkt sich auf die Reisendenzählung per Klicker.

 

Auftrag nicht verstanden.

Kurz danach die nächste Ansage:

Aufgrund von [hier bitte zufälligen Textbaustein einsetzen] haben wir nur ein sehr eingeschränktes Warenangebot.

 

Oberpeinlich.

 

In diesem Zug sind eine Menge Gäste, die im 15 Minuten vorher abgefahrenen ICE-Sprinter nicht mitgenommen wurden, weil nur ein Teil des zweiteiligen Zuges fuhr und sie im ausgefallenen Teil reserviert hatten. Ein betroffener Fahrgast fragt den Zugbegleiter, was er bei seinem Entschädigungsantrag – er kommt wegen des Zwangsumstiegs auf einen normalen ICE 1:30 Stunden später an – als Status des gebuchten Zuges angeben soll. Anstatt einfach mal kurz ins System zu schauen, was da Sache ist, weist das Personal den Gast unwirsch ab: »I war ned dabei. Dös send olles Gerüchte.«

 

Auftrag nicht verstanden.

 

Da der DB-Navigator die Gäste stets zum Feedback auffordert, nutzt ein in seinem Komfort durch Gedankenlosigkeit beeinträchtigter Fahrgast diese Funktion einfach mal:

 

Typisch »Kundendienst« beim Fernverkehr: 6:58 Uhr fährt der ICE ab. Es erfolgt die Begrüßungsansage. Nachdem die Fahrgäste wieder eingeschlafen sind, kommt um 7:27 Uhr eine Ansage zum Speisewagen. Sagt mal, merkt ihr überhaupt, wie ihr gegen die Gäste arbeitet?

Ich fürchte, sie merken es nicht.

Und ich bin sicher: die 500 Kolleginnen und Kollegen, die 2016 bei der Abschaffung der DB-Nachtzüge ihre Arbeitsplätze verloren haben, würden alle sagen: »Das wäre bei uns nicht vorgekommen.«

Wir arbeiteten schließlich kundenorientiert – und Kunde war für uns der Fahrgast. Allerdings versuchte das mittlere Management, uns diese Haltung auszutreiben – wir wurden in Schulungen »belehrt«, dass wir da völlig falsch lägen. Unser Kunde sei die Muttergesellschaft DB Fernverkehr als Auftraggeber.

Das erklärt vieles.

Über Joachim Holstein

(*1960) arbeitete von 1996 bis 2017 als Steward in Nacht- und Autozügen der DB, war von 2006 bis zur Einstellung dieser Verkehre Betriebsrat der DB European Railservice GmbH und zuletzt Sprecher des Wirtschaftsausschusses. Mitbegründer der Initiative zur Rettung des Nachtzuges Hamburg-Paris (2008; »Wir wollen nach Paris und nicht an die Börse«) und des europäischen Netzwerks für Nachtzüge »Back on Track« (2015; https://back-on-track.eu/de/); Weiteres unter www.nachtzug-bleibt.eu

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