Stuttgart 21? Längst gelaufen…!? Das Gegenteil ist der Fall!
von Klaus Gietinger
Nein, Stuttgart 21 ist nicht „gelaufen“ – denn das größte Betrugsprojekt deutscher Ingenieursgeschichte entwickelt sich nicht nur zum teuersten, sondern auch zum gefährlichsten Bahnhof aller Zeiten. Waren zu Beginn wenige Kilometer Tunnel und wenige Milliarden D-Mark geplant, läuft jetzt alles konsequent aus dem Ruder. Immer mehr klimaschädliche hochgefährliche Tunnel und immer mehr Geld sollen das Projekt retten. Doch sie verschlimmbessern es jedes Jahr weiter. Dabei wird immer deutlicher: Die Kritikerinnen und Kritiker hatten in allem Recht: Der Bahnhof ist viel zu klein, brandgefährlich, extrem klimaschädlich, völlig untauglich für den Deutschlandtakt und führt zu mehr Autoverkehr. Doch beharrlich halten die Regierenden im Südweststaat, der sich inzwischen als „the Länd“ tituliert, Grüne und CDU, und die Opposition aus SPD und Freien Wählern, sowie die Bundesregierung, die Bahnführung und die gesamte Tunnelbohrer-Lobby an der „Fahrt ins Desaster“ (so der derzeit amtierende grüne Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, zu Zeiten als er noch gegen das Milliardengrab war) fest.
Ebenso konsequent, wie das Projekt scheitern wird, zeigt der abendfüllende Dokumentarfilm, wie Immobilienspekulation, Betonmafia, Bahnchefs aus der Auto- und Flugzeugindustrie und weltweit führende Tunnelbohrer plus Kettensäger den pünktlichsten Bahnhof Deutschlands für konkurrenzlos teures Geld ruinieren, unter der Erde einsperren, schieflegen und letztlich begraben wollen.
Das Projekt ist ein Trojanisches Pferd, weil trotz der Proteste und der Argumente dagegen es eine Tunnelmanie für weitere milliardenteure Bahnprojekte ausgelöst hat. Die Bahn soll in ganz Deutschland immer mehr unter die Erde (Frankfurt Hbf, Frankfurt-Fulda, Rosenheim, Fehmarn-Belt). Dadurch verliert die Bahn wegen des massenhaft verwendeten Stahlbetons jede klimarettende Funktion und wird zur Todesfalle. Zudem sollen weitere bestens funktionierende Kopfbahnhöfe wie Lindau und Altona kaputtgemacht werden.
Zahlreiche Kritiker, Bahnexperten, ein Bahngewerkschaftschef, ein Bildhauer, ein ehemaliger Daimler-Chef, Friday-for-Future-Frauen sowie junge Kranbesetzer sind im Film mit Interviews präsent, auch gewendete Befürworter, wie der grüne Verkehrsminister. Ehemalige Bahnchefs, lügende Bahnmanager, lachende CDU-Bürgermeister und Brandschutzexperten der besonderen Art kommen zu Wort. Begleitet wird dies von einer Kunstfigur, Herr Büro, einem Befürworter, der immer mehr in Erklärungsnot kommt und dem Zuschauer auch mal die Gelegenheit für ein lichtspendendes Lachen im Tunnel ermöglicht.
Gezeigt wird nicht nur, dass Stuttgart 21 Murks von Anfang an war. Es geht um die Geschichte eines Projektes, das von Täuschungen, Lügen, falschen Zahlen, ja kriminellen Handlungen, bis hin zu Polizeistaatseinsätzen, nur so strotzte und das jetzt zu immer höheren Kosten mit immer längeren und gefährlicheren Tunneln (aktuell liegen wir bei 100 Tunnel-Kilometern!) und zu immer weiteren Verzögerungen und Verschlechterungen führt. Ein dubiose Rolle spielt dabei die Lobby für den Provinzflughafen Stuttgart, der den Namen eines der „Väter“ des Milliardengrabes trägt (Manfred Rommel war Stuttgarter OB und ein erster Einpeitscher für Stuttgart 21) und der mit kilometerlangen Tunneln „angebunden“ werden soll. Wobei nicht nur einer der am besten funktionierenden Bahnhöfe Europas, sondern auch eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands zerstört werden soll: Die Gäubahn.
Last, not least ist dieser Film eine Hommage an die Massenbewegung gegen das Projekt, die immer noch lebendig und aufgrund der weiteren Tunnelprojekte in Stuttgart aktueller denn je ist. Der Film endet mit immer noch möglichen Alternativen und Ausstiegsmöglichkeiten. Die Devise heißt nach wie vor: Oben bleiben!
Dieser Beitrag erscheint auch in der Sonderausgabe von Lunapark21