PM von Bürgerbahn zu geplanten Revision von Art. 23 AEG
Ende 2023 hat der Gesetzgeber erfreulicherweise eine deutliche Erschwerung der Entwidmung von Bahnflächen im Rahmen der Novellierung von §23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet.
Diese Verschärfung war aufgrund freizügigster Auslegung der Rechtslage und zahlreicher negativer Erfahren in den vergangenen 15 Jahren längst überfällig. Seit der Amtszeit von Bahnchef Mehdorn wurden zahlreiche, angeblich nicht mehr für Eisenbahnbetriebszwecke benötigte Bahngrundstücke verkauft, zum Teil an Immobilienhaie regelrecht verschleudert. In den Jahren danach kam es immer wieder zu Problemen, wenn bei Erweiterung und Umbau von Bahnanlagen oder der Reaktivierung von Bahnstrecken diese Flächen doch noch gebraucht worden wären.
Dann musste die DB diese entweder kostenträchtig zurückkaufen oder ihre Bauprojekte ändern, weil sie nicht mehr auf diese Flächen zurückgreifen konnte. Dies führte häufig zu erheblichen Zeitverzug und/oder massiven Kostensteigerungen bei Bahnprojekten. Bestes Beispiel dafür ist der Bahnhof Hamburg Rahlstedt. Bahnflächen wurden für ein Immobilienprojekt verkauft. Die jetzt geplante Erweiterung des S-Bahnnetzes kann nur mit einem kostspieligen Brückenneubau und einer Überdeckelung des Busbahnhofes erfolgen, weil das alte, einstmals dafür vorgehaltene, Bahngrundstück mit einem Bürogebäude bebaut wurde. Solche Beispiele gab und gibt es bundesweit zu Hauf.
Nun zeigt sich aber, dass bei korrekter Anwendung des Ende letzten Jahres novellierten §23 AEG eine Entwidmung der nach den Plänen der DB AG und der Politik angeblich freiwerdenden Flächen am Kopfbahnhof in Stuttgart und gleichermaßen in Hamburg –Altona für bahnfremde Immobilienprojekte nicht mehr möglich ist.
Damit würden die Spekulationsträume der Immobilienhaie auf diese Flächen wie Seifenblasen zerplatzen. Das kann natürlich nicht im Interesse der lokalen Politik und der DB AG liegen, die beide die hoch umstrittenen Projekte Stuttgart 21 und Bahnhofsverlegung Altona nach Diebsteich unterstützen.
Daher bemühen sich Vertreter der CDU (mit wohlwollender Unterstützung der Grünen) in Berlin mit der demagogischen Begründung: „mehr Flächen für den Wohnungsbau“ die Gesetzesänderung aus 2023 wieder rückgängig zu machen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag in den vergangenen Tagen eingebracht. Großer öffentlicher Protest ist bei einer solchen – auf den ersten Blick rein technisch anmutenden – Gesetzesänderung nicht zu erwarten. Anmerkung: In Stuttgart sollen auf den Bahnflächen angeblich 5800 dringend benötigte Wohnungen entstehen, laut aktuellem Zensus stehen dabei gleichzeitig heute 11000 Wohnungen dort leer.
Bürgerbahn stellt dazu fest:
- Die Novellierung von §23 AEG Ende 2023 wurde berechtigterweise aufgrund jahrelanger negativer Erfahrungen beschlossen.
- In der Vergangenheit wurden bereits über 25% Bahnstrecken und über 80% an Serviceanlagen stillgelegt und fehlen heute bereits für die Verkehrswende.
- Ist eine Bahnanlage einmal freigestellt, ist diese unwiederbringlich für die Infrastrukturentwicklung der Eisenbahn verloren.
- Mit dem novellierten §23 AEG wurden Vorgaben der EU (Richtlinie 2021/1187) und der Konsens der Beschleunigungskommission Schiene umgesetzt und der Eisenbahninfrastruktur endlich wieder der durch die Verfassung (Art. 87e Garantie der Grundversorgung) zugedachte Stellenwert zurückgegeben. Das Ziehen dieser Notbremse war bereits seit langem überfällig.
- Bahngrundstücke, die häufig vor mehr als 150 Jahren von den jeweiligen Territorialverwaltungen kostenfrei der Bahn zu Verfügung gestellt wurden, weil man sich von einem Bahnanschluss Wirtschaftswachstum versprach, dürfen nicht für bahnfremde Zwecke, insbesondere zur Immobilienspekulation verkauft werden.
- Gerade in dicht besiedelten Regionen sind Grundstücke, die für den Bahnverkehr gewidmet sind, ein wertvolles Gut, das für den notwendigen weiteren Ausbau der Bahn geschützt werden muss.
- Besonders die großen Bahnprojekte, die nicht der Weiterentwicklung des Bahnverkehrs dienen, sondern reine Immobilienprojekte sind (Stuttgart 21, Bahnhofsverlagerung Altona), haben bzw. werden sich als Flop erweisen, nicht nur wegen ihren horrenden Kosten, sondern aufgrund ihres destruktiven Charakters für die Weiterentwicklung und Modernisierung der Bahn.
- Daher gilt für Bürgerbahn – Denkfabrik: Finger weg von einer erneuten Novellierung von §23 AEG.
Dazu Prof. Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn-Denkfabrik:
„Mit einer erneuten Novellierung von §23 AEG wird die notwendige Reaktivierung von Bahnstecken massiv behindert. Es ist die Einladung an die Immobilienwirtschaft die Spekulation mit Bahnflächen fortzusetzen. Gerade innerstädtische Bahngrundstücke sind ein wesentliches Asset für die Verkehrswende, die eines weiteren Ausbaus des öffentlichen Verkehrs bedarf. Dafür sind gerade auch zeitweilige nicht oder zu wenig genutzte Bahngrundstücke vorzuhalten. Der beantragten Gesetzesänderung ist eine klare Absage zu erteilen. „