Platzt der digitale Knoten S 21?
Das Chaos rund um die Arbeiten am Bahnknoten S 21 wird immer größer. Die DB AG muss jetzt zum wiederholten Male eingestehen, dass die mit großen Vorschusslorbeeren als Garant für eine große Leistungssteigerung des ansonsten nicht ausreichend dimensionierten Knotens S21 bejubelte ETCS-Technik im digitalen Knoten S 21 große Probleme bereitet. Das beweisen die bisherigen Pannen auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm in erschreckender Weise.
Jetzt gibt die Bahn gibt in einer am Montag eilig einberufenen Pressekonferenz ihre aktuellen Probleme beim Digitalen Knoten Stuttgart selber zu. Der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), und die DB räumten dabei die aktuellen ETCS-Probleme ein.
Damit können die aktuellen Probleme zu erheblichen Verzögerungen und Kostensteigerungen führen. Letztlich geht es um die Resilienz bzw. Robustheit der digitalen Anwendungen, die auf der Seite der Infrastruktur und der Fahrzeuge besondere Anforderungen stellen. Da mögen die Software-Experten der Bahn und die Tunnelbau-Ingenieure noch so sehr fummeln.
Die harte Realität bestätigt die immer schon von den Kritikern beklagten absehbaren Kapazitätsprobleme von S 21. Das Versprechen der Bahn, dass mit dem neuen digitalen Sicherungssystem ETCS mehr Züge in kürzerem Abstand durch den Bahnhof fahren können, wird immer fragwürdiger.
Schon die SBB hatte die Erfahrung gemacht, dass die Störanfälligkeit der digitalen Systeme beachtlich ist und Bahnen gut beraten sind, weiter die Option einer robusten, konventionellen Systemsteuerung zur Basis ihrer Planung und ihres Betriebs zu machen. Trotzdem hat die DB immer bestritten, dass es Schwierigkeiten mit dem neuen Zugleitsystem geben könne. Doch jetzt musste der Beauftrage für die digitale Schiene, Volker Hentschel, einräumen, dass es bislang immer wieder Probleme mit ETCS auf der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm gibt. Immer wieder können einzelne Züge dort nicht fahren und müssen stattdessen die Altstrecke über die Schwäbische Alb fahren, mit entsprechenden Verspätungsfolgen. O Ton Hentschel: „Wie bei jedem neuen System ist auch hier auf der Neubaustrecke die Möglichkeit, dass was nicht funktioniert“. Probleme gibt es sowohl an den Fahrzeugen als auch an der digitalen Fahrweginfrastruktur und Stellwerksinfrastruktur. Hochsensible Steuerungssysteme sind eben sehr störanfällig.
Man brauche noch viel Zeit „zum Testen und Üben“, sagt Hentschel. Aber im Knoten S 21 läuft die Zeit davon. Und wenn dann trotzdem der Knoten in seinen ersten Teilen eröffnet würde und dann Züge den neuen S 21 Bahnhof nicht anfahren könnten, wäre das eine extreme Blamage für das Projekt und angeblich dadurch symbolisierte Ingenieurskunst. Bei den geschätzten 1.700 Zügen, die künftig S 21 befahren sollen, würde ein ziemliches Chaos ausbrechen, wenn die Befahrbarkeit zum Lotteriespiel würde und immer mit der Notwendigkeit für Umleitungen gerechnet werden müsste. Es mutet gespenstisch an, wenn Herr Hentschel ankündigt, man werde demnächst ab Mitte 2024 mit viel Üben und Zug-Tests versuchen, die Probleme in den Griff zu bekommen und stückweise zu beseitigen. Man erinnert sich: S 21 wurde von seinen vollmundigen Befürwortern immer wieder als das am besten geplante Bahnprojekt aller Zeiten bejubelt. Und jetzt beginnt man demnächst seine ersten Tests für den Knoten? Wenn es schon auf der einfachen linearen Strecke Wendlingen-Ulm Probleme gibt, wie soll das dann im komplexen Knoten ab 2025 funktionieren? Die Verantwortlichen verweisen jetzt entschuldigend darauf, dass ein digitaler Großkonten eben noch nie erprobt worden sei, damit werde S 21 zum bundesweiten Testfall. Aber ohne robuste Rückfalloption mit konventioneller, signalbasierter und robuster Systemsteuerung wird das ein Vabanquespiel. Wenn der digitale Knoten Stuttgart nicht 100%ig funktioniert, gibt das ein Desaster.