Nach dem Erfolg des 49-Euro-Tickets – für den Fahrradtransport bleiben die wirren Ticketstrukturen erhalten
Der Grundsatz des 49-Euro-Tickets – Flatrate Bahnfahren, unbegrenzt und bundesweit und ohne Auseinandersetzung mit den wirren regionalen Ticketstrukturen – gilt leider nicht für die Mitnahme von Fahrrädern in Regionalzügen. Hier besteht die regionale Kleinstaaterei uneingeschränkt weiter und treibt zum Teil seltsame Blüten. Und bei häufiger Mitnahme des Rades können die aggregierten Kosten dafür sogar schnell 49 Euro im Monat übersteigen.
Die Regelungen in den einzelnen Bundesländern bzw. Verkehrsverbünden sind wirklich skurril. Im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) kostet die Radmitnahmen in der S- und U-Bahn nichts, aber es gelten Sperrstunden montags bis freitags von morgens 6 bis 9 Uhr und nachmittags von 16 bis 18 Uhr, aber nicht innerhalb der Hamburger Sommerferien. Generell sind die Sperrstundenregelungen, die eingeführt wurden, um den Fahrgastwechsel im Berufsverkehr zu beschleunigen und mehr Stehplätze in der S-Bahn zu haben, sinnvoll. Nimmt man das Rad allerdings in einen RE/RB-Zug mit, gilt für den Transport des Rades innerhalb des HVV-Gebietes ein Preis für die Radtageskarte von 3,50 Euro, und es gibt keine Sperrstunden. Nutzt man den gleichen RE/RB-Zug für ein Fahrtziel, das außerhalb des Verbundgebietes liegt, dann ist der DB-Nahverkehrstarif anzuwenden, der für eine Radtageskarte 6 Euro fordert, allerdings mit bundesweiter Gültigkeit. In Bayern kostet das Bayern-Radtagesticket ebenfalls 6 Euro, in NRW für das gesamte Land aber nur 4,90 Euro. Bleibt man im Verbundgebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR), dann sind nur 3,25 Euro fällig. In Hessen ist im gesamten Land die Radmitnahme kostenlos. Fährt man aber von Kassel nach Göttingen, dann sind 6,- Euro fällig. Noch skurriler in Thüringen. Die dort von dem Betreiber Abellio aufgestellten Fahrkartenautomaten verkaufen Fahrradtickets unter der Rubrik Fahrtziele – Spezialfahrkarten. Dort wird das bundesweit gültige 6,- Euro Ticket der DB angeboten. Klein vermerkt ist darunter: Die Fahrradmitnahmen in Zügen von Abellio ist kostenlos. Klar könnte man sagen: Förderung des Radverkehrs durch Abelllio, die der niederländischen Staatsbahn gehören…. Aber der Gag ist, aus dem Aushangfahrplan und den Fahrzielanzeigern auf den Bahnsteigen kann man nicht entnehmen, welcher Zug nun von der DB oder von Abellio betrieben wird. So kann man schnell ungewollt zum Schwarzfahrer werden, oder zahlt drauf. In Berlin wiederum kostet die Fahrradmitnahme auf einer Einzelstrecke in der S-Bahn 2,20 Euro, das Tagesfahrradticket für den Bereich AB 5,40 Euro. Dafür gibt es im VBB (Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg) eine Fahrradmonatskarte für 41,70 Euro, die sich großer Beliebtheit erfreut. Andere Verkehrsverbünde kennen eine solche Monatskarte nicht, die Pendler, die ihr Rad jeweils für die »Last Mile« mit in den Zug nehmen, sehr schätzen.
Zudem gibt es immer noch reichlich Zugpersonale, die Räder hassen wie die Pest und bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonen, dass man für sein Rad keinen Beförderungsanspruch hat. Diese Haltung stammt noch aus der Zeit, in der man sein Rad, wenn man Glück hatte, im Packwagen transportiert bekam. Mit deren Abschaffung wanderten die Räder sukzessive in die Passagierräume der Züge. Mit höheren Bahnsteigen und ebenerdigen Einstiegsmöglichkeiten in die modernen Nahverkehrsfahrzeuge wurde die Mitnahme von Rädern in den Zügen deutlich erleichtert. Leider sind viele Triebzug- oder Waggonmodelle auf die in den letzten Jahren extrem gestiegenen Radbeförderungsfälle nicht eingestellt. Noch immer sind Triebwagen unterwegs, die nur die Mitnahme von maximal zwei Rädern pro Triebwageneinheit (Regioshuttle 1) erlauben, und auch die in großen Stückzahlen verkehrenden Nahverkehrstriebwagen der Baureihe 612 und Talent2 sind für den Transport von Rädern denkbar ungeeignet, weil nicht nur die Zahl der Radstellplätze zu gering ist, sondern auch die Einstiegsverhältnisse für Räder sehr beengt sind. Dass es auch anders geht, bewies schon vor 10 Jahren die Regionalbahngesellschaft Metronom, die einfach für den Radtransport das Untergeschoss eines Doppelstockwagens gänzlich leergeräumt hat (auch keine Klappsitze!) und das Mehrzweckabteil, in dem es sonst immer die üblichen Konflikte zwischen Radlern, Rolli Fahrenden, Müttern mit Kinderwagen und Reisenden mit Sperrgepäck gegeben hat, für den Radtransport gesperrt hat. So können locker 30 Räder und mehr mitgenommen werden. Das Konzept vermeidet Einstiegs- und Abfahrtverzögerungen durch einen reibungslosen Fahrgastwechsel auch von vielen Radlern an einem bestimmten Bahnhof und sei allen Nahverkehrsbahngesellschaften zur Nachahmung empfohlen.
Fazit: Da ihm Zeichen einer Verkehrswende künftig noch mehr Räder in den Zügen mitgenommen werden wollen und sollten, und das nicht nur in den notorisch überfüllten Zügen zu den beliebten Ausflugszielen an Wochenenden, ist es dringend erforderlich, in den Zügen ausreichend Fahrradstellplätze zu schaffen und dafür Sitze zu entfernen (oder feste Sitzplätze durch Klappsitze auszutauschen) und vor allem den Tarifdschungel, was die Radmitnahme angeht, gründlich zu durchforsten. Ein bundesweit einheitlicher Regeltarif – zum Beispiel ein Euro für eine einfache Mitnahme, drei Euro für eine Radtageskarte für ein Bundesland und 6 Euro für eine Radtageskarte für alle Nahverkehrszüge in Deutschland – wäre angemessen. Zudem müsste das 49-Euro-Ticket ergänzt werden um eine Variante incl. Radtransport für 59 Euro im Monat für eine bundesweit unbegrenzte Fahrradmitnahme.
Eine solche pauschale und bundeseinheitliche Regelung würde den hochbezahlten „Tarifexperten“ der Verkehrsverbünde ein weiteres Spielfeld wegnehmen, aber den Nutzen hätten die Fahrgäste, die mit dem Rad unterwegs sind, und vielleicht auch das Klima.