49-Euro-Ticket bald löchrig wie ein Flickenteppich?
Nicht überraschend kam dieser Tage die Meldung, dass der strukturschwache Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt aus dem 49-Euro-Ticket aussteigen will.
Warum? Die Umlage zum Verlustausgleich für das 49-Euro-Ticket, zu dem die Landkreise, die dort für die Organisation des ÖPNV verantwortlich sind, finanziell beitragen müssen, übersteige angeblich deren finanzielle Möglichkeiten. Umgekehrt: die Bevölkerung des dortigen Landkreises, in dem das Eisenbahnnetz dünn und das Busnetz eher dürftig ist, hat wenig vom 49-Euro-Ticket. Daher die Entscheidung des dortigen Landkreistages, aus der Mitfinanzierung des 49-Euro-Tickets auszusteigen, weil vermutlich wenige Bürger in diesem Landkreis ein solches Ticket haben. Schlicht, weil es sich für sie nicht rechnet. So eine Sparentscheidung bringt eher in einer strukturell eher konservativen Region Wählerstimmen, als es sie kosten würde. Nur: Wenn das Beispiel Schule macht, ziehen andere Regionen nach. Im Osten Deutschlands wird sowieso die Diskussion um das 49-Euro-Ticket als eine Metropolen-zentrierte West-Diskussion wahrgenommen.
Wenn mehr und mehr Landkreise aus der Mitfinanzierung aussteigen, dann gerät der Grundgedanke des 49-Euro-Tickets „Flatrate ÖPNV-Fahren, bundesweit“ unter die Räder. Daher muss solchen Aktionen finanziell klammer Landkreise sofort ein Riegel vorgeschoben werden, sei es durch erhöhte Zuschüsse des Landes oder des Bundes. Anderweitig wird – von einigen politischen Akteuren durchaus gewollt – das 49 Euro Ticket „sturmreif“ geschossen. Nur handelt es sich bei dem Fehlbetrag, über dem im Landkreis Stendal die Diskussion entbrannt ist, um gerade einmal 10.000 Euro pro Monat, entsprechend dem Wert von einer (!) Panzergranate für einen Leopard 2 Panzer. Diese liefert und finanziert Deutschland täglich zu Tausenden für die Ukraine. Wenn ein 100 Milliarden Sondervermögen für die Aufrüstung kritiklos akzeptiert werden, aber 40.000 Euro fehlen, um ein wesentliches Instrument zur Förderung eines klimafreundlichen öffentlichen Nahverkehrs zu finanzieren, dann muss sich die Politik nicht über Glaubwürdigkeitsdefizite wundern.