Infrastrukturfonds für Investitionen in die Bahninfrastruktur – Das trojanische Pferd
Beim aufmerksamen Studium des Hamburger Abendblatts vom 2.4.24 springen einem in einem eher harmlosen Artikel in der Rubrik „Aus aller Welt“ zum Thema „Rudern auf der verseuchten Themse“ zwei Namen ins Auge: OMERS und die Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Abu Dhabi. Dort wird beklagt, dass die beiden Akteure zusammen mit anderen Hedge-, Staats- und Pensionsfonds die britische Wasser- und Abwasserwirtschaft in den letzten Jahrzehnten übernommen, die dortigen Unternehmen vampirmäßig ausgesaugt, und mit Schulden in Höhe von 60 Milliarden Pfund überhäuft haben, nur um sich Dividenden in Höhe von 56 Milliarden Pfund auszahlen zu lassen. Gleichzeitig unterließ man dringend notwendige Investitionen in die völlig veralteten Wasserversorgungs- und Abwassersysteme, weswegen massenweise ungeklärte Abwässer in die Flüsse geraten und die Ruderer des Traditionsclubs von Oxford nach dem Training auf der Themse schwer erkrankten.
Jede fragt sich, was hat das nun mit der Bahn zu tun? Nun, sehr viel. Denn diese beiden Akteure sind für Eingeweihte keine Unbekannten in der deutschen Bahnszene. OMERS (Ontario Municipal Employees Retirement Benefit System = kanadischer Pensionsfond für die Angestellten des öffentlichen Dienstes der Provinz Ontario) und GIP (= Global Infrastructure Partners), die Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Abu Dhabi der ADIA (=Abu Dhabi Investment Authority), sind die Eigentümer der VTG, der größten Güterwagenvermietgesellschaft mit weit über 100.000 modernen Kessel-, Schiebewand- und Containertragwagen, die das Rückgrat des Schienengütertransportes in Deutschland und über die Grenzen hinaus darstellen. Diese Wagen sind fester Bestandteil der Bahninfrastruktur für einen effizienten Gütertransport auf der Schiene und dürfen nicht Spielball von Profitinteressen von Staats-, Hedge- und Geierfonds sein, die der nationalen Kontrolle komplett entzogen sind und, sofern es ihnen passt und ermöglicht wird, die betroffenen Unternehmen bis auf das Gerippe aussaugen.
Aber es geht nun weiter: Unser genialer FDP-Verkehrsminister plant nun, nachdem sein Parteikollege ihm die Haushaltsmittel für die Sanierung des Bahnnetzes drastisch zusammengestrichen hat, über einen sogenannten Infrastrukturfonds die fehlenden Investitionsmittel für den Minimalerhalt der Bahninfrastruktur zu mobilisieren (Interview mit Verkehrsminister Wissing im Hamburger Abendblatt vom 2.4.24). Aber wer sind die Investoren, die ihr Geld in einem solchen Infrastrukturfonds „arbeiten“ lassen wollen? Es sind genau dieselben Akteure wie die vorgenannten, die die britische Wasser- und Abwasserversorgung durch unterbliebene Investitionen systematisch ruinieren und gleichzeitig die Wassertarife für die Verbraucher noch um 40% erhöhen wollen. Und genauso wird es bei einem Infrastrukturfonds für Bahninvestitionen laufen. Die Investoren für diesen Fond wollen hohe Renditen sehen, und die erzielt man nur über hohe Trassenpreise, die dann auf die Ticketpreise abgewälzt werden. Und hier schließt sich der Kreis: Die Rechnung zahlen am Ende die Verbraucher über höhere Preise oder wie im englischen Beispiel mit ihrer Gesundheit.
Fazit: Ein Bahninfrastrukturfonds – so verlockend und harmlos das auf den ersten Blick klingen mag – ist ein höchst gefährliches Instrument, welches die Bahn weiter ruinieren und nicht sanieren wird. Daher gehört die Bahninfrastruktur in eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts und nicht in eine Aktiengesellschaft.