rail blog 293 / Werner Sauerborn

Fahrradmitnahme im IC – ein Reisebericht

Wie auf der Hinfahrt, hatte ich auch für die Rückfahrt Richtung Süden (6.6. ab Köln Hbf / IC 2046) eine Reservierung für mich und mein Fahrrad. Vorausschicken muss ich, dass ich seit über dreißig Jahren kein Auto mehr besitze, für meine Dienst- und Urlaubsreisen, auch mit Kindern die Kombi Bahn/Rad nutze, weitere Strecken meist per IC, selten im ICE. Ich besitze eine BC 50, vermutlich seit ihrer Erfindung, und ein 49 €-Ticket, bin also eigentlich der Traumkunde der DB.

Seit 30 Jahren sind meine Räder überwiegend Liegeräder, die, wenn das Vorderrohr eingeschoben ist, kaum länger sind als Normalräder. Trotz all der Widrigkeiten des Bahnverkehrs in den letzten Jahren, habe ich die Zugbegleitenden wie auch mitreisende Radlerinnen fast immer als kooperativ und oft hilfsbereit erlebt – bis auf gestern!

Der Zug war gut besetzt und hätte pünktlich um 14.53h ab Köln Hbf, Gleis 7, starten können. Die Stellplätze waren alle besetzt, teils mit kräftigen Elektrorädern, aus deren Reifen Luft rausgelassen werden musste, damit sie in die engen Stellagen reinpassten. Keine Ahnung, wie teils ältere Radlerinnen den nötigen Druck wieder in die Reifen bekommen haben, um später weiterfahren zu können.

Auch mein Rad hatte einen Platz gefunden. Mit dem hinteren Gepäckträger war es in der Halterung aufgehängt und mit einem immer mitgeführten Spanngurt wackelfrei angebunden. Allerdings stand es knapp 20 cm in den Raum hinein, was aber keinerlei Behinderung darstellte, weil der Durchgang immer noch breit genug war, jedenfalls viel breiter als zwischen den Sitzreihen.

Statt die Abfahrt des abfahrbereiten Zugs freizugeben, forderte mich ziemlich unvermittelt die Zugchefin auf: „Das Rad nehme ich (!) nicht mit. Steigen sie aus!“ Einen plausiblen Grund, außer dem mantramäßigen Hinweis auf „die Vorschriften“ konnte sie auch auf Nachfrage anderer Reisender nicht angeben. Die freundliche Bitte, wenn es denn die Vorschrift gäbe, doch kulant zu sein, wie hunderte Zugbegleitende vor ihr, zumal keinerlei Beeinträchtigung anderer Fahrgäste erkennbar sei, was oft genug nicht gewährleistet werden kann. Auch der Hinweis, was die Bahn ihren Kunden seit Jahren zumutet, fand kein Gehör. Derweil vergingen die Minuten. Die Bahnsteige ohnehin vollen Bahnsteige füllten sich weiter wegen diverser Störungen v.a. im Regionalverkehr. Der Zug stand weiter.

Auf meine Frage an Mitreisende im Radabteil, ob ich aussteigen solle, damit sie weiterfahren könnten, kamen Antworten wie: nein, ich sei im Recht. Oder: ihre Anschlüsse würden sie nach all den Durchsagen sowieso verpassen. Also blieb ich. Während Hunderte Reisende weiter warteten, rief die Zugchefin die Bundespolizei, die nach 10 Minuten zu dritt ausgestattet für einen Einsatz wegen Schwerkriminalität, anrückte. Inzwischen machte die Zugbegleiterin eine Durchsage an ihre Fahrgäste, indem sie einen Radfahrer, der sich nicht an die Regeln halte und einen Polizeisatz provoziert habe, für die Verzögerung verantwortlich machte. Ich habe mir erlaubt, inzwischen auch aufgebracht, ihre Ansage aus einem Meter Entfernung mit einem Zwischenruf zu kommentieren.

Die eingetroffene Polizei bat ich um einen Vermittlungsversuch, den sie auch unternahmen. Sie könnten meine Verärgerung verstehen, aber die Zugchefin habe Hausrecht, auf dem sie bestehe. Ich müsse aussteigen. Dem folgte ich umgehend. Zuvor hatte mir einer der Radler*innen seine Telefonnummer gegeben, falls eine Zeugenaussage benötigt würde. Ein Paar war wohl das erste Mal auf diese Weise unterwegs und meinte, das wäre aber auch das letzte Mal mit Rad und Zug. Schade. Nach über 15 Minuten fuhr der Zug an.

Meine Reiseplanung: gescheitert. Einen Regionalzug oder eine S-Bahn, die mich zu meinem Tagesziel gebracht hätte, gab es in dem allgemeinen Bahnchaos an diesem Nachmittag nicht. Auch rechtsrheinisch: no way! Meine Zimmerreservierung im Odenwald konnte ich erst nach Ablauf der Stornierungsfrist kündigen. Ich radelte bis Königswinter, wo ich noch eine Unterkunft fand. Am Tag darauf bin ich von Remagen aus in einem IC mit meinem Rad (Stellplatz reserviert) ohne jede Beanstandung und mit einem freundlichen Zugbegleiter nach Stuttgart zurückgefahren.

Mir liegt nicht an Sanktionierungen dieses schikanösen Verhaltens der Zugchefin, aber ich hätte zwei Bitten an die DB: Räumen Sie ihren Zugbegleitenden Kulanzspielräume ein solange keine Sicherheitsinteressen tangiert sind. Das ist die Bahn angesichts ihrer miserablen Performance seit Jahren ihren Kunden schuldig. Und zweitens: Berücksichtigen sie bei der Ausstattung ihrer Züge, dass sich der Radsektor erheblich ausgeweitet und diversifiziert hat. Immer mehr Radler*innen werden praktisch vom Bahnverkehr ausgeschlossen, weil ihre Anlagen immer noch vom „Normalrad“ ausgehen und höhere Gewichte und andere Abmessungen nicht berücksichtigen.

Über Werner Sauerborn

Dr. rer. soc. *1949, Geschäftsführer des Aktionsbündnis gegen Stuttgart21, dort Vertreter der „Gewerkschafter*innen gegen Stuttgart 21“. Zuvor wiss. Mitarbeiter FU Berlin, Otto-Suhr-Institut, Forschung zur Privatisierung Öffentlicher Dienstleistungen, Gewerkschaftssekretär bei ötv bzw. ver.di im Bereich Politik und Planung

Zeige alle Beiträge von Werner Sauerborn →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert