Zu Plänen der Bahn, sich aus der Digitalisierung der Schiene zurückzuziehen
Wer ETCS retten will, muss als erstes das Junktim mit Stuttgart 21 kappen
„Statt jetzt bundesweit die Digitalisierung der Schiene zurückzufahren und ausgerechnet bei Stuttgart 21 fortzusetzen, ist das genaue Gegenteil erforderlich. Der ETCS-Ausbau muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden!“, so Bündnissprecher Dieter Reicherter.
Die überstürzten und rigorosen Kürzungspläne bei der Digitalisierung, die die Bahn in einem Arbeitskreis mit den Landesverkehrsministern vorstellte, sind die falsche Konsequenz aus der selbstverschuldeten desaströsen Finanzlage der Bahn. Statt in den Erhalt und die Modernisierung des Schienennetzes zu investieren, wurden nahezu ausschließlich teure Rennstrecken finanziert, deren Sanierung jetzt Unsummen verschlingt. Beispielhaft sei daran erinnert, dass die Deutsche Bahn in Jahrzehnten nicht geschafft hat, die Gäubahnstrecke Stuttgart – Singen wieder in den Zustand wie vor dem Zweiten Weltkrieg, nämlich durchgehend zweigleisig, zu bringen. Am Bedarf vorbei wurden zahllose Milliarden in bahnverkehrlich kontraproduktive Projekte wie Stuttgart 21 gesteckt. Die Finanzierung der immensen Mehrkosten fällt der Deutschen Bahn AG jetzt auf die Füße.
Aber nicht genug damit: Mit der Erfindung des „Digitalen Knotens Stuttgart“ wurde dem verkorksten Projekt auch noch ein Experiment mit ungewissem Ausgang übergestülpt. Denn für dieses europaweit (wenn nicht weltweit) einzigartige Modell gibt es nach Darstellung der Bahn keine Blaupause. Zur Verwirklichung des Wunschtraums, der Stuttgart allenfalls in eine Insel der Seligen verwandeln kann (denn für die Digitalisierung des restlichen Deutschlands bleibt kein Geld übrig), sollen weitere Milliarden in das S21-Loch fließen. So wird die Zukunft von ETCS fast schicksalhaft mit der Zukunft eines völlig aus dem Ruder gelaufen Projekts verknüpft, das nach der Novellierung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (keine Entwidmung von Schienen für Wohnungsbau) ohnehin auf der Kippe steht.
Landesverkehrsminister Winfried Hermann warnt vor einer Rückständigkeit der Bahn bundesweit und will doch vor allem die Milliarden für Stuttgart 21 retten. Vor allem braucht er das märchenhafte Argument, mit ECTS sei im zu klein geratenen Tiefbahnhöfle eine Leistungssteigerung von 20 % erreichbar. Damit, so Hermann, könne das offenkundige Kapazitätsproblem von Stuttgart 21 gelöst werden. Solche durch nichts belegte Mondzahlen diskreditieren die Zukunftstechnologie ETCS.
Jetzt gilt es, das Junktim von ETCS mit Stuttgart 21 zu kappen. Dies folgt schon aus der von der Bahn verkündeten Devise, Sanierung und Modernisierung müssten austariert werden. Dazu ist eine realistische Bestandsaufnahme der Vor- und Nachteile von ETCS unter Einbeziehung der Schweizer Erfahrungen erforderlich.
Kontakt:
Dieter Reicherter, 07192 930 522 oder 0151 263 711 31
Werner Sauerborn, 0171 320 980 1