rail blog 9 / Heiner Monheim

Die Flächenbahn – ein Scenario

Während Verkehrsminister Wissing mit seinen Beschleunigungswünschen für exzessiven Autobahnausbau und – Neubau mit 8- und 10 spurigen Wünschen seine Koalitionspartner verschreckt und ernsthaft Klimaschutz durch Autobahnbau propagiert, hat die Bahn trotz Deutschlandtakt und Deutschlandabo offenbar Hemmungen, ein Verkehrswendenetz zu propagieren, das dem Anspruch einer Klimabahn genügen würde. Deswegen braucht es ein mutiges Scenario zur Bahn der Zukunft.

Die Flächenbahn reaktiviert 400 stillgelegte Strecken, die überwiegend die Schienenerreichbarkeit des ländlichen Raumes verbessern. Zudem wird das Gesamtnetz durch zahlreiche Neubauprojekte langfristig wieder auf eine angemessene Netzdichte von ca. 80.000 km gebracht (das alte Bahnnetz hatte 74.000 km, das Verkehrswendedeutschland braucht deutlich mehr). Teilweise werden für den Streckenneubau überdimensionierte Fernstraßen genutzt, die ohnehin dem Bund gehören. Der Neubau arbeitet ohne die überzogenen Standards der bisherigen Neubaustrecken der Hochgeschwindigkeitsbahn mit ihren extrem teuren, betonfixierten Tunneln und Brücken. Die Bahn stellt das gesamte Netz auf die klimaschonende, lärmarme und effiziente Elektrotraktion um. Die Bahn beendet ihre Spekulationsprojekte an wenigen Großbahnhöfen und konzentriert sich stattdessen auf den Bau Tausender neuer, kleiner Bahnhöfe und Haltepunkte im Bestandsnetz und im Neubaunetz. Dadurch entstehen viele neue, kleinere ländliche S-Bahnsysteme. Die Kapazität der jetzigen und künftigen Schienenknoten wird durch die nötige Mehrgleisigkeit, Überwerfungsbauwerke und eine dichte Folge von Weichen angemessen ausgebaut. Mit dieser Strategie wird die Monopolisierung der Bahninvestitionen auf wenige Punkte und Korridore mit ohnehin guter Bahnerreichbarkeit beendet.

Erweiterung der Fuhrparke und Personalbasis

Die Bahn erweitert ihren Fuhrpark um einen ausreichenden Bestand neuer Triebzuggarnituren für den IR und ausreichende Triebzüge mittlerer und kleiner Fahrzeugformate für die ländlichen Regionalbahnen und S-Bahnen. Parallel dazu werden auch für die Güterbahn neue Fahrzeugformate mit Automatikkupplung und Wendezugoption hergestellt. Dieser Fahrzeugbestand wird von Bund und Ländern den Aufgabenträgern des Personen- und Güterverkehrs als Pool zu Verfügung gestellt.

Die Bahn sorgt mit einer Personaloffensive und angemessenen Bezahlung dafür, dass ausreichend operatives Personal rekrutiert werden kann. Mit diesem Fuhrpark, Netzkonzept und Personaleinsatz bietet die Bahn im Auftrag von Bund und Ländern ausreichende Kapazität für dichten Taktverkehr im ganzen Land.

Eine solche Klimabahn kann einen Großteil des Kfz-Personen- und Güterverkehrs auf die Schiene verlagern und erlaubt es, die Straßenbauetats des Bundes, der Länder, der Kreise und Gemeinden zu minimieren. Stattdessen werden die Infrastrukturetats für die Bahnen und Bussysteme im für den Systemausbau notwendigen Maße aufgestockt.

Über Prof. Dr. Heiner Monheim

(*1946), Geograf, Verkehrs- und Stadtplaner, seit den 1960er Jahren befasst mit den Themen Flächenbahn, Schienenreaktivierungen, Erhalt des IR, S-Bahnausbau und kleine S-Bahnsysteme, Stadt- Umland-Bahnen, neue Haltepunkte, Güter-Regionalbahnen, Bahnreform 2.0, Kritik der Großprojekte der Hochgeschwindigkeit und Bahnhofsspekulation. Details: www.heinermonheim.de

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