Wir brauchen eine Bahnreform 2.0

Dauerkrise der DB AG schnellstens beenden: Sofortprogramm zur Sanierung ist überfällig

Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik vom 18.10.24

Mahnende Stimmen weisen seit Jahren auf die strukturelle und wirtschaftliche Krise der DB und ihre Managementprobleme hin (siehe die zwei jüngsten Alternativen Geschäftsberichte zur DB AG von Bürgerbahn – Denkfabrik). Man hätte sie nur zur Kenntnis nehmen müssen. Jetzt hat die Krise der DB, weil immer mehr Reisende betroffen sind, die Schlagzeilen der Leitmedien erreicht. Der Druck auf die DB und die Politik wächst. Denn jeder weiß: die Krise der DB ist hausgemacht, aber die politische Verantwortung trägt die Bundesregierung.

Die krisenhaften Zustände bei der DB AG und ihren Tochtergesellschaften spitzen sich tagtäglich weiter zu, fast kann man den Eindruck gewinnen, die DB AG sei ein Unternehmen kurz vor dem Zusammenbruch. Mit panischen Brandbriefen und Standpauken für die Führungskräfte ist das Problem nicht zu lösen.

Aber nichts wäre fataler für die Verkehrswende, das Klima und die deutsche Verkehrsinfrastruktur, als wenn der jetzige Zustand länger anhält, die Fahrgäste und Güterverkehrskunden sich in Scharen abwenden und das Unternehmen DB einen irreparablen Schaden nimmt.

Daher ist aus Sicht von Bürgerbahn – Denkfabrik umgehend ein Sofortprogramm zur Sanierung der DB AG und ihrer Tochtergesellschaften aufzulegen, das folgende Punkte umfassen muss.

  1. Sofortige Einstellung der Unmengen an Investitionsmitteln, Ingenieur- und Planungskapazitäten verschlingenden Großprojekte wie Stuttgart 21, 2. S-Bahn-Stammstrecke München, Bahnhofsverlegung Hamburg Altona inklusive Verbindungsbahnentlastungtunnel, Fernbahntunnel Frankfurt.
  2. Einstellung sämtlicher Planungen für Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecken wie Hannover –Bielefeld, Hannover – Hamburg, Würzburg – Nürnberg, Ulm – Augsburg und Rosenheim –Kufstein. Die frei werdenden Ressourcen sind auf kleinere Baumaßnahmen und Projekte der Reaktivierung von Bahnstrecken zu konzentrieren.
  3. Durchforstung sämtlicher Ausbauprojekte auf Einsparmöglichkeiten, zum Beispiel Feste Fehmarnbelt-Hinterlandanbindung, S4-Ost in Hamburg, Brennerzulauf, Oberrheintalstrecke sowie überteuerte Bahnhofs-Shoppingmall-Projekte.
  4. Beendigung der den Bahnverkehr unnötig behindernden Generalsanierung. Die Sanierung der Strecken muss, wie es bei anderen Bahngesellschaften üblich ist, unter dem rollenden Rad erfolgen. Es muss das gesamte Bestandsnetz saniert werden und nicht nur 4.400 km des sogenannten Kernnetzes.
  5. Umgehender Planungs- und Baubeginn für Projekte der Streckenreaktivierung entsprechend der jüngst aktualisierten Liste des VDV (Verband deutscher Verkehrsunternehmen). Hierbei ist darauf zu achten, dass für die Reaktivierung von Nebenstrecken die Baustandards abgesenkt und wenn irgend möglich eine kostengünstigere Betriebsformen nach BOStrab (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung) gewählt werden. Dazu zählt auch die Entschlackung der übermäßig bürokratischen und zum Teil widersprüchlichen bahninternen Regelwerke, besonders für den Baubetrieb.
  6. Die überzogenen und kundenfeindlichen Digitalisierungsprojekte (Beispiel: Bahncard nur noch auf dem Smartphone und nicht mehr als Chipkarte) sind einzustellen. Die freiwerdenden Ressourcen sind für eine Verbesserung des Kundenservice einzusetzen.
  7. Die zum Jahresbeginn 2024 neu gegründete InfraGO AG hat sich als alter Wein in neuen Schläuchen entpuppt. Sie ist daher sofort der direkten Kontrolle durch die Politik zu unterstellen, aus dem Konzernverbund der DB AG herauszulösen (Auflösung aller Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge) und in die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH oder einer Anstalt öffentlichen Rechts zu überführen.
  8. Allein mehr Geld wird die Probleme der DB AG nicht lösen. Das seit Jahren für die Misere der DB AG verantwortliche Management der Konzernobergesellschaft und der wichtigsten Tochtergesellschaften muss umgehend abgelöst und durch qualifizierte Eisenbahner ersetzt werden. Gleiches gilt für die Anteilseignerseite in den DB-Aufsichtsräten und die fachfremden Manager in den oberen Führungsebenen
  9. Die über 400 Tochterfirmen der DB AG sind zusammenzulegen und nach Sparten Leitunternehmen zuzuführen, damit der Verwaltungswasserkopf der DB AG reduziert werden kann.
  10. Einstellung sämtlicher Bonuszahlungen an DB »Führungskräfte«, solange bis politisch definierte Kennzahlen, wie Pünktlichkeit, Verfügbarkeit und Servicequalität den Standard der Schweizer Bundesbahnen (SBB) erreicht haben.

Dazu Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:

»Die akute krisenhafte Zuspitzung der Lage des DB-Konzerns verlangt eine grundlegende Neuausrichtung der DB unter einem neuen qualifizierten Management mit eisenbahntechnischem Hintergrund. Die Finanzierung der Erneuerung und Ergänzung der Bahninfrastruktur ist ureigenste öffentliche Aufgabe und muss kontinuierlich und planbar aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Bei Umsetzung der Sparmaßnahmen aus dem vorgeschlagenen Sofortprogramm sollte ausreichend Geld für eine umfassende Sanierung der Bahninfrastruktur, die Beseitigung von notorischen Engpassstellen und Streckenreaktivierungen vorhanden sein. In die Konkretisierung des Sofortprogramms sind Bahnbeschäftigte genauso einzubinden wie Vertreter von Fahrgastverbänden und Bahnnutzern. Eine schnelle Korrektur der früheren Fehlentscheidungen von Bahn und Politik, die zu den geldverzehrenden kontraproduktiven und klimaschädlichen Großprojekten geführt hat, ist überfällig.«

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