rail blog 299 / Michael Jung

Der nächste Flop der DB?

Im besten Werbedeutsch präsentiert die DB jetzt die überarbeiteten ICE3-Züge in der Mehrsystem-Ausführung (siehe nachstehende PM der DB), die nach 20 Dienstjahren durch zunehmende Ausfälle wegen technischer Probleme von sich reden machten. Da die Züge nach Brüssel und Amsterdam immer gut gebucht waren, waren die Ausfälle besonders peinlich, führten sie doch auch dem internationalen Publikum sowie den ausländischen Bahnverwaltungen den maroden Zustand des Unternehmens Deutsche Bahn regelmäßig vor Augen.  Und natürlich sorgten die Ausfälle auf den Strecken ab Köln nach Brüssel oder Duisburg nach Amsterdam für besonders große Folgestörungen in den Knotenbahnhöfen.

Noch schlimmer, was aber leider häufiger vorkam: Wenn diese Züge dann auf den Strecken im Ausland schlapp machten, auf offener Strecke abgeschleppt werden mussten oder ihren Zielbahnhof nicht erreichten, mussten die internationalen Reisenden – der lokalen Sprache unkundig – versuchen, mit Lokalzügen ihr Ziel zu erreichen. Nach Erfahrungen des Autors fuhr jeder dritte dieser Züge in den letzten beiden Jahren nicht fahrplangemäß. Auf der Strecken von Frankfurt nach Paris musste die DB in den letzten Jahren angesichts immer weniger einsatzbereiter Garnituren die Mehrsystem-ICE 3 nutzen. Diese erfreuten sich angesichts des höheren Sitzkomforts im Vergleich zu den Thalys-(jetzt in Eurostar umgetauften) Zügen und der nicht verpflichtenden Platzreservierungen größter Beliebtheit bei den Reisenden.

Aber was macht die DB neuerdings? Man führt auch für diese Züge eine Reservierungspflicht ein, um die Reisenden abzuschrecken.

Und nun der Clou, wie man ihn sich nicht besser hätte vorstellen können:
Keine zwei Tage nach dieser vollmundigen Pressemitteilung der DB kam die Meldung (siehe FAZ 21.6.2024 auf der Titelseite), dass „sich die Auslieferung weiterer ICE3 neo-Züge verzögern werde, da man Unregelmäßigkeiten an den Schweißnährten entdeckt habe“. In Klartext: Es fehlen Schweißnähte an bestimmten tragenden Teilen, die vermutlich von irgendwelchen billigen Sublieferanten bezogen wurden. Und die 29 schon ausgelieferten Einheiten dieser Baureihe müssen jetzt alle sukzessive in die Werkstätten der DB oder des Lieferanten (Siemens) für entsprechende Kontrollen und stehen für den Einsatz nicht zur Verfügung!

Da fragt man sich nur, was hat die Bauaufsicht der DB beim Lieferanten gemacht? Oder war die wegen „Personalengpässen“ zeitweilige nicht besetzt? Angemerkt sei: Eine Bauaufsicht kann nicht digital erfolgen, da muss schon jemand vor Ort sein, aber irgendwie schienen der DB zwischenzeitlich die Fachleute ausgegangen zu sein.

PS: Zudem ist die Pressemitteilung der DB auch noch technisch fehlerhaft. Die 90 bestellten Züge (Auslieferung bis 2030) der BR 408 sind nicht alle mehrsystemfähig, da sie vorwiegend im Inland einsetzt werden. Da macht es keinen Sinn, die teure Mehrsystemausstattung für 25kV und 3 kV DC (Belgien, Frankreich) bzw. 1.200 kV DC (Niederlande) dort überall mit rumzuschleppen.

ICE 3neo: Deutsche Bahn modernisiert Fernverkehr nach Belgien und Niederlande

Jun 17, 2024 | Personenverkehr

Seit dem 15. Juni 2024 setzt die Deutsche Bahn (DB) den modernen ICE 3neo auf den grenzüberschreitenden Verbindungen von Frankfurt am Main über Köln nach Amsterdam und Brüssel ein. Damit wurden die älteren und störanfälligen Vorgängermodelle früher als ursprünglich geplant ersetzt, was die Zuverlässigkeit und den Komfort auf diesen Strecken erheblich steigert. Die frühzeitige Einführung des ICE 3neo wurde durch die Zusammenarbeit mit Siemens Mobility, den Zulassungsbehörden und den europäischen Kooperationsbahnen ermöglicht.

Pünktlich zur UEFA EURO 2024™

Dr. Michael Peterson, DB-Vorstand Personenfernverkehr, betonte die Bedeutung des neuen ICE 3neo gerade rechtzeitig zum Start der UEFA EURO 2024™:

„Der ICE 3neo kommt früher nach Amsterdam und Brüssel zum Einsatz und damit genau rechtzeitig zum Start der EM. Davon profitieren direkt die vielen Fans und internationalen Reisenden.“

Als offizielle Nationale Partnerin der UEFA EURO 2024™ bietet die DB spezielle Angebote und zusätzliche Züge rund um die EM-Spiele an, um eine klimafreundliche Mobilität für Fans und Teams aus ganz Europa zu gewährleisten. An den Spieltagen werden rund 10.000 zusätzliche Sitzplätze in ICE- und Intercity-Zügen zur Verfügung stehen, darunter 14 tägliche EM-Sonderzüge.

Investitionen in die Zukunft

Die DB setzt mit 410 Zügen die größte und modernste ICE-Flotte ihrer Geschichte ein und investiert bis 2030 rund 12 Milliarden Euro in die Modernisierung ihrer Fernverkehrsflotte. Ziel dieser Investitionen ist es, das Durchschnittsalter der Fernverkehrszüge von derzeit 18 auf 12 Jahre zu senken. In diesem Jahr erhält die DB alle drei Wochen einen neuen ICE.

Peterson ergänzt:

„Mit dieser Frischzellenkur für unsere Flotte sorgen wir für mehr Zuverlässigkeit und Komfort für unsere Fahrgäste. Gleichzeitig ist der Ausbau der Flotte ein zentraler Hebel, um die Ziele der Starken Schiene zu erreichen und die Verkehrsleistung im Schienenpersonenfernverkehr zu verdoppeln. Denn wer Bahn fährt, schützt das Klima.“

Innovationen und Komfort im ICE 3neo

Seit seinem innerdeutschen Einsatz im Dezember 2022 hat sich der ICE 3neo durch hohe Zuverlässigkeit und positive Kundenbewertungen ausgezeichnet. Fahrgäste schätzen besonders die Innovationen wie mobilfunkdurchlässige Scheiben und neue LED-Reservierungsanzeigen. Der ICE 3neo ist mit einem neuen Innendesign ausgestattet, das sich durch neu entwickelte Sitze, moderne Materialien und eine harmonische Formgebung auszeichnet. Die Sitze bieten bessere Verstellmöglichkeiten und mehr Komfort, während warme Grautöne in der 1. Klasse, Blautöne in der 2. Klasse und Burgundy-Rot im Bordrestaurant für eine angenehme Atmosphäre sorgen.

Darüber hinaus bieten Elemente wie integrierte Tablethalter und Kleiderhaken in jeder Rückenlehne zusätzliche Funktionalität. Insgesamt hat die DB 90 ICE 3neo bei Siemens bestellt, die alle für den Einsatz in Belgien und den Niederlanden technisch geeignet sind.

Über Michael Jung

Jahrgang 1950, Dipl.-Volksw., arbeitete zuerst in einem Großkonzern der Mineralölwirtschaft und dann 28 Jahre bei einer deutschen Großbank, davon 10 Jahre lang im Bereich Finanzierung von Eisenbahn- und Nahverkehrsprojekten weltweit. Seit 8 Jahren ist er Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona e.V., die sich für den Erhalt und Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona am jetzigen Standort einsetzt.

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