Schaden in der Oberleitung:
Wie sich die Deutsche Bahn AG an Peter Lenk rächte
Der Bildhauer Peter Lenk hat sich mit zahlreichen Kunstwerken großes Ansehen verschafft. Man denke nur an seine zum Wahrzeichen von Konstanz gewordene „Imperia“. Bei der Deutschen Bahn und den Verantwortlichen für Stuttgart 21 hat er sich jedoch mit seiner Skulptur „Der schwäbische Laokoon“ als „ Chronik einer grotesken Entgleisung“ eher unbeliebt gemacht. Erst recht aber mit seinen deutlichen Worten zum Murksprojekt im Film „Das trojanische Pferd“ des bekannten Regisseurs Klaus Gietinger.
Genügend Gründe für mich, die Ausstellung über Peter Lenks Werke in Überlingen zu besuchen. Eigentlich hatte ich Donnerstag, 19. Oktober 2023, für den Tagesausflug aus dem Schwäbischen Wald mit der Bahn vorgesehen. Die Arbeit an einem dringenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof zum Brandschutz- und Rettungskonzept der Bahn bei Stuttgart 21 verhinderte das. Darin bezweifelte ich die Behauptung der Bahn, falls in einem S21-Tunnel ein brennender Zug liegen bliebe, könnten die Reisenden in 15 Minuten evakuiert werden. Meine Zweifel sollten sich bald als berechtigt erweisen.
Die Reise nach Überlingen verschob ich auf Sonntag, 22.10.2023, den allerletzten Tag der Ausstellung. Mit dem Auto bis Backnang und weiter mit dem Regionalzug zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Von dort sollte es mit dem Regionalzug nach Friedrichshafen weitergehen. Anzeigen im Hauptbahnhof und Auskunft im DB- Navigator: alles bestens. Nur leider kein Zug an Gleis 15 und keine Anzeige oder Durchsage. Ein Bahnmitarbeiter erklärte mir, wegen eines Schadens in der Oberleitung könnten vom Hauptbahnhof keine Züge mehr in Richtung Ulm abfahren. Dabei zeigte er in Richtung auf die S21-Baugrube und meinte, das komme davon, wenn man dort alles Geld vergrabe. Damit hatte er Recht, mit seiner Empfehlung, mit der S- Bahn nach Esslingen zu fahren, leider nicht, obwohl das kurz darauf auch als Lautsprecherdurchsage kam.
Ich hätte gewarnt sein müssen. Denn der vielfach ausgezeichnete Journalist Arno Luik hat sich mit einem Buch ein bleibendes Denkmal gesetzt.Treffend deckt er darin Lügen und katastrophale Mängel des Projekts Stuttgart 21 auf. Der Titel des Buches: „Schaden in der Oberleitung“. Heute weiß ich, was mir der Mitarbeiter damit sagen wollte: Vertraue nie der Bahn. Denn mittlerweile ist mir klar, dass Peter Lenk aus Rache um die Freude meines Besuches gebracht werden sollte. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Vogel, welcher laut Zeitungsberichten einen Kurzschluss auslöste. Inzwischen ist bekannt, dass es sich dabei um den Geier Lutz handelt. Er ist derselbe, der in den letzten Jahren mutwillig immer wieder solche Kurzschlüsse verursachte und die – wie Benutzer der Stuttgarter S-Bahn bestätigen können – topmoderne Infrastruktur der Bahn jeweils für Stunden bis Tage lahmlegte. Laut Stuttgarter Zeitung erklärte die Bahn dazu, das Reißen von Oberleitungen komme „ab und an“ vor. Einen Plan für diesen Fall hat sie trotzdem nicht.
Wer außer der Bahn hätte ahnen können, dass der Auftragsterrorist Lutz sein Werk zwischen Esslingen und Plochingen vollenden würde? Die im Esslinger Bahnhof gestrandeten Menschenmassen jedenfalls nicht.
Sonst wären sie in Stuttgart geblieben. Hätte ich gewusst, dass Rache an Peter Lenk der Grund war, hätte ich mich stellvertretend bei jedem Einzelnen entschuldigt. So aber konnte ich mich nur einmal mehr als Lotse betätigen, als klar wurde, dass der Bahnverkehr total eingestellt war und es Stunden dauern würde, um mit einem Zug wegzukommen. Als Wegweiser und Seelentröster habe ich mich schon bei der elfwöchigen Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen bewährt. Unter den vielen Verzweifelten eine Gruppe junger Frauen zum Flughafen (Bus nach Ruit, Weiterfahrt mit der Stadtbahn), eine Heilbronnerin (Bus nach Stuttgart-Hedelfingen und weiter mit der Stadtbahn), Hunderte auf der Suche nach dem Bussteig für den in der S1 angekündigten Schienenersatzverkehr, der leider nicht kam.
Etwas versteckt an der Bahnhofsrückseite fand sich sogar ein kleiner Raum zum Kontakt mit einem Videoassistenten. Der einzige Bahnmitarbeiter im Bahnhof der 90.000-Einwohnerstadt, wenn auch nur auf einem Bildschirm. Leider ertrug er den Anblick der auf ihn wartenden Schlange nicht und hängte sich alsbald auf. Verzeihung, nur die Internetverbindung hängte sich auf. Aber für die Auskunftssuchenden machte das keinen Unterschied. Denn die Anzeigen am Bahnhof kündigten immer wieder Züge an, die auf mysteriöse Weise wieder verschwanden, und der DB-Navigator war wie immer keine Hilfe.
In der Stuttgarter Zeitung war später als Stellungnahme der Bahn zu lesen: „Während der Zeit der Reparatur hätten Bahn-Mitarbeiter die Passagiere über die Beeinträchtigungen und den Grund dafür informiert.“ Wo das war, wurde leider nicht berichtet. Jedenfalls nicht in Esslingen.
Dann für mich die Rettung. Unseren Freunden von Kernen 21 sei Dank: Sie hatten vor Jahren eine Expressbus-Linie von Waiblingen nach Esslingen vorgeschlagen und durchgesetzt. Mit dem Expressbus kam ich tatsächlich nach Waiblingen und konnte mit der S-Bahn zurück nach Backnang fahren. Nach gut viereinhalb Stunden war mein denkwürdiger Ausflug zum Bahnhof Esslingen beendet.
In einem Anfall von Wahnsinn habe ich unmittelbar nach der Heimkehr eine Reise mit der Bahn nach Paderborn gebucht. Den Kommentar meiner Tochter – Dir ist nicht mehr zu helfen! – habe ich nicht verstanden.
Hinweis für Geier Lutz: Zur Verhandlung über unsere Brandschutzklage am 21.11.2023 um 14 Uhr beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim werde ich mit dem Auto fahren. Als Kläger will ich dabei sein.