„Die Bahn-Generalsanierung ist vor allem eines: Ein Betrug an der Bevölkerung“
FOCUS online: Herr Luik, die Deutsche Bahn hat gerade mit der groß angelegten Modernisierung des Schienennetzes begonnen. Insgesamt 41 besonders stark befahrene Korridore sollen bis 2031 flottgemacht werden. Welche drei Worte fallen Ihnen dazu ein?
Luik: Größter anzunehmender Unfug.
Begeisterung klingt anders.https://widget.civey.com/773?referrer=https%3A%2F%2Fwww.focus.de%2Fpolitik%2Fdeutschland%2Finterview-mit-deutschlands-bekanntestem-bahnkritiker-die-bahn-verdient-an-ihrem-zerfall_id_260167011.html
Luik: Was dem Bundesbürger als Generalsanierung verkauft wird, ist eine Unverschämtheit. Was da in den kommenden Jahren passiert, was da Hunderttausenden von Reisenden und Pendlern tagtäglich angetan und zugemutet wird – das ist weltweit ziemlich einmalig.
Aber die Bahn versteht es sehr gut, ihr Versagen zu verschönern, ihre eigenen Unzulänglichkeiten wegzusanieren. Das Wort Generalsanierung suggeriert: Mit dieser Aktion wird alles gut, lieber Bürger, wir kriegen wieder eine Bahn, auf die wir stolz sein können.
Aber das wird es nicht?
Luik: Garantiert nicht. Die Bahn sperrt einige ihrer wichtigsten Strecken wochen-, oft sogar monatelang. Zum Beispiel eine der meistbefahrenen Strecken in Europa, die sogenannte Riedbahn von Frankfurt nach Mannheim. Nächstes Jahr wird Berlin-Hamburg komplett gesperrt.
Verkehrsminister Wissing sagte neulich bei einem Festakt vor 300 geladenen Gästen: „Der Vorteil dieser Vollsperrung“ sei, dass innerhalb weniger Monate das geleistet würde, für das man sonst sechs bis acht Jahre gebraucht hätte. Wie bitte? Seit es Züge gibt, also seit rund 200 Jahren, wird unterm „rollenden Rad“ bei vollem Betrieb repariert – meist unbemerkt von den Reisenden.
Warum geht die Deutsche Bahn anders vor?
Luik: Aus Hilflosigkeit. Vielleicht sagen sich die Verantwortlichen auch: Der Ruf der Bahn ist ohnehin ruiniert, da können wir machen, was wir wollen. Ohne Spott: Unter „rollendem Rad“ zu reparieren ist aufwändiger, die Fahrplangestaltung schwierig. Dafür fehlt der Bahn das Knowhow. Ich kenne einen ehemaligen Fahrplangestalter, der seit fast zehn Jahren in Rente ist, und der wurde nun gebeten, den Ersatzverkehr mitzuorganisieren.
Die „Welt“ titelte zuletzt: „Bevor es besser wird, muss es erst viel schlechter werden“. Wie konnte es überhaupt so schlecht werden?
Luik: Oft heißt es: Die Bahn wurde kaputtgespart, wir haben zu wenig Geld bekommen und jetzt, Notwehr, müssen wir so handeln, wie wir handeln. Das ist nicht wahr. Das Schienennetz ist zwar kaputt, und es wurde gespart, aber warum? Viel Geld verschwand in Auslandsgeschäfte, die sich nie amortisieren.
Als Mehdorn an die Macht kam, 1999, machte die Bahn noch mehr als 90 Prozent ihrer Geschäfte in Deutschland mit dem Fahren von Zügen. Heute sind es viel weniger. Dafür ist das Unternehmen im Ausland sehr aktiv. Die Deutsche Bahn ist in über 130 Ländern im Einsatz, baut etwa an einer Route durch ökosensiblen Regenwald in Mexiko mit, beteiligt sich an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Ägypten.
„Die Bahn verdient an ihrem Zerfall“
Für die Instandhaltung von Strecken musste die Bahn bis vor kurzem selbst aufkommen, beim Neubau sprang der Bund ein. In einigen Medienberichten heißt es, das wäre ein Fehlanreiz.
Luik: Es ist verrückt. Die Bahn ist zuständig für den Erhalt ihrer Strecken. Wenn etwas komplett kaputt ist, zahlt der Bund, also der Steuerzahler. Die Bahn übernimmt für diese Arbeiten die Planungsaufsicht und bekommt dafür 18 bis 20 Prozent der Bausumme.
Das Unternehmen hat also zwei Interessen: Dass die eigene Infrastruktur kaputtgeht und dass der Neubau viel kostet – das spült Geld in die klammen Kassen. Auch der Rechnungshof hat das schon oft kritisiert. Die Bahn verdient an ihrem Zerfall.
Ein für die Generalsanierung wichtiges Gesetz ist seit einigen Wochen unter Dach und Fach. Der Bund kann sich jetzt direkt an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Schienennetzes beteiligen.
Luik: Tja. Es ist wohl Notwehr. Gut 20 Jahre lang hat der Bund dem Treiben und Agieren der Bahn-Chefs zugeschaut. Jetzt ist die Bahn so marode, dass sie kaum mehr zu reparieren ist. Der Kipppunkt zur Heilung ist überschritten. Dass der Bund nun so eingreift, ist auch eine Klatsche für die Damen und Herren im Berliner Bahnturm.
Hört sich an, als käme diese „Klatsche“ in Ihren Augen zu spät.
Luik: Viel zu spät. Wir werden nie mehr so eine ordentliche Bahn bekommen, wie sie viele Jahrzehnte selbstverständlich war.
Was ist mit dem Bahn-Vorstand?
Luik: In aller Kürze: Seit Jahrzehnten sind an der Spitze dieses so wichtigen Unternehmens Menschen, die keine Eisenbahner sind. Meist kamen sie aus der Autoindustrie. Richard Lutz, der derzeitige Bahn-Chef, ist zwar seit Jahrzehnten im Konzern – aber erst als Kontrolleur, dann als Finanzvorstand. Also auch kein echter Bahner.
Und er hat all die Sparprogramme, die Auslandsinvestitionen, all das, was zum jetzigen Lotterzustand der Bahn geführt hat, mitgetragen. Zur Erinnerung: 1994 betrug das Schienennetz noch über 40.000 Kilometer. Heute sind es noch 33.000 Kilometer.
Sie klingen wütend.
Luik: Nein. Ich bin fassungslos, wie ergeben die Bürger diesen Zerfall akzeptieren. Früher hat man gemotzt, wenn ein Zug drei Minuten Verspätung hatte. Heute ist man gottfroh, wenn man irgendwann irgendwie das Ziel erreicht. Die Bahn bekommt jetzt viele, viele Milliarden Euro Extra-Geld. Aber was übersehen wird: Fast das ganze Geld fließt in die unökonomischen und unökologischen ICE-Rennstrecken. ICEs benutzen im Jahr knapp 110 Millionen Reisende.
„Mehr Hohn geht nicht“
Und den Eisenbahn-Nahverkehr?
Luik: Mehr als zwei Milliarden. Die Menschen auf dem Land merken, wie sie abgehängt werden, wie alles zerfällt. Das schafft Staatsverdrossenheit. Sie sehen, dass für eine kleine Klientel – primär die Geschäftsleute, die zwischen den Metropolen hin- und herzischen wollen – Milliarden ausgegeben werden.
Und ihnen bleiben schäbige Wartehäuschen, in denen sie auf Züge warten, die nur selten fahren. Das schafft Verdruss, Verzweiflung, Wut. Und von da ist es bloß ein kleiner Schritt zur AfD. Die Bahn ist Symbol und Spiegelbild einer Gesellschaft, die Gefahr läuft, auseinanderzufallen.
Nicht nur die Riedbahn, auch die ICE-Strecke Frankfurt-Köln ist jetzt für mehrere Wochen gesperrt. Es folgen Routen wie Berlin-Halle und Hamburg-Berlin. Was bedeutet das für Bahnfahrer?
Luik: Stress, Ärger, Probleme. Das alles ist Doping für die Autoindustrie.
Sie können der Generalsanierung wohl wirklich nichts Gutes abgewinnen.
Luik: Benedict Weibel, der lange Jahre Chef der Schweizer Staatsbahnen war und wirklich weiß, wie man Züge perfekt fahren lässt, für den ist die deutsche Generalsanierung „ein Selbstmord mit Ansage“. Trotzdem feiern die Verantwortlichen sich. Mit Häppchen und Sekt. Wissing sagte auf der schon erwähnten Veranstaltung: „Das erfordert ein bisschen Geduld von den Fahrgästen.“
Mehr Hohn geht nicht. Hunderttausende werden über Monate Umwege und verstopfte Straßen in Kauf nehmen müssen. Im Fall der Sperrung Regensburg-Passau müssen Güterzüge einen 320 Kilometer langen Umweg fahren, in anderen Fällen führen die Umleitungen über einspurige Trassen, ICEs werden hinter Güterzügen herschleichen müssen, der Nahverkehr fällt aus, manche Umleitungen sind nicht mal elektrifiziert.
Bahn-Chef Lutz sagte, durch die Generalsanierung sollen infrastrukturbedingte Störungen um mehr als 80 Prozent zurückgehen.
Luik: Der Mann hat Chuzpe. Zig Milliarden Euro – und dann das. Wenn Sie ein Auto in die Reparatur bringen, sind sie dann glücklich, wenn der Automechaniker ihnen sagt: „Ach, so ganz haben wir Ihren Wagen nicht hinbekommen, also mit den Bremsen … aber hier ist die Rechnung!“?
Was genau wird in welcher Reihenfolge repariert? Gibt es besondere Prioritäten?
Luik: Vor einiger Zeit hieß es, sieben oder acht Korridore würden saniert, genau wusste es offenbar niemand. Jetzt sollen 41 Strecken bearbeitet werden. Ein Gewurstel. Die Strecke Frankfurt-Mannheim ist dabei wohl eine Art Pilotprojekt. Da kann man testen, wie Bürger und private Bahnunternehmen das Ganze hinnehmen.
Diese Strecke hat nämlich den Vorteil, dass man rechts und links, wenn auch mit vielen Hindernissen, ausweichen kann. Richtig heftig wird es bei der Sperrung von Hamburg-Berlin: Da gibt es Engpässe, eine lange, einspurige Strecke. Wie das mit all den Güterzügen funktionieren soll? Keine Ahnung.
„Das ist der ökonomische Wahnsinn“
Die Nahverkehrszüge auf der Riedbahn fallen wegen der Sanierung der Gleise, Oberleitungen, Weichen und Bahnhöfe auf dem betroffenen Streckenabschnitt aus und werden durch Busse ersetzt. So wird die Bahn wohl auch an anderer Stelle vorgehen. In Ihren Augen eine gangbare Lösung?
Luik: Das Zuckeln und Ruckeln durch Städte und Dörfer, das Rumstehen im Stau – da kommt Freude auf. Ich bekomme Mails von Pendlern, die voller Wut sind. Einer schreibt mir gerade, dass er statt vierzig Minuten nun über zwei Stunden zur Arbeit braucht. Ich sagte vorhin, diese Sanierung ist der GAU. Er ist mehr: Er ist ein Zwangsumerziehungsprogramm zum Autofahrer. Ein Klimakiller.
Ziemlich ernüchternd, was Sie erzählen.
Luik: Ich bin nur realistisch.
Sie haben auch Kontakt zu einigen Lokführern und Bahn-Mitarbeitern.
Luik: So ist es. Gestern hat mich ein Lokführer angerufen und gefragt: Werden bei der Riedbahn jetzt Schienen aus Gold gebaut? Am Anfang sollte die dortige Sanierung 500 Millionen Euro kosten, jetzt sind wir schon bei fast 1,5 Milliarden Euro. Ich habe den Eindruck, Milliardenbeträge sind heute bei Bahn und Politik bloß Peanuts.
Alles wird neu. Schienen, Bahnsteige, Signale, Bahnhöfe. Das ist der ökonomische Wahnsinn, man verbrennt Geld: Viele Bahnsteige sind noch intakt, auch Gleise, Weichen. Früher war es so, dass Gleise, die noch brauchbar waren, in Strecken eingebaut wurden, die wenig befahren waren. Das war nachhaltig.
Wenn wir über die Generalsanierung sprechen, geht es oft nur um die Kunden, denen das Ganze zu schaffen macht. Aber auch das Bahn-Personal gehört zu den Leidtragenden.
Luik: Ich staune über die Geduld vieler Bahn-Angestellter. Das Betriebsklima bei der Bahn ist schlecht. Ein Lokführer sagte mir, man habe, wenn man so über das deutsche Schienennetz fährt, das Gefühl, bei einer Firma in Abwicklung zu arbeiten. Das sei psychisch belastend, all die kaputten Bahnhöfe, die rausgerissenen Schienen, dieses „Elend“ tagtäglich sehen zu müssen.
Viele Mitarbeiter müssen die Wut, den Hohn und Hass frustrierter Kunden ertragen. Und: Sie sehen ihre Löhne, ihre Überstunden. Sie sehen die riesigen Gehälter ihrer Vorstände und fragen sich verärgert: Warum bekommen die Boni? Für was? Dass ich schon wieder eine Begründung für eine Verspätung erfinden muss?
Während der Fußball-Europameisterschaft gab es zahlreiche Bahnprobleme. Die Union fordert deswegen den Rücktritt von Bahn-Chef Richard Lutz. Zu Recht?
Luik: Dieses Unternehmen ist im Grunde pleite. Die Bahn ist hochverschuldet, gerade hat der Konzern für das erste Halbjahr einen Verlust von über einer Milliarde Euro vermeldet.
Die faktische Pünktlichkeitsquote der Fernzüge liegt aktuell bei rund 50 Prozent – schlimmer geht es nicht. So ein Chef kann nicht weitermachen. Ich weiß allerdings nicht, ob die Politik die Weitsicht hat, einen wirklich fähigen Nachfolger zu finden.
Im aktuellen Vorstand sehe ich niemanden. Vor einiger Zeit ging plötzlich das Gerücht um, Cargo-Chefin Sigrid Nikutta könne an die Spitze rücken. Nur: Die von ihr betreute Frachtsparte dümpelt kläglich dahin, ist selbst ein ziemlich hoffnungsloser Generalsanierungs-Fall.
„Die Generalsanierung ist ein Betrug an der Bevölkerung“
Was müsste sich denn sofort ändern, wenn das möglich wäre?
Luik: Es ist eine fast unlösbare Herkulesaufgabe. Die Bahn hat sehr viel Land verkauft. Es ist weg. Da stehen jetzt Häuser drauf, Parkplätze, Logistikzentren. Der Bahn fehlt es außerdem an Mitarbeitern, an Loks, Waggons, kompetentem Führungspersonal. Es ist einfach, etwas Perfektes zu zerschlagen, aber das Zerschlagene wieder aufzubauen, ist fast unmöglich, wenn das Wichtigste fehlt: Knowhow.
Und zum „Perfekten“, wie Sie es nennen, kommen wir mit der Generalsanierung nicht zurück?
Luik: Nein. Diese Generalsanierung ist, ich übertreibe nicht, letztlich ein Betrug an der Bevölkerung. Nur ein kleiner Teil des maroden Netzes wird mit fragwürdigem Milliardeneinsatz aller Bürger saniert. Vielleicht bekommen wir Verhältnisse wie in Amerika? Also halbwegs zuverlässige Zugverbindungen nur noch zwischen den Metropolen. Auf dem Land aber werden weiter Bahnhöfe stillgelegt, weiter ganze Regionen von der Bahn abgehängt.
Auch abseits der Generalsanierung hagelt es Kritik. Dass die BahnCard jetzt nur noch digital verfügbar ist, stößt vielen Kunden übel auf. Ihnen auch?
Luik: Die Bahn, grundgesetzlich verpflichtet, soll für alle Bürger, egal, wo sie wohnen, ein verlässliches und günstiges Verkehrsmittel sein. Von diesem Auftrag hat sie sich längst verabschiedet. In den vergangenen 25 Jahren sind über 100 Groß- und Mittelstädte vom Fernverkehr abgehängt worden. Und jetzt der Abschied von der analogen BahnCard: eine Frechheit. Eine Missachtung der Kunden. Gerade, aber nicht nur, älteren Menschen gegenüber.
Es gab sogar eine Petition gegen den Digitalzwang.
Luik: Das wundert mich nicht. Neulich wollte ich im Bahnhof in Heidenheim eine Fahrkarte kaufen. Trotz Öffnungszeiten war der Schalter geschlossen. Vor dem Automaten stauten sich die Menschen. Unruhe. Spott. Wut. Verzweiflung. Ich wollte bar bezahlen. Aber der Schlitz fürs Bargeld war zu. Ich musste also per Kreditkarte bezahlen. Die Bahn will offenbar, dass ich aufs Bargeld verzichte.
Das kann auch Zufall gewesen sein.
Luik: Hm, das glaube ich nicht. Die Bahn redet nonstop von der Digitalisierung. Ihr Heilsbringer für alles. Digitalisierung – wenn analog so Vieles im Eimer ist? Außerdem: Digitalisierung bedeutet auch Enthumanisierung. Sie als Kunde müssen das erledigen, was früher Bahn-Beamte für Sie am Schalter erledigt haben. Und nicht jeder Bürger hat Lust auf ein Handy, nicht jeder Bürger beherrscht das Bestellen vom Laptop aus. Die Bahn selbst versagt bei ihrer Digitalisierung. Stuttgart 21 verzögert sich auch deswegen, weil es ein digitaler Knoten werden soll.
„Die Bahn müsste sich an Österreich und der Schweiz orientieren“
Manches geht digital dennoch schneller.
Luik: Mag sein. Solange alles funktioniert, schön und gut. Was, nochmal, ist mit Senioren, die gar kein Smartphone, keinen Computer besitzen? Sich diese Geräte gar nicht leisten können? Sie werden ausgeschlossen aus der Gesellschaft. Kann diese Diskriminierung Sinn eines Staatsunternehmens sein?
Bahn-Kunden können Sparpreis-Tickets seit einiger Zeit nur noch online oder unter Angabe persönlicher Daten im Bahncenter. Auch das sorgt für Kritik.
Luik: Auch da: Was soll das? Was hat die Bahn mit meinen Daten vor? Will sie Bewegungsprofile von mir? Die Bahn soll mich zuverlässig von A nach B bringen. Fertig aus. Ohne Verspätung und ohne Umleitung über C und ohne all diese verwirrenden Schnäppchen-, Spar-, Supersondersparpreise und was es sonst noch alles gibt.
Wer sich so intensiv mit der Bahn auseinandersetzt wie Sie, muss doch irgendwelche Verbesserungsvorschläge haben.
Luik: Die Bahn müsste sich zum Beispiel an der Schweiz und Österreich orientieren. Ich war letztens in Österreich. Es war für mich eine wohltuende Überraschung. Ich erlebte auf österreichischen Schienen, was vor Jahrzehnten in Deutschland Standard war: pünktliche Züge.
Saubere Züge. Ruckelfreie Züge. Leise Züge. Züge, in denen man entspannt reist ohne Angst, den Anschlusszug zu verpassen. Züge, die tatsächlich fahren und nicht ausfallen. Bahnhöfe selbst in kleinen Städten, in denen noch echte Menschen Fahrkarten verkaufen. Wie es auch bei uns mal üblich war. Es war eine Zeitreise zurück in eine Zukunft, die ich mir für Deutschland trotz allem erhoffe.
Über den Interviewpartner
Arno Luik war Reporter für „Geo“ und den Berliner „Tagesspiegel“, Chefredakteur der „taz“, Vizechef der „Münchner Abendzeitung“ und langjähriger Autor der Zeitschrift „Stern“.
Sein Buch „Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Bahn“, das wochenlang auf den Bestsellerlisten stand, erschien unlängst in einer aktualisierten Form (Westend 2021, 303 Seiten, 12 Euro). Für seine Enthüllungen in Sachen Stuttgart 21 erhielt Luik den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche.
Gespräche von „Deutschlands führendem Interviewer“ (taz) sind in mehr als 25 Sprachen übersetzt worden; für sein Gespräch mit Inge und Walter Jens wurde Luik 2008 als „Kulturjournalist des Jahres“ ausgezeichnet. Seine besten Interviews hat er veröffentlicht, der Titel des Gesprächbands ist ein Zitat von Angela Merkel: „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna“ (Westend, 2022, 287 Seiten, 24 Euro)
Zuerst erschienen unter fokus-online