Verwirrspiel um Sanierungsstrategie der Deutschen Bahn

Außerordentliche Aufsichtsratssitzung am 2.10.24 kann entscheidende Weichenstellungen bringen

Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene vom 31.9.24

Angesichts der kritischen Finanzlage der DB mit Schulden von 33 Milliarden Euro, Verlusten von 2,3 Mrd. Euro in 2023 und mehr als 1 Mrd. Euro allein im ersten Halbjahr 2024, angesichts der Ungewissheiten über die Eigenkapitalaufstockung bei der DB durch den Bund, angesichts der erst Mitte 2025 zufließenden Erlöse aus dem Verkauf von DB Schenker an das dänische Logistikunternehmen DSV und der daraus resultierenden Unsicherheiten über die weitere Verschuldungsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt sowie angesichts der Forderungen des DB-Vorstandes, 30.000 Stellen abzubauen, steht auch der Fortgang der laufenden und geplanten Bauprojekte der DB im Fokus der Entscheidungen des Aufsichtsrates zum Sanierungskonzept der DB.

In einer Presseerklärung vom 26.9.24 bringen die Verbände VCD, Pro Bahn, Mofair, VDEI und Die Güterbahnen ihre Befürchtung zum Ausdruck, dass aufgrund von Andeutungen aus dem politischen Raum der DB-Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 2.10.24 beschließen könnte, dass „nur noch die im Bau befindlichen Projekte zu Ende gebracht und alle Neu- und Ausbauplanungen auf Eis gelegt werden sollten und man sich auf die Sanierung des Bestandsnetzes konzentriert werden soll.“

Bürgerbahn hingegen fordert im Rahmen des DB-Sanierungskonzeptes folgende Priorisierungen:

  1. Alle Ressourcen sind auf die Sanierung des gesamten Bestandsnetzes zu konzentrieren und nicht nur auf die 4.000 Kilometer des sogenannten Kernnetzes.
  2. Alle kontraproduktiven Großprojekte, auch solche, bei denen der Bau schon begonnen hat oder die sich in fortgeschrittenem Bauzustand befinden (Stuttgart 21, Bahnhofsverlagerung Hamburg-Altona, 2. S-Bahnstammstrecke München), sind umgehend einzustellen. Die Ausbuchung dieser Projekte als „sunk cost“ ist allemal günstiger als ihre Fertigstellung bis zur vermeintlich vollen Funktionsfähigkeit durch Ergänzungsprojekte (Pfaffensteigtunnel in Stuttgart, Verbindungsbahnentlastungstunnel in Hamburg).
  3. Sofortige Einstellung der Planungen für alle 300 km/h Neubaustrecken (Hannover-Bielefeld, Harburg-Hannover, Würzburg-Nürnberg, Ulm-Augsburg) und sonstiger Bahngroßprojekte (Fernbahntunnel Frankfurt). Umwidmung der freiwerdenden Planungsressourcen für die kleinteiligen Ausbaumaßnahmen.
  4. Beendigung der Projekte der Zwangsdigitalisierung (z.B. Bahncard nur noch in digitaler Version), die immer mehr Fahrgäste von der Nutzung der Bahn als ihr Verkehrsmittel ausschließen und zu einer Aufblähung des Verwaltungswasserkopfes der DB geführt haben. Bahnfahren muss auch ohne Preisgabe persönlicher Daten und ohne Smartphone möglich sein.
  5. Streckenausbauprojekte sind zu fokussieren auf:
    – Die Beseitigung eingleisiger Streckenabschnitte und Brücken auf ansonsten zweigleisigen Strecken (siehe 13er Liste von Bürgerbahn im Anhang).
    – Die vollständige Elektrifizierung des gesamten Netzes (punktuelle Elektrifizierung auf Nebenstrecken an Endpunkten für Akkutriebwagen)
    – Wiederherstellung von Ausweich- und Überholstrecken, die im Rahmen des Infrastrukturabbaus im Vorfeld des für 2008 geplanten Börsengangs der dB AG herausgerissen wurden.
    – Die Reaktivierung einstmals stillgelegter Bahnstrecken gemäß der Liste des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen.
    – Elektrifizierung und Ausbau der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen zu unseren Nachbarländern.

Bürgerbahn fordert die Offenlegung des S3-Strategiepapiers, besonders der Teile, welche die Sanierung und den Ausbau der Infrastruktur betreffen.

Die Sanierung des DB-Konzerns muss auch folgende Punkte umfassen:

1. Das fachfremde DB-Management auf den oberen Führungsebenen in allen DB-Konzernunternehmen ist auszutauschen und durch fachlich qualifizierte Eisenbahner zu ersetzen, damit sich die DB wieder auf ihre ureigene Aufgabe konzentrieren kann, nämlich einen bezahlbaren, pünktlichen und zuverlässigen Bahnverkehr in Deutschland zu organisieren.

2. Der Aufsichtsrat der DB AG ist auf der Anteilseignerseite qualifiziert neu zu besetzen und muss aktiv die Kontrolle über die Sanierung und Neuaufstellung der DB in der Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts übernehmen.

3. Die neu geschaffene InfraGO ist in eine wirklich dem Gemeinwohl verpflichtete Gesellschaftsform zu überführen, Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge mit dem DB-Konzern sind umgehend zu kündigen.

Dazu Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:

„Die jetzt in Gang kommende Diskussion über die Sanierung des DB-Konzerns bietet die Chance, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und die DB gemäß den Bedürfnissen der Bahnreisenden und auch des Güterverkehrs neu auszurichten. Dies muss unter Beteiligung der Bürgerinitiativen und Fahrgastverbände transparent diskutiert werden. Die Finanzierung der Erneuerung und Ergänzung der Bahninfrastruktur ist ureigenste öffentliche Aufgabe und muss kontinuierlich und planbar aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Dazu sind klimaschädliche Subventionen im Verkehrssektor (Dienstwagenprivileg, zu geringe Dieselsteuer, Steuerbefreiung für Flugbenzin) abzubauen.  Um die öffentliche Kontrolle der DB zu verstärken, ist der Konzern in die Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts zu überführen. „

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