Die Weltschau der Eisenbahn – Eisenbahnmesse Innotrans in Berlin 24.-27.9.24
Die angeblich weltgrößte Eisenbahnmesse überzeugte durch ein interessantes Angebot an Fahrzeugneuheiten aus aller Welt, aber auch durch die Möglichkeit, ganz unbefangen Lokomotiven, Triebwagen, Straßenbahnen, Güterwagen, Spezialfahrzeuge und Bahnbaumaschinen von innen zu besichtigen und sich von den jeweiligen Herstellern erläutern zu lassen. Auch erlaubte die Messe einen internationalen Vergleich, der über die Engstirnigkeit des DB-Angebots hinausgeht. Beeindruckend, wie schnell sich die Rollmaterialindustrie in Ländern wie Korea, China und Indien entwickelt hat. Aber auch in den osteuropäischen Ländern Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien gibt es noch eine leistungsfähige Eisenbahnindustrie, die den weltweit operierenden Herstellern wie Alstom und Siemens in die Suppe spucken kann und auch noch kostengünstige Produkte unterhalb des DB-Standards anbietet, so zum Beispiel klassische Reisezugwagen. Ein Zug mit modernen Reisezugwagen und Lokomotive kostet in der Anschaffung nur rund die Hälfte der von der DB bevorzugten Triebfahrzeuge. Insgesamt konnte man sich auf der Messe gut einen Eindruck von Konkurrenz-Produkten verschaffen, unter anderem von einem Hochgeschwindigkeitszug der japanischen Firma Hitachi oder von einem Hochgeschwindigkeitszug mit Wasserstoffantrieb von CRRC, dem chinesischen Rollmaterialhersteller.
Besonders kreative Lösungen waren von der Firma Stadler zu sehen, so zum Beispiel die 2. Generation der ÖBB-Railjet-Züge, die als Doppelstockzüge ausreichend Platz für Reisende, Gepäck und Fahrräder bieten, ganz im Gegensatz zu den ICE Zügen der DB, die regelmäßig wegen ihrer engen Einstiegsbereiche und Durchgänge zu Abfahrtsverzögerungen (vulgo Verspätungen) an großen Bahnhöfen führen. Die ÖBB hat gleich 137 dieser vierteiligen Garnituren bestellt, die, im Doppelpack gefahren, genauso viele Sitzplätze bieten wie der ICE 4, aber mit deutlich besserem Sitzkomfort und Bewegungsfreiheit aufwarten. Auch der neue, ebenfalls von Stadler gebaute 160 km/h schnelle Tunnelrettungszug mit drei Antriebsarten (Oberleitung, Akku, Dieselmotor) für die ÖBB, der mit Hochdruckwasserkanonen, Wassereinnebelungstechnik zum Durchfahren von Feuerwänden, von der Außenluft unabhängiger Belüftung, 40 Kubikmeter Löschwassertank ausgestattet ist und 300 Personen aufnehmen kann, lässt die Tunnelrettungszüge der DB, die Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts zur Eröffnung der ersten ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecken beschafft wurden, alt aussehen.
Auffallend breit präsentierte sich die Bahnbaubranche mit überdimensionierten Messeständen. Offensichtlich gibt es in diesem Segment so viel zu verdienen, dass man sich so einen protzigen Auftritt leisten kann.
Fahrgastverbände und Bahninitiativen hatten angesichts der sehr hohen Standmieten nur viel zu kleine Messestände und diese dann auch noch verstreut in den riesigen Hallen neben der Präsentation kleinerer Zulieferer, sodass sie ihre Anliegen nur bedingt gut präsentieren konnten.
Der Platzhirsch DB glänzte durch übergroße Messestände vieler seiner Tochterunternehmen. So hatten die DB-Bahnbaugruppe und die DB Consulting&Engineering eigene Messestände außerhalb der großen Halle, die einzig der DB vorbehalten war. Wie üblich war die DB wenig selbstkritisch und propagierte rauf und runter die Digitalisierung als das Lösungsmittel für alle Probleme, die derzeit das Bahnfahren zum Lottospiel machen.
Leider ist die Innotrans nur eine Messe für Fachbesucher, lediglich die ausgestellten Fahrzeuge konnten am Samstag nach offiziellem Messeschluss auch vom normalen Publikum besucht werden. Eigentlich schade, denn eine so hochkarätige Messe hat das Potential, das System Bahn und den Schienennahverkehr in seiner gesamten Bandbreite einem breiteren Publikum nahezubringen und mehr Bürger für die Bahn zu begeistern.