Generalsanierung von Bahnstrecken: Zum Nutzen der Bahnindustrie – zum Schaden für die Fahrgäste?

11.04.2024 – Pressemitteilung von Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene

Im Juli 2024 – nach Ende der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland – soll das erste
Projekt der Generalsanierung von Hauptstrecken des Bahnnetzes starten. Dafür wird die 70
km lange Bahnstrecke Frankfurt – Mannheim für mindestens sechs Monate gesperrt.
Kostenpunkt: 1,2 Mrd. Euro, macht rund 18,5 Mio. Euro pro Kilometer. Das entspricht fast
den Kosten einer Neubaustrecke!

2025 soll als zweites die 280 Kilometer lange Strecke Hamburg – Berlin für neun Monate
ebenfalls für eine Generalsanierung gesperrt werden. Kostenpunkt 2,2 Mrd. Euro
entsprechend 7,85 Mio. Euro pro Kilometer. Dabei wurde diese Strecke seit der deutschen
Wiedervereinigung schon mindestens vier Mal saniert:

1991-1998 für 2,3 Mrd. Euro: Ausbau auf 160 km/h einschließlich vollständiger
Elektrifizierung
2000-2004 für eine Milliarde Euro zur Erhöhung der Geschwindigkeit auf 230 km/h
mit Anpassung des Oberbaus und der Oberleitung
2009 (1.3.-13.6.) Austausch von 260.000 Betonschwellen, Kosten unbekannt
2021 (11.9.-11.12.) Sanierung von Schienen, Weichen, Leit- und Sicherungstechnik


Offensichtlich wurde bei allen diesen Arbeiten gepfuscht. Quellen aus der Bahnindustrie
sprachen vom „qualifizierten Abbruch der Arbeiten“, weil sie in dem gesteckten
Terminrahmen nicht fertig wurden bzw. unzureichend geplant waren.
Nach der mit viel Tamtam angekündigten Generalsanierung von August 2025 bis April
2026 schob die Deutsche in einer Erklärung vom 9.6.2023 nach, dass die Strecke
Hamburg – Berlin vom 16.8. bis 14.12.2024 zusätzlich gesperrt werden soll, weil man
100 Weichen und 74 km Gleise zwischen Ludwigslust und Wittenberge erneuern müsse.
Dazu ließ die DB laut Bildzeitung vom 9.4.2024 verlauten: „Allerdings muss die wichtige
Fernverkehrsstrecke zwischen der Haupt- und der Hansestadt bereits in diesem Jahr für
mehrere Monate gesperrt werden, weil anstehende Bauarbeiten am Oberbau
durchgeführt werden müssen. Dafür gab es dem Konzern zufolge klare Fristen, so dass
diese Arbeiten nicht mit der Generalsanierung im Jahr 2025 zusammengelegt werden
konnten.“

Die Auswirkungen der Totalsperrung von zusammengerechnet einem vollen Jahr für die
Fahrgäste sind enorm. De facto wird das Zugangebot auf einer der wichtigsten
Bahnstrecken in Deutschland für den „Sanierungs“zeitraum halbiert.

Lapidar stellt die DB auf ihrer Bauinfo-Seite dazu fest:
ICE-Linien: Hamburg – Berlin – Halle/Leipzig – Erfurt – München
EC-Linie: Hamburg – Berlin – Dresden – Prag

2 der 4 Linien entfallen zwischen Hamburg und Berlin.
Die restlichen Züge werden zwischen Hamburg und Berlin umgeleitet.
Hierdurch gibt es nur noch einen Zug – planmäßig sind es zwei Züge – pro Stunde
zwischen Hamburg und Berlin.
Dabei entfallen die Halte in Büchen, Ludwigslust und Wittenberge.
Die Züge halten teilweise zusätzlich in Uelzen, Salzwedel und Stendal.
Die Fahrzeit verlängert sich um rund 45 Minuten.


Dazu stellt Bürgerbahn fest:
Es ist schon auffällig, dass so aufwendige Sanierungsarbeiten an einer in topographisch
einfachem Gelände verlaufenden Bahnstrecke, die zwar hoch belastet, aber nicht
überlastet ist, in so kurzer Zeit hintereinander erforderlich werden. Dies deutet entweder
auf systematische Pfuscharbeiten, falsche Planung oder ein Zuschieben von Aufträgen
zur Sanierung nicht der Strecke, sondern der Bahnindustrie (Gleisbaufirmen, wie auch
die Hersteller von Leit- und Sicherungstechnik, Oberleitungen usw.) hin. Anders sind die
Milliardenaufwendungen für eine Strecke, die keinerlei größere Kunstbauten (Brücke,
Tunnels) beinhaltet, und deren Bahnhöfe (leider ohne die einstmals prächtigen
Bahnhofsbauten in Ludwigslust, Hagenow, Wittenberge, die die DB vor Jahren verkauft
hat und die derzeit dem Verfall preisgegeben sind) entweder schon saniert sind oder die
Sanierung schon im Gange ist (Ludwigslust), nicht zu erklären.


Dazu Prof. Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:
»Was die Deutsche Bahn den Fahrgästen auf der Strecke Hamburg-Berlin in den nächsten
zwei Jahren zumutet, ist unvertretbar und spricht allem Gerede von einer „Verkehrswende“
und „wir wollen mehr Fahrgäste auf der Schiene haben“ Hohn. Nicht umsonst bezeichnete
Benedikt Weibel, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Schweizer Bundesbahnen (SBB),
die Generalsanierungsstrategie als „Selbstmord auf Raten“. Im Interesse der Fahrgäste
müssen die Sanierungsarbeiten, wie seit über 150 Jahren bei der Bahn üblich, im laufenden
Betrieb, also „unter dem Rollenden Rad“ stattfinden.«

Zur Info: hier die weiteren von der DB angekündigten Totalsperrungen von Strecken allein für
das Jahr 2024:
(1) Kassel – Göttingen, 10. Dezember 2023 bis 26. Mai 2024
(2) Frankfurt – Fulda, 22. März bis 7. Juni 2024
(3) Frankfurt – Heidelberg, 30. März bis 26. Mai 2024
(4) Karlsruhe – Stuttgart, 1. April bis 18. Juli 2024
(5) Koblenz – Köln, 8. bis 15. April 2024
(6) Hamburg – Schwerin, 30. April bis 17. Mai 2024
(7) Frankfurt – Mannheim (Riedbahn), 15. Juli bis 14. Dezember 2024
(8) Köln – Frankfurt, 16. Juli bis 12. August 2024
(9) Erfurt – Eisenach, 2. August bis 24. November 2024
(10) Knoten Stuttgart, 3. August bis 6. September 2024
(11) Hamburg – Berlin, 17. August bis 14. Dezember 2024
(12) Hamburg – Schwerin, 4. August bis 22. November 2024
(13) Karlsruhe – Freiburg, 10. bis 30. August 2024
(14) Hamm – Hagen, 19. Oktober bis 14. Dezember 2024


11.04.2024 – Stuttgart-Hamburg-Köln-Berlin-Frankfurt-Malente
Nachfragen weitere Infos:
Prof. Dr. Heiner Monheim
Sprecher von Bürgerbahn- Denkfabrik für eine starke Schiene
Mobil: +49-170-8048154
Mail: heinermonheim@yahoo.de
Web: http://www.heinermonheim.de

Pressemitteilung als PDF

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