Neuordnung der DB JA! Zerschlagung NEIN!

Pressemitteilung 5/2025 von „Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene“ zur Ansage von CDU/CSU, nach der Wahl die Deutsche Bahn zerschlagen zu wollen:

Die schlechte Performance der Deutschen Bahn (DB) hat nicht nur mit der unzureichenden Finanzierung der Sanierung der Bahninfrastruktur durch den Bund, sondern auch mit einer ineffizienten Organisationsstruktur der DB, einem unqualifizierten Top-Management der DB und einer Fehlbesetzung des DB-Konzernaufsichtsrates auf der Anteilseignerseite zu tun, die das Fahren des Bahnkonzerns auf Verschleiß jahrelang gebilligt und aktiv mitgetragen haben.

Mit der Fusion von DB Netz und DB Station&Service zur DB InfraGO AG hoffte das DB-Manage- ment, die Forderung aus Politik und Öffentlichkeit nach stärkerer politischer Einflussnahme auf den Konzern unterlaufen zu können. Ein Jahr nach der Gründung der DB InfraGO zeigt sich, dass das nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ ist. Eine grundlegende Reform bleibt aus, da zum einen unter der DB InfraGO nur ein Teil der Infrastrukturbetriebe der DB zusammengefasst wurden (DB-Energie GmbH blieb ebenso außen vor wie DB Systel, DB Consulting & Engineering, DB Bahnbau sowie die Werkstätten für die Netzinstandhaltung), und zum anderen wurden die Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge zwischen der DB InfraGO und der DB AG nicht aufgelöst. So kann der DB-Konzern weiterhin in die DB InfraGO hineinregieren, und die Finanz- ströme im Konzern bleiben intransparent. Eine klare Steuerung der DB InfraGO unter politischen Vorgaben findet bisher nicht statt. Einen am Gemeinwohl orientierten Firmenteil als gewinn-orientierte Aktiengesellschaft zu organisieren, ist ein Widerspruch in sich.                                                                                                                                                                

Ein integrierter Bahnkonzern ist längst Geschichte

Von vielen Medien, aber auch von vielen DB-Beschäftigten und von Vertretern der Politik wird der DB-Konzern immer noch als weltweit agierender Global Player im Logistikgeschäft und als internationaler Mobilitätsdienstleister gesehen. Dieses Bild hat die DB-Kommunikationsabteilung über Jahrzehnte intensiv gepflegt. Nur entspricht dies nach dem Verkauf von DB-Arriva und DB-Schenker überhaupt nicht mehr der Realität; und der DB-Alltag sieht äußerst trübe aus. Der DB-Konzern ohne Arriva und DB-Schenker macht nur noch 50 % des einstigen Umsatzes. Das, was die DB „Systemverbund Bahn“ nennt, also die Fahrbetriebe und die Infrastruktur, machten im 1. Halbjahr 2024 einen operativen Verlust von mehr als 1,5 Mrd. Euro. Lediglich DB-Schenker schrieb in diesem Zeitraum schwarze Zahlen mit seinen weitgehend vom Schienenverkehr unabhängigen Logistikgeschäften. Diese Erlöse können aber nach dem Verkauf nicht mehr zur Kaschierung der DB-Verluste herangezogen werden.

Warum eine organisatorische Neuaufstellung erforderlich ist

Die Rechtsform einer AG, in der die DB AG seit 1994 geführt wird, hatte zur Folge, dass die Politik der DB relativ wenig Vorgaben machen und die DB direkte politische Einflussnahme und Informationsanfragen immer erfolgreich mit Verweis auf das Aktiengesetz zurückweisen konnte. Zudem erlaubte die Rechtsform einer AG es der DB, auf internationalen Kapitalmärkten in großem Volumen Schulden aufzunehmen. Die Nettofinanzschulden per 30.6.2024 lagen bei mehr als 33 Milliarden Euro! Durch die Profitabilität von DB Schenker in den letzten Jahren konnte internationalen Investoren ein Investment in den DB-Konzern schmackhaft gemacht werden. Das Aa1-Rating auf den internationalen Kapitalmärkten ist angesichts der miserablen Performance nicht der DB AG und ihrer Bilanz im Bahngeschäft, sondern dem zu 100 Prozent staatlichen Anteilseigner geschuldet. Die Politik wiederum hat die Rechtsform der AG auch dazu genutzt, der DB über Eigenkapitalzuweisungen eine höhere Verschuldungskapazität auf den Kapitalmärkten zu verschaffen, um Investitionszuschüsse aus dem Bundeshaushalt einzusparen. Das schien in Nullzins-Zeiten eine gangbare Strategie. Jetzt muss die DB mehr als 3 Prozent Zinsen zahlen. Da wird die Umgehung der Schuldenbremse eine sehr teure Strategie. Denn Eigenkapitalzuweisungen müssen marktüblich verzinst werden. Hinzu kommt: Der Verwaltungsapparat der DB ist immer noch auf einen Konzern mit über 50 Mrd. Euro Umsatz ausgerichtet, aber dieser Wert hat sich inzwischen halbiert.

Was jetzt getan werden muss

  • Um die DB klaren politischen Vorgaben zu unterwerfen, ist in einem ersten Schritt die DB InfraGO aus dem Konzern herauszulösen und in die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH zu überführen. Alternativ käme auch die Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts in Frage.
  • Diese Gesellschaft muss nach Maßgabe eines vom Parlament zu verabschiedenden „Infraplans“ geführt werden. An der Erarbeitung des Infraplans für die Netz- und Investitionsstrategie der DB-Infra- GO sind auch die Fahrgastverbände und Bürgerinitiativen zu beteiligen.
  • Die Fahrgesellschaften DB Fernverkehr, DB Regio und DB Cargo verbleiben im ersten Schritt noch in
    der Rechtsform einer AG. Aber schnellstmöglich sollen sie zusammen mit der DB InfraGO wieder zu einem politisch geführten Bahnkonzern in der Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts zusammengeführt.
  • Der Verwaltungswasserkopf der DB wird drastisch reduziert und mit dem Fokus auf das reine Bahn- geschäft neu aufgestellt.

Eine Zerschlagung würde nicht helfen, sondern schaden

Die Forderung von CDU/CSU nach Zerschlagung der DB AG ist abzulehnen. Denn der Hintergedanke von CDU/CSU ist, die abgetrennten Fahrgesellschaften, vorrangig den Fernverkehr, schnellstmöglich zu privatisieren und internationalen Hedgefonds und opportunistischen Investoren anzubieten. Bei DB Cargo würde dies zu einer weiteren Aushöhlung der Substanz führen, die zum Teil schon eingetreten ist. Denn nahezu alle modernen und spezialisierten Güterwagen in Deutschland sind im Besitz von ausländischen Staats-, Hedge- oder Pensionsfonds und grenzen damit DB Cargo von rentablen Geschäften aus. Nicht umsonst hat DB Cargo in den vergangenen Jahren Milliardenverluste angehäuft. Im Personenfernverkehr käme es durch kapitalstarke Wettbewerber zu einer selektiven Rosinenpickerei. Es würden nur die profitablen Strecken zwischen den Metropolen bedient. Die bahnmäßige Anbindung aller Mittel- und Oberzentren sowie Kur- und Urlaubsorte – die noch beim Interregio-Konzept quasi als Bestandteil der Daseinsfürsorge geboten wurde – würde auf der Strecke bleiben. Die dringend notwendige Entlastung der Straßen würde nicht stattfinden. Die Gewinne auf den Hauptstrecken würden privatisiert, die weniger lukrative Bedienung der ländlichen und strukturschwachen Regionen im Fernverkehr würde vollends entfallen und dem von den Ländern organisierten Nahverkehr und dort, wo das Schienennetz Lücken hat, dem Bus überlassen. Ein einheitliches und attraktives Bahnnetz würde es dann nicht mehr geben.

Bürgerbahn fordert daher:

  1. Eröffnung einer breiten politischen Diskussion über die Zukunft der DB AG, ihre Organisation und ihre Rolle in der Klimapolitik und Mobilitätswende
  2. Erweiterung der DB InfraGO um die restlichen Infrastrukturbetreibe der DB: DB Systel, DB Consulting & Engineering, DB Bahnbau sowie die Werkstätten für die Netzinstandhaltung
  3. Umwandlung der DB InfraGO in die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH
  4. Herauslösung der DB InfraGO aus dem DB-Konzern durch Auflösung der Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge
  5. Aktive Steuerung der DB InfraGO über den Infraplan durch die Politik
  6. Sicherstellung der Finanzierung der InfraGO über ein langfristig finanziertes Bahnsondervermögen
  7. Nutzung von mindestens der Hälfte der Erlöse aus der LKW-Maut und künftigen Mautsystemen für das Bahnsondervermögen
  8. Mittelfristig Zusammenführung der Infrastrukturgesellschaft und der Fahrbetriebe in einen einheitlichen Bahnkonzern in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts
  9. Reduzierung des Verwaltungswasserkopfes der DB durch Überführung der freiwerdenden Mitarbeiter in den operativen Betrieb der Bahn.

Dazu Prof. Heiner Monheim, Sprecher des Bündnisses Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene

„Den Verkauf von DB Schenker sowie den bereits vollzogenen Verkauf von Arriva muss die DB und die Politik als Chance nutzen, den Konzern als ein voll auf den Bahnverkehr konzentriertes Unternehmen mit einem neuen Top-Management organisatorisch und von der Angebotsseite her neu aufzustellen. Vorbild für die Reorganisation und die unternehmensinterne Strukturierung der Prozesse sind die Schweizer Bundesbahnen, die es mit Unterstützung der Politik und der Schweizer Bevölkerung geschafft haben, sich effizient, kundenorientiert und zukunftsfähig aufzustellen“

Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene wird unterstützt von Bahnexperten und Initiativen.

www.buergerbahn-denkfabrik.org                                                                                                                   

Hamburg 10.2.2025

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