rail blog 135 / Michael Jung

Ausschnitte aus dem realen DB-Alltag

Fahrt mit dem ICE 699 vor wenigen Tagen nach Berlin. Ursprüngliche Abfahrt Hamburg Altona. Leider auf Hauptbahnhof verlegt, da die DB für 14 Tage die für Hamburg wichtige Verbindungsbahn wegen Bauarbeiten für den Fern- und Regionalverkehr gesperrt hat. Also Fahrtantritt mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof. Allein das bringt samt Umsteigen am Hbf eine Fahrtzeitverlängerung um ca. 10 Minuten. Sehr viele Menschen auf dem Bahnsteig, das verspricht ein gut voller Zug zu werden. Zug kommt pünktlich. Ich frage bereitstehendes Zugpersonal: Woher kommt der Zug, da wegen Sperrung der Verbindungsbahn die Züge nicht direkt aus dem Bahnbetriebswerk Eidelstedt zugeführt werden können? „Ja der kommt aus Lüneburg, weil man woanders keine Abstellmöglichkeiten hat“. Das sind mehr als 50 km Leerfahrt! Der Infrastrukturvernichtung von Mehdorn & Co. sei Dank!

Zug fährt pünktlich ab. Alsbald die Durchsage des Zugchefs „Wir werden nicht überall zu erreichen sein, da wir heute stark unterbesetzt sind. Wenn Sie Fragen und Probleme haben, kommen Sie bitte ins Dienstabteil“. Als dann doch später eine Fahrkartenkontrolle stattfindet, frage ich den Zugbegleiter, um wie viele Personen sie den unterbesetzt fahren? Antwort: „Eigentlich sind für diesen Zug (ICE 4 lange Version) sechs Personen vorgesehen“. Und wieviel sind es heute? „Nur zwei!“ Na, denn halleluja, was passiert, wenn der Zug evakuiert werden muss? Diese Frage habe ich dann nicht mehr gestellt. Sind ja auch keine Tunnel auf der Strecke nach Berlin….

Denn bald darauf kam die zweite Durchsage: „Leider können wir Ihnen in unserem Bordbistro nicht den gewohnten Service bieten, weil wir stark unterbesetzt sind. Ein Service am Platz in der 1. Klasse können wir Ihnen heute nicht anbieten“. In Klartext der Speisewagen war nur mit einer Person besetzt, anstatt der üblichen drei! Und der Zug sollte dann noch über Berlin hinaus bis München verkehren. Mag sein, dass dann mehr Personal an Bord kam.

Ankunft in Berlin Hbf auf Gleis 1 im dritten Untergeschoss. Nach einem Unwetter rann das Wasser in Bächen aus der Decke und bildete eine riesige Pfütze auf dem Bahnsteig. Auch auf den anderen Ebenen im Bahnhof hastig aufgestellte Eimer und gelbe Schilder „Vorsicht Rutschgefahr“. Irgendwie scheint es die DB bei Ihren Bahnhofsbauten nicht zu schaffen, die Dächer richtig abzudichten.

Am Tag darauf Rückfahrt mit ICE 502 Berlin nach Hamburg: Hier wurde schon gleich ein Ersatzzug ICE 2902 angekündigt. Da hatte mal wohl wieder ein ICE der neueren Generation schlappgemacht und es musste ein betagter ICE 1 einspringen. Vorteil dieser Baureihe: Man sitzt deutlich geräumiger als im ICE 4.

Man könnte amüsiert sein, wenn es nicht so traurig wäre.

Über Michael Jung

Jahrgang 1950, Dipl.-Volksw., arbeitete zuerst in einem Großkonzern der Mineralölwirtschaft und dann 28 Jahre bei einer deutschen Großbank, davon 10 Jahre lang im Bereich Finanzierung von Eisenbahn- und Nahverkehrsprojekten weltweit. Seit 8 Jahren ist er Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona e.V., die sich für den Erhalt und Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona am jetzigen Standort einsetzt.

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