rail blog 148 / Karl-Dieter Bodack


Nervosität, Defizite, Verkehrskollapse, Systemversagen…

… das sind die Schlagwörter, die man aktuell über den Regionalverkehr Freiburg – Basel erfährt (Eisenbahn-Kurier, September 2023). Fehlplanung bei der Bestellung der Zugtypen (Land BW), ausgelöst durch vermeintlich zu kurze Bahnsteige (DB Station&Service), zu wenige Züge gekauft (Land BW), zu viele Produktionsmängel (Hersteller Bombardier), fehlende Ersatzteile und zu wenige Mitarbeiter (DB Regio-Werkstatt Freiburg), zeitweilige „Kapitulation“ der Leitstelle, der ein zu großes Gebiet zugeteilt wurde (DB Netz), nicht rechtzeitig aufgenommener Verkehr nach Streckensperrungen, zu geringe Platzkapazität in vielen Zügen (DB-Regio).

Bei sechs beteiligten „Instanzen“ relativieren sich Verantwortlichkeiten gegenüber Fahrgästen und Mitarbeiten, lassen sich viele Stunden mit Schuldzuweisungen verhandeln, … und erscheint ein verantwortlich zuverlässiger Betrieb gar nicht in Sichtweite.

Vor diesem Hintergrund — die Region steht hier als Beispiel für viele andere — erscheinen die geplanten „Generalsanierungen“ als PR-Aktion zur Weckung von Hoffnungen, die mit Sicherheit nicht in Erfüllung gehen werden: Die gesamtdeutsche Krise der DB wirkt allerorten und hat viele verschiedene Ursachen — so vielfältig, dass sie hier nicht aufgelistet werden können.

Vor diesem Hintergrund schreiben im gleichen Eisenbahn-Kurier zehn ehemalige Führungskräfte der Deutschen Bundesbahn und der DB AG zur geplanten gemeinnützigen Infrastruktur-Gesellschaft*. Sie schlagen vor, auch den Triebfahrzeugeinsatz einschließlich der Triebfahrzeugführer und Werkstätten in diese Gesellschaft zu integrieren, weil dadurch eine bessere Koordination, ein rationellerer Einsatz von Mitarbeitern und Fahrzeugen erreichbar würde. Denn: Diese „InfraGo“ (so soll sie heißen) muss ja ihre Leistungen allen Bahnbetreibern zur Verfügung stellen. Mit einer solchen Integration würde der Bahnbetrieb kostengünstiger: Mitarbeiter und Fahrzeuge könnten eingespart werden, Mangelsituationen würden verringert, der Betrieb durch interne Koordination zuverlässiger und die Dienstpläne der Triebfahrzeugführer ausgeglichener.

Die entscheidende Frage: Welcher verantwortliche Politiker erfragt die Erfahrungen von wirklichen Bahnfachleuten?

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*Dieter Bantleon und neun weitere Autoren: Trasse und Traktion aus einer Hand, Konzept für gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft, Eisenbahn-Kurier, Freiburg, Heft 9, 2023.

Unser Gründungsmitglied Karl-Dieter Bodack hat die DB vom Lokführer bis zum Bundesbahndirektor und Berater des Vorstandsvorsitzenden hautnah miterlebt und mitgestaltet. In diesem Buch stellt er Intentionen und Erfolge des Aufbaus in den 80er Jahren und dann Hintergründe und Ursachen der aktuellen Krisen dar. Dies mit dem Ziel zu neuem Aufbruch anzuregen!

Karl-Dieter Bodack:
Ein Leben mit Spuren                     Als Anthroposoph bei der Deutschen Bahn
info 3-Verlag Frankfurt, 2.Aufl. 2021
336 Seiten, 144 Abb. geb. € 24,-

Über Prof. Karl-Dieter Bodack

Das „Bürgerbahn“-Gründungsmitglied Karl-Dieter Bodack war 25 Jahre in Stabs- und Führungspositionen der DB und der DB AG tätig und war Berater von Bahngesellschaften u. a. in Namibia, der Schweiz und Norwegen. Er hat die DB vom Lokführer bis zum Bundesbahndirektor und Berater des Vorstandsvorsitzenden hautnah miterlebt und mitgestaltet. In seinem Buch „Ein Leben mit Spuren“ (info 3-Verlag Frankfurt, 2. Aufl. 2021, 24 €) stellt er Intentionen und Erfolge des Aufbaus in den 80er Jahren und dann Hintergründe und Ursachen der aktuellen Krisen dar – mit dem Ziel, zu neuem Aufbruch anzuregen.

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