rail blog 186 / Andreas Kleber

DER KLEBER-EXPRESS II

2.Beitrag: Gewitterwolken über dem KLEBER-EXPRESSS und Kampf für den Erhalt

Ab 1975 war ich nach Jahren im In- und Ausland im elterlichen Betrieb tätig. Der Kleber-Express hatte seit 1972 seinen ganzjährig durchgehenden Zuglauf München-Freiburg: Die 218 hatte zwischen München und Aulendorf die 221 abgelöst, die 215 bespannte ihn Aulendorf-Neustadt (Schwarzw.), und die 139 auf dem letzten Stück nach Freiburg (Brsg). 1976 lief dann die 218 bis Neustadt (Schwarzw.) vor dem Zug durch, um dort den Gegenzug nach München zu übernehmen: dies war die an km längste 218-Tagesleistung der DB.

Fahrzeitmäßig änderte sich nicht viel: An Winterwochenenden hatte er Kurswagen von München nach Oberstdorf, die in Buchloe an den Eilzug Augsburg-Oberstdorf übergingen. Abgesehen von den touristisch schwachen Zeiten im November und Mitte Januar war dieser Zug gut belegt: u.a. wegen der guten Anschlüsse in Buchloe, Memmingen, Kißlegg, Aulendorf, Sigmaringen, Tuttlingen und Donaueschingen: oft in Tuttlingen von Regio di Calabria / Neapel; Donaueschingen an den D-Zug Konstanz-Kobenhagen.

Unter BV Lauritz Lauritzen sollte auch diese Querverbindung ausgebaut werden; doch dies änderte sich mit einem Schlag Ende 1975/Anfang 1976.

Unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (können uns nur zwei Dinge leisten: die Bundeswehr oder die Bundesbahn) präsentierte Bundesverkehrsminister Gscheidle das BoN („mehr Straßen, weniger Wohlfahrt“), welches eine privatisierte Bahn vorsah, mit einem im Besitz des Bundes auf ca. 10.000 km geschrumpften Schienennetz. Ich erfuhr 1976 von der Landesvertretung BW in Bonn, dass die Strecke Kißlegg-Herbertingen zur Stilllegung vorgesehen ist und der Kleber-Express ab Memmingen über Memmingen-Ulm geleitet wird. Zeitweise hatte dieses Zugpaar über 2/3 aller Fahrgäste auf diesem Streckenabschnitt und mit einer „Umleitung“ hätten dann die „Sanierer“ leichtes Spiel. Ich alarmierte alle Landräte, BM, politischen Entscheidungsträger zwischen Memmingen und Tuttlingen und startete im Dezember 1977 die Aktion „Es ist 5 Minuten vor zwölf“ mit einem Bild des Zuges, sammelte ca. 5.000 Unterschriften und organisierte eine Demonstration zusammen mit politischen Verantwortlichen am 18.02.1978 vor dem Saulgauer Bahnhof mit ca. 3.000 Teilnehmern.

„Dieses Zugpaar sichert das Überleben unsrer Bahnstrecke!“ war mein lautstarker Appell. 2 Monate später wurden wir nach Tübingen zu einem Gespräch mit dem (für Verkehr zuständigen) Staatssekretär Ernst Ludwig eingeladen, wofür ein Schienenbus organisiert wurde. Ende 1979 entstanden wiederum Pläne, diesen Zug 1980 ab Kißlegg über Lindau – Singen umzuleiten. Daher bestellte ich für meine anstehende Hochzeit (10.10.1980) 3 Apm und ein Wg, die ab Saulgau am Schluß des Eilzug Freiburg-München liefen, bekam mit einer 75% Anzahlung die Bestätigung; Somit war dieser Zug vorerst gerettet. Der Präsident der BD Stuttgart, Dr. Willi Keckeisen, sprach seit dieser Zeit vom „Kleber-Express“. 1982 war die Umleitung erneut auf der Tagesordnung. Ich organisierte für den 06.02.1982 einen WG zwischen Memmingen und Tuttlingen, der DEM Zug beigestellt wurde. Bei Maultaschen, Gaisburger Marsch, badischem Weißwein, Schwäbischem Trollinger und Bergbier ließen es sich auch der Präsident der BD Stuttgart (Herr Wiedemann) sowie alle politischen Verantwortlichen nicht nehmen, bei dieser Fahrt über die Zukunft der oberschwäbischen Querverbindung zu diskutieren.

Nachdem die meisten „Ferneilzugklassiker“ – auch Heckeneilzüge genannt – verschwanden, sollte 1985 auch „mein Zug“ auf Memmingen-Freiburg beschränkt werden: mit einem Bn als Kurswagen von München und einer Aufenthaltszeit von ca. 30 Min. in Memmingen, sowie mit dem Wegfall der wichtigen Anschlüsse. Der Münchener Dez. 33, Hans Niedermayer, machte sich mit Rückendeckung der HVB dafür stark. Dagegen war die BD Karlsruhe mit ihrem 33er, Peter Hopf. Dr. Rudolf Breimeier, 33er von Stgt meinte an Hand der bevorstehenden Fahrplankonferenz am 14.02.1985 in Weingarten, „es könnte Ärger geben“. 2 ½ Std. dauerte eine, hauptsächlich meinerseits sehr heftig geführte, emotionale Diskussion über „DEN ZUG“, die zum Ergebnis führte, das die HVB in Frankfurt entscheiden muß…

Meine guten Argumente waren meine zahlreich organisierten Sonderfahrten (u.a. die kurz zuvor erfolgte IC-Fahrt der Ringhotels nach Wingst), die über den Bahnhof Saulgau abgerechnet wurden. Vorstandsmitglied Hans Wiedemann entschied daher am 06.03.1985 über eine Weiterführung dieses Zuges; selbst die schon im Druck befindlichen Kursbücher erschienen im Jubiläumsjahr der BAHN 1985 zwei Wochen später…

Bemerkenswert ein Telegramm von Günter Raff, dem GdED Bezirksvorsitzenden Stuttgart:„Herzlichen Glückwünsch zur Rettung Ihres Zuges und zur Geburt Ihrer Tochter“. (Die Reihenfolge hat mich schon überrascht..)

Bei den HST 1985 stellte Dr. Breimeier das neue Konzept für Ulm – Freiburg für 1988 vor. Es sah einen schnelleren 2-Stunden Takt mit Unterbrechung/Umsteigen in Neustadt (Schwarzw.) vor; wo man Rangierer und Zugpersonal einsparen konnte. In diesem Konzept gab es für den Kleber-Express keinen Platz und die Durchbindung einer 218 nach Freiburg wurde kategorisch abgelehnt: „Auch Ihr Zug, Herr Kleber würde dieses Konzept zerstören.“ „Ein Fahrplan ohne DEN Zug ist KEIN Konzept!“ war meine Antwort. „Unter Fahrdraht fährt man nicht mit Diesel!“ – „Und wenn man in Neustadt nicht mehr umspannen kann?“ Schließlich konnte ich alle überzeugen, dass eine 218 – ohnehin mit Zusatzbremse ausgestattet – die Höllentalsteilstrecke befahren kann.

Wegen des täglichen Wendezugumlaufs München-Freiburg-München mußte die Abfahrtszeit in München sehr früh auf 06.48 gelegt werden. Dadurch ergaben sich u.a. auch andere Anschlüsse: mit Einführung des IR in Donaueschingen an den IR Konstanz – Flensburg! Und nachmittags vom FD 703 BODENSEE Münster – Konstanz.

Zuvor hatte DER ZUG (wie ich ihn nannte) am SA, 05.03. „Eisenbahngeschichte“ geschrieben: anlässlich des 50. Geburtstages von Karl-Dieter fuhr der erste IR-Wagen von MÜNSTER nach MÜNCHEN: am Schluss des FD 703 bis Donaueschingen und von da an der Spitze des E 3363 als KLEBER-EXPRESS bis München…

Doch DER ZUG hatte innerhalb der DB-Hierarchie nicht nur Freunde: viele, ob in der HVB, sowie in der NV-Abteilung der BD Stuttgart wünschten, dass er „endlich verschwindet“. Aber dadurch wurde er erst recht durch viele Veröffentlichungen bekannt: u.a. im SWR-Fernsehen, Presse, etc…

Ende 1992 tauchte mit dem Allgäu-Schwaben-Takt ein neues Konzept auf, dem der KLEBER-EXPRESS – lt. „Experten“ – angeblich wiederum im Wege stand, als „Störfaktor“ des Taktverkehrs…

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