rail blog 204 / Joachim Holstein

Tour durchs Ländle, dritte Etappe

Da es keine Nachtzüge von Stuttgart nach Hamburg gibt, musste ich über Karlsruhe fahren. Die DB schlug allen Ernstes eine Verbindung mit nur 8 Minuten Übergangszeit zwischen dem IRE und dem Nightjet vor. Indiskutabel. Ich fuhr eine Dreiviertelstunde früher, planmäßige Ankunft in Karlsruhe 23:25 Uhr, planmäßige Abfahrt um 0:19 Uhr, also alles easy.

Es wurde absurd. Zwischen Karlsruhe-Durlach und Karlsruhe Hbf erhielt ich um 23:28 Uhr eine Mail von der »DB Reisebegleitung«, die mir mitteilte, dass sich meine Ankunft in Karlsruhe Hbf um 6 Minuten von 23:25 Uhr auf 23:31 Uhr verspäten werde. Und dann:

Anschluss wird nicht erreicht.

Ich würde es selber nicht glauben, wenn ich es nicht gesehen hätte. Hier:

Ich kann Sie beruhigen: Ich habe es wider Erwarten doch geschafft, innerhalb von 48 Minuten den Bahnsteig zu wechseln. Ich hatte sogar Zeit, um den Aushangfahrplan zu betrachten. Fällt Ihnen was auf?

Da steht nicht »NJ«, sondern »ÖBB«. Das liege daran, erklärte mir die DB-Mitarbeiterin, dass der Betreiber ja nicht die DB sei und er deswegen hier genannt werden müsse.

Ah ja. Allerdings steht im Internet bei Zug 409 genau wie beim EN 40459 als Beförderer: ÖBB und DB Fernverkehr. Und auf den elektronischen Anzeigetafeln und im Internet steht auch die korrekte Zuggattung NJ für Nightjet.

Nun hatte mich aber auch die schwarze Farbe gewundert. Denn die steht für Nahverkehr. Und in der Tat …

Ich fragte die DB-Mitarbeiterin dann grinsend, ob ich in diesem Zug mit meinem
Deutschlandticket im Schlafwagen fahren dürfe. Wer weiß, vielleicht ist das ja die neueste
Form der DB-Kooperation bei Nachtzügen …?
Und ist Ihnen am ersten Foto noch etwas aufgefallen? Da steht nur »Berlin Hbf«. Aber in
Wirklichkeit fährt der Zug mit einer Kursgruppe auch nach Prag, und natürlich kann man mit

ihm auch nach Frankfurt, Leipzig, Lutherstadt Wittenberg oder Dresden fahren. Aber das
verschweigt die DB den Fahrgästen lieber.

Über Joachim Holstein

(*1960) arbeitete von 1996 bis 2017 als Steward in Nacht- und Autozügen der DB, war von 2006 bis zur Einstellung dieser Verkehre Betriebsrat der DB European Railservice GmbH und zuletzt Sprecher des Wirtschaftsausschusses. Mitbegründer der Initiative zur Rettung des Nachtzuges Hamburg-Paris (2008; »Wir wollen nach Paris und nicht an die Börse«) und des europäischen Netzwerks für Nachtzüge »Back on Track« (2015; https://back-on-track.eu/de/); Weiteres unter www.nachtzug-bleibt.eu

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