Februar 2012: Die bestgeplante Parkzerstörung für das „bestgeplante“ Bahnprojekt Stuttgart21
Am 16.2. 2012 war sie schon weitgehend abgeholzt, die grüne Lunge der Stuttgarter Innenstadt, gegen den Protest und Aktionen zivilen Ungehorsams, die den Rückbau des Bahnknotens Stuttgart verhindern und ihren Park retten wollten. Der heutige Blogeintrag hierzu stützt sich auf Ausschnitte aus einer am Montag, 13.2. bei der Kundgebung gegen Stuttgart21 gehaltenen Rede:
„Am 5. Februar 2012 hatte das vom Sozialdemokraten Nils Schmid geführte Finanzministerium die Schlossgartenflächen an die „Beton-Bahn“ übergeben und damit ausgeliefert. Das war das Startsignal für die von der neuen Landesregierung und der Polizei generalstabsmäßig geplante völlige Zerstörung des mittleren Schlossgartens zwischen dem 13. Und 17.Februar.
Auch wenn es weh tut, Sie erinnern sich bestimmt: bei der 111. Montagsdemo am 13.2. sah der Park noch fast „unwirklich schön“ aus, „ein weißer, in Stuttgart seltener Wintertraum“, schrieb Kontext.
Am Abend danach, 10 Stunden vor der Räumung durch 2500 Polizisten, sprach bei der Kundgebung auf der Schillerstr. der Schriftsteller Heinrich Steinfest – poetisch und eindringlich vor den Demonstrant*innen, die in bitterer Kälte gekommen waren, um ihren Park und die Baumriesen zu schützen.
„Es geht uns wie den Bäumen,“ sagte er, „ man versucht uns zu marginalisieren und zu bagatellisieren – „es sind ja nur ein paar Bäume, es ist doch nur ein Bahnhof,“ und wir: ein paar arme Irre. (…) Zitat Ende. „Das müssen wir aushalten,“ sagte er weiter, – „wir sind nicht die ersten! Und wir werden es aushalten und darauf achten, dabei die eigene Würde zu erhalten!“ Ich schaue mich auf dem Platz um, ich sehe Sie an, liebe Freund*innen und meine: Wir tun das bis heute! Während die Tunnelbahnhofsfanatiker- und Profiteure seither in ihrem Orwell-Sprech ihre Verachtung für diese Stadt und die Bedürfnisse ihrer Menschen, ja: für Transparenz und Wahrheit ausdrücken. Eckart v. Hirschhausen hat gesagt, „Es ist schwer ehrenamtlich die Welt zu retten, wenn Andere sie hauptberuflich zerstören.“ Das mussten auch die vielen Parkschützer*innen erleben, die in dieser Nacht versucht haben, die Räumung des Parks gegen eine Polizeiübermacht von 2500 Polizisten zu blockieren. Da waren mutige Menschen, die sich angekettet hatten, nicht bereit waren den Park zu verlassen und den Kettensägen den Weg frei zu machen. Da waren allein 13 Baumbesetzer von Robin Wood in den Bäumen, und entschlossene Stuttgart21-Gegner, die sich im Boden zum Schutz der Bäume festbetoniert hatten – damals schon als Rechtsbrecher beschimpft, heute würden sie vom politischen Arm der Klimazerstörer als Klimaterroristen kriminalisiert.
Liebe Freund’innen: Das – waren – wir! Viele davon sind auch heute aktiv und bei unsren Kundgebungen. Und deshalb ist es mehr als nur ein freundliches Kompliment, wenn junge Klimaktivisti uns sagen: „Wir wissen, dass wir auf euren Schultern stehen!“
Die Kretschmannsche Parkräumung fand natürlich den Beifall der Medien. Sie war perfekt organisiert und vorher durchgespielt. Sie wollten unbedingt verhindern, dass wieder solche blutigen Bilder einer gewalttätigen Parkzerstörung produziert werden, die davor Mappus die Macht gekostet hatten.
Grüne und SPD wollten so die Parkzerstörung exekutieren und den Kettensägen den Weg vollends frei machen. Was Mappus und die Bahn bis dahin nicht geschafft hatten – und es vielleicht mit einer grünen Partei in der Opposition auf unsrer Seite auch nicht geschafft hätten.
Es wird immer gern wieder vergessen: es ist geradezu die Funktion von Grünen und SPD in Regierungen, skandalösen Projekten den Weg frei zu machen, wenn es berechtigten, massiven und starken Protest gibt, indem massive Verunsicherung in den Bewegungen erzeugt wird, wenn plötzlich die „eigenen Leute“ auf der anderen Seite sitzen und so Widerstand gelähmt wird.
Noch einen Satz, mit dem diese schmerzende Seite aus unserem Protestgeschichtsbuch für heute geschlossen sein soll. Angelika Linckh hatte ihn, vor einem Jahr in Kontext, als Fazit ihrer Erinnerung an diesen Tag aus einem Song von Franz-Josef Degenhard zitiert:
„Dass das nicht solche Geschichten bleiben, die man den Enkeln erzählen kann. Es gibt ’ne Menge Leute die hätten großes Interesse daran. (…) Ja, so hätten sie’s gern, die Abgespeisten und die, die die Speisen verteilen. Aber: wir werden sie enttäuschen!“