rail blog 51 / Martin Poguntke

Stuttgart 21-Gegner*innen unterstützen Demo gegen Bahnchaos und Streckensperrungen

Am Freitag, 14. April, um 18 Uhr, findet vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof eine von einem breiten Bündnis von Bürger*innen aus Umweltverbänden, Gewerkschaften und Parteien getragene Demonstration gegen die von der Bahn geplanten Streckensperrungen statt.

Als Teil dieses Bündnisses ruft das Aktionsbündnis gegen S21 dazu auf, sich rege an Kundgebung und anschließender KurzDemo zu beteiligen. Zuvor startet um 16.45 Uhr am Bahnhof Bad Cannstatt ein Radkorso zum Hauptbahnhof.

Die geplanten Teil- und Vollsperrungen, zunächst der Strecke Waiblingen–Bad Cannstatt, sollen angeblich erforderlich sein, um den neuen Tiefbahnhof pünktlich Ende 2025 in Betrieb nehmen zu können. Weil die Region Stuttgart zudem als „Digitaler Knoten Stuttgart“ komplett mit dem neuen Zugsteuerungssystem ETCS ausgebaut werden soll, seien – so die Bahn – umfangreiche Kabelverlegungsarbeiten nötig, und zwar von jetzt auf gleich.

Martin Poguntke, Sprecher des Aktionsbündnisses: „Beide Forderungen der Politik – die Eröffnung 2025 und der Einbau von ETCS – sind aber zum jetzigen Zeitpunkt voreilig und ein kostspieliges Abenteuer zulasten nicht nur der Bahnnutzer*innen.“ Zum einen wäre auch die erträumte S21-Inbetriebnahme wieder nur eine Teil-Inbetriebnahme, denn die Gäubahn von Zürich würde erst in 10 bis 15 Jahren an den Tiefbahnhof angeschlossen – wenn überhaupt.

Und auch der für den Betrieb erforderliche Abstellbahnhof Untertürkheim ist dann noch lange nicht fertig. Zudem müssten noch etliche rechtliche Hürden vor einer Inbetriebnahme genommen werden, insbesondere was den versagenden Brandschutz betrifft. Zum anderen ist diese Version des ETCS-Systems so unausgereift, dass z.B. die Schweizer Bahn sie nicht einführen möchte. Im Gegenteil: Sie überlegt sogar, die Vorläuferversion dieses Systems wieder außer Betrieb zu nehmen, weil ETCS zwar die Sicherheit etwas erhöht, aber die Leistungsfähigkeit gerade in Ballungsräumen eher vermindert als verbessert. Poguntke: „Mit völlig überzogenen Heilsversprechen soll das neue Zugsteuerungssystem dem viel zu kleinen Tiefbahnhof zu ungeahnten Leistungssteigerungen verhelfen.“

Die Bahn macht der Bevölkerung die Hoffnung, dass – wenn einmal die Kabel verlegt und S21 in Betrieb sei – das Bahn- und S-Bahn-Chaos ein Ende habe. Das Gegenteil ist aber der Fall: Weil der Tiefbahnhof zu klein ist und die geplanten Ergänzungsprojekte die Probleme auch nicht lösen werden, würde S21 auf ewig Verspätungen, Zugausfälle und verpasste Anschlüsse bedeuten. Und weil Verkehrsminister Winfried Hermann plant, ein Gutteil der Züge über die „Regionalhalte“ Vaihingen, Feuerbach und Bad Cannstatt am zu kleinen Tiefbahnhof vorbeizuleiten, müsste künftig häufig auf S-Bahnen umgestiegen werden, um von Regional- auf Fernverkehrszüge zu wechseln. Poguntke: „Ein zukunftstauglicher, klimafreundlicher und ausbaubarer ÖPNV für die Region kann nur ohne S21 erreicht werden. Es ist höchste Eisenbahn für ein Moratorium und eine offene Diskussion über Alternativen.“

Über Martin Poguntke

ist Diplompädagoge und Theologe und einer der Sprecher des „Aktionsbündnisses gegen S21“. Er war Tagungsleiter der „Klimabahn-Konferenz“ und lebt in Stuttgart, der Stadt mit dem Klima-, Stadt- und Bahnverkehr- zerstörerischsten Projekt Deutschlands.“ Er war 30 Jahre lang Mitglied bei den Grünen und ist wegen deren Mittragen von S21 dort ausgetreten.

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