„ZDF.reportage-Bausstelle XXL-Stuttgart 21“ gestern 18 Uhr, ZDF und in der Mediathek

Leserbrief

Sehr geehrte Frau Schiller, sehr geehrter Herr Class, sehr geehrte Frau Warken, sehr geehrter Herr Spors,

aus 40 Jahren Arbeit als Autor und Regisseur fürs TV und aus langjähriger Zusammenarbeit mit dem ZDF, weiß ich, wie schwierig es ist Informationen an die Frau und den Mann zu bringen und welchen Zwängen man da ausgesetzt ist.

Ihre Reportage zu Stuttgart 21 verblüfft mich dann aber doch.

Denn sie unterscheidet sich wenig bis gar nicht von den schönen bunten Video-Clips der Deutschen Bahn AG für Stuttgart 21. Fehlt bei Ihrem Film nicht der Zusatz „unterstützt durch Produktplatzierungen“?

Was hat Sie da geritten? Bohren und Betonieren Sie für Deutschland?

Das Stahlzementieren der Kelchstützen wird minutenlang und immer wieder völlig kritiklos gezeigt, ja über den grünen Klee gelobt. Unbenommen, da steckt viel Ingenieursleistung dahinter. Aber wäre es Ihnen nicht vielleicht einen Satz wert gewesen, darauf hinzuweisen, wieviel tausend Tonnen CO2 der hier verbaute Stahlbeton freisetzt?

Weiter wird behauptet, der neue Bahnhof ziehe nicht nur Autofahrer in den Bann, sondern gar in die Bahn. Genau das Gegenteil ist der Fall. Denn selbst die Landesregierung von Baden-Württemberg und ihr Verkehrsminister haben über ein Jahrzehnt deutlich gemacht, dass der neue „XXL-Bahnhof“ eher ein „M-Bahnhof“, ein Flaschenhals ist, also massenhaft Fahrgäste an den Autoverkehr abgeben wird.

Völlig außer Acht gelassen werden die neu geplanten Tunnel – zusätzlich mindestens weitere 45 Kilometer – und, ganz abgesehen vom fehlenden Brandschutz, die damit verbundene Kappung der Gäubahn auf Jahrzehnte hinaus. Dazu wird es demnächst ein Gerichtsverfahren geben, angestrengt von der Deutschen Umwelthilfe. Unterstützt wird dieses Verfahren von praktisch allen Bürgermeistern der Städte, die an der Gäubahn liegen, darunter nicht wenige Mitglieder der CDU.

Einen solch gravierenden, höchst umstrittenen Eingriff in den Bahnverkehr – Zerstörung einer Magistrale – nicht zu erwähnen, ist m. E. nicht zu rechtfertigen.

Wir haben es bei Ihrem Film leider mit einem zu tun, der das Label „Reportage“ nicht verdient. Da ändern auch die wenigen Sekunden nichts, in denen die Gegner ein paar Sätze gegen das Projekt sagen dürfen. Im Gegenteil, sie erscheinen da als Ewiggestrige, die doch ein solches „Jahrhundertbauwerk“ (Originalzitat aus der „Reportage“) nicht verstehen wollen.

Ich denke Sie haben da ein recht unausgewogenes und das darf ich als ehemaliger Ministrant sagen, „Heiligenbildchen“ produziert, das geradezu nach einer Gegenstimme ruft. Daher schlage ich Ihnen vor, ich mache Ihnen eine 30-Minuen-Fassung meines nagelneuen in den Ba-Wü-Kinos und anderswo sehr erfolgreichen Filmes „DAS TROJANISCHE PFERD – STUTTGART 21 – Der Film“ und Sie senden das aus Gründen der Ausgewogenheit. Übrigens kommt bei mir der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, der das Projekt mit umsetzen will, ausführlich und das Projekt verteidigend, zu Wort.

Sicherlich haben Sie Interesse eine solche Reportage zu senden. Gerne schicke ich Ihnen einen Link zur Langfassung. Einen Schnittplatz auf dem Lerchenberg können Sie auch gern schon reservieren.

Beste Grüße

Klaus Gietinger
Autor, Regisseur, Dipl. Sozialwissenschaftler
Mitglied der Deutschen Filmakademie
klaus@gietinger.de

Liebe Zeitschrift Fahrgast,
sehr geehrter Herr Staiger,

vielen Dank für Ihren Artikel in Ihren Heft Der Fahrgast (Jan-April 2023) über die Gefährdung der Gäubahn. Sie fordern eine Interimslösung mit Anschluss der Gäubahn an den alten Kopfbahnhof. Warum Interimslösung? Aus ihrem Artikel geht eindeutig hervor, dass der Tiefbahnhof zu klein ist. Nachdem der Verkehrsminister von Ba-Wü Winfried Hermann seinen absurden Tiefkopfbahnhof kürzlich aufgegeben hat, wird noch deutlicher, dass die oberirdischen Gleise des Kopfbahnhofes komplett erhalten werden müssen.
Warum setzen Sie sich nicht dafür ein?
Der Tiefbahnhof kann in keiner Weise 59,5 Züge in der Spitzenstunde abfertigen. Das ist ein Wolkenkuckucksheim und das wissen auch Sie. Es geht doch aus Ihrem Artikel eindeutig hervor, dass es auch nach der Fertigstellung des völlig absurden Pfaffensteigtunnels (3 Züge pro Stunde und etwa 70 Fahrgäste die zum Flughafen wollen) im Fildertunnel schon wieder eng wird. Die einzige Lösung kann doch nur heißen soviele oberirdische Gleise wie möglich am Hbf zu erhalten. Nur so kann der Bahnverkehr verdoppelt und die Gäubahn vernünftig erhalten bzw. zweigleisig ausgebaut werden.

Mit besten Grüßen
Klaus Gietinger


Mailwechsel mit PRO BAHN Regionalverband Region Stuttgart

Lieber Herr Gietinger,

danke für Ihren Leserbrief in der aktuellen PRO-BAHN-Zeitung, in der Sie meinen Artikel über die Gäubahn kommentieren.
Mit Ihrer Kritik, dass wir nur eine Interimslösung fordern, haben Sie zwar recht, aber die Umwelt- und Verkehrsverbände VCD, PRO BAHN, LNV, BUND haben aus taktischen Gründen entschieden, die Beibehaltung der Gleise nur für den Zeitraum zu fordern, bis eine alternative Anbindung über den Flughafen fertiggestellt ist.
Natürlich gehe ich und unser Verband davon aus, dass der Tiefbahnhof niemals die versprochenen Leistung bringen wird, was sich relativ bald nach der Inbetriebnahme zeigen wird, so dass niemand auf die Idee kommen wird, die verbliebenen Gleise oben stillzulegen. Das wissen auch die Stadt und die DB weshalb sie mit allen Mitteln und ohne technische Notwendigkeit die Strecke im Sommer 2025 unterbrechen wollen, was ja nach Auffassung der DB durch das Planungsrecht gedeckt ist.

Die lange Interimszeit von mindestens 7 Jahren (realistisch wohl eher 15) ist auch der Hebel, mit dem juristisch gegen die Unterbrechung vorgenangen werden kann, wie die angekündigte Klage der DUH zeigt. Leider sagt eben das Bundesverwaltungsgericht, dass man die Panoramabahn und das Gleisvorfeld stilllegen kann, wenn die Verbindung auf einer anderen Strecke hergestellt werden kann.

Nach fast zwanzig Jahren, in denen wir versucht haben, S21 mit Argumenten für einen besseren Bahnverkehr zu bekämpfen, muss ich leider feststellen, dass wir wenig erreicht haben, obwohl wir in vielen Punkten Recht behalten haben. Ich glaube mittlerweile, dass man nur noch auf dem Rechtweg juristisch wenigstens einen Teilerfolg erzielen kann. Deshalb ist unsere Darstellung der Beibehaltung von Gleisen oben als Interimslösung nur dieser rechtlichen Sitaution geschuldet. Natürlich hoffen wir, dass die Gleise nach dem Motto. „Provisorien währen ewig“ auch noch liegen bleiben, wenn der Pfaffensteigtunnel fertig ist – wenn er denn überhaupt kommt. Weiter hinten im Artikel schreibe ich ja auch, dass man die Gleise überbauen kann und damit auch den Städtebau teilweise realisieren kann. Das aber laut und deutlich zu sagen, wäre in der jetzigen Situation taktisch ungeschickt.

Viele Grüße aus Stuttgart
Wolfgang Staiger
PRO BAHN Regionalverband Region Stuttgart

Lieber Herr Staiger,

danke für Ihre Mail.
Ich gehe nach deren Lektüre davon aus, dass Sie:
1. meinen Leserbrief nicht abdrucken,
2. aus taktischen Gründen die Wahrheit verschweigen.
Das passt zum frühen Ausstieg von Pro Bahn Stuttgart aus der Gegnerschaft zu S 21.

Gerade jetzt, während die DUH unterstützt von den Bürgermeistern an der Gäubahn gegen deren Kappung vor Gericht zieht, wäre es an der Zeit mal wieder, statt zu kuschen, „laut und deutlich“ zu sagen was Sache ist. Nur so ist die Kappung und der „Paffentunnel“ zu verhindern.

Gern werden Sie deshalb in Ihrer nächsten Ausgabe meinen Film DAS TROJANISCHE PFERD – STUTTGART 21, bewerben, rezensieren, loben. Einen Link erhalten Sie dann kostenlos.

Beste Grüße und gute Fahrt!
Klaus Gietinger

Über Klaus Gietinger

lebt in Saarbrücken. Er ist Sozialwissenschaftler, Drehbuchautor, Filmregisseur, Verkehrsexperte und Buchautor. Er ist aktiv bei Bürgerbahn statt Börsenbahn.

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