ARD-Themenabend zur Situation der Deutschen Bahn

Am 04.09.2023 hatte die ARD ab 20.15 Uhr einen interessanten Themenabend zur Situation der Deutschen Bahn.
Siehe auch HIER in der Mediathek

Wir haben uns die drei Beiträge sehr genau angeschaut und vor allem die Diskussionsrunde
„Hart Aber Fair“.
Unsere Meinung lesen sie in unserer heutigen Pressemitteilung.



05.09.2023 Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene

Bürgerbahn-Denkfabrik stellt fest:
Bei diesem Themenabend wurde die Chance einer offenen und grundlegenden Auseinandersetzung mit der Politik der Deutschen Bahn und der Verkehrspolitik der Bundesregierung nicht ausreichend genutzt.

„ARD-Themenabend Bahnfahren“ am 04.09.2023
Diskussionsrunde »hart aber fair«

„Chance vertan“

Grundtenor aller drei Sendungen des Abends, aber besonders in der Diskussionsrunde „hart aber fair“ war: es wird zu wenig Geld für die Bahn ausgegeben. Dies ist zwar im Vergleich zu den anderen Eisenbahnländern Europas richtig. Aber mehr Steuergeld macht nicht zwingend eine bessere Bahn, wenn dieses Geld in gigantomanische Großprojekte wie Stuttgart 21, 2. S-Bahn-Stammstrecke München oder Bahnhofsverlegung Hamburg-Altona einschließlich Verbindungsbahn-Entlastungstunnel fließt, die keinerlei Nutzen für den Bahnverkehr haben, aber über Jahrzehnte hinweg knappe Ressourcen wie Planungs- und Baukapazitäten, aber vor allem Finanzmittel binden. Die Einstellung dieser Projekte würde viel Geld freimachen für den Ausbau der Bahn in der Fläche, für die Sanierung des gesamten Bahnnetzes und nicht nur von Kernstrecken, die keine 15 % des Gesamtnetzes ausmachen. Kritiker dieser Megaprojekte kamen nicht zu Wort, die Projekte wurden nicht einmal erwähnt! Die in der Sendung von der Politik versprochenen zusätzlichen 45 Milliarden Euro werden de facto von den Kostenüberschreitungen bzw. zu erwartenden Kosten dieser drei Großprojekte aufgefressen, sodass für Streckenreaktivierungen und die Instandhaltung des gesamten Bahnnetzes außerhalb der 4.200 Kilometer des sogenannten Kernnetzes kein Geld mehr übrigbleibt.

Der Moderator der Sendung hat dem Infrastrukturvorstand der DB, Berthold Huber, und dem Parlamentarischen Staatssekretär im BMDV, Michael Theurer, unkritisch großen Raum gegeben, die unsinnigen und fahrgastfeindlichen Generalsanierungen propagandistisch zu verkaufen. Ihre Behauptung, nach einer Generalsanierung müsse an der entsprechenden Strecke für 10 Jahre nichts mehr getan werden, wurde ohne Nachfrage und ohne Faktencheck einfach akzeptiert. Dabei wissen alle Eisenbahnfachleute, dass hochbelastete Strecken alle zwei Jahre durchgearbeitet werden müssen. Kritiker dieser Sanierungsstrategie wie Benedikt Weibel, der ehemalige Generaldirektor der Schweizer Bundesbahnen SBB, kamen nicht zu Wort. Auch Vertreter von Bahn-Bürgerinitiativen und Bahnkundenverbänden waren nicht geladen worden.

Kritik am Management der Deutschen Bahn war in der Sendung tabu

Gleichermaßen wurde überhaupt nicht hinterfragt, dass die DB 2022 mehr als 50 % ihres Umsatzes mit bahnfremden Aktivitäten erzielte und knapp 50% des DB-Umsatzes im Ausland stattfanden – dass also der Managementfokus des DB-Konzerns überhaupt nicht auf der Beseitigung der Infrastrukturmängel im Inland gerichtet ist.

Es wurde leider auch nicht berichtet, dass seit 2000 50 % aller Weichen und Überleitstellen herausgerissen wurden. Gleiches gilt für den Abbau von 90 % aller Industrieanschlussgleise, sodass es in der Tat schwierig werden dürfte, den angestrebten Marktanteil von 25% am Güterverkehrsvolumen zu erreichen.

Die ganze Diskussion war viel zu sehr auf das als überlastete geltende Kernnetz ausgerichtet. Wie die Sanierung der restlichen knapp 30.000 des Bahnstreckennetzes gestaltet werden sollen, wurde überhaupt nicht thematisiert. Aber gerade dieses Netz ist für den Regionalverkehr, mit dem 90 % aller Bahnreisenden unterwegs sind, unerlässlich. Und hier gibt es die größten Engpassstellen, die Verspätungen in die Knotenbahnhöfe hineintragen.

Keinerlei Erwähnung wert war die vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen aufgestellte Liste der 277 Projekte zur Reaktivierung von 4.758 Kilometern Bahnstrecken, deren Umsetzung nicht vorankommt.

Herr Huber war stolz, dass ein Viertel aller Fernverkehrsreisenden in Deutschland über die jetzt im Rahmen der Generalsanierung zur Totalsperrung anstehende Riedbahnstrecke geschleust werden. Dies zeigt aber gerade, wie störanfällig eine solche Bündelung vieler Verkehre auf wenigen Strecken das Bahnfahren macht. Ein flächendeckendes Bahnnetz erlaubt auch mehr Umleitungsverkehre und reduziert im Fall von Bauarbeiten den Bedarf an Schienenersatzverkehr.

Keiner der Diskussionsteilnehmer hat je thematisiert, dass von den 80 Städten in Deutschland mit mehr als 100.000 Einwohnern 27 überhaupt nicht an das ICE/IC Fernverkehrsnetz angeschlossen sind! Hier liegen die Herausforderungen für den Bahnverkehr, wenn er einen wirksamen Beitrag zur Verkehrswende leisten soll.

Dazu Prof. Monheim, Sprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik:

„Dem Bahnverkehr in der Fläche in der Fläche nach dem Prinzip „Takt vor Tempo“ gehört die Zukunft. Dazu müssen zuerst die in den vergangenen Jahrzehnten herausgerissenen Weichen und Überholgleise sowie Industrieanschlussgleise wieder eingebaut werden. Die Sanierung der Kernstrecken muss, wie es seit über hundert Jahren im Eisenbahnverkehr üblich und wie es im Bahn-Land Schweiz nach wie vor Standard ist, unter dem rollenden Rad stattfinden, mit minimalen Beeinträchtigungen für die Fahrgäste. Die Politik muss endlich die Rechentricksereien einstellen und der Bahn nicht nur in Sonntagsreden, sondern effektiv mehr Geld zur Verfügung stellen als für den Straßenausbau aufgewendet wird. Diese Mittel müssen unter transparenter Kontrolle einer gemeinnützigen Infrastrukturgesellschaft, die aus dem DB-Konzern herauszulösen und in der Rechtform einer Anstalt öffentlichen Rechts zu führen ist, eingesetzt werden.“
__________________________________________________________________________
05.09.2023
Malente-Schleswig-Holstein-Hamburg-Göttingen-Berlin-Frankfurt-München-Stuttgart
Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene
https://buergerbahn-denkfabrik.org
Mitglieder bei Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene sind (Stand 01.08.2023):Tom Adler / Isabel Arent / Angela Bankert / Heino Berg / Karl-Dieter Bodack / Stefan Brunotte / Ernst Delle / Dieter Doege / Dr. Christoph Engelhardt / Klaus Gietinger / Roswitha Götz / Dipl.Ing. Eberhard Happe / Johannes Hauber / Prof. Wolfgang Hesse / Joachim Holstein / Michael Jung / Andreas Kegreiß / Andreas Kleber / Volker Krombholz / Ernst-Günter Lichte   / Prof. Heiner Monheim / Roland Morlock / Andreas Müller-Goldenstedt / N.N. (Lokomitivführer) / / Prof. Helge Peukert / Manuel Poblotzki / Markus Schmidt
Sprecher  von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene und Herausgeber dieser Webseite:
Prof. Heiner Monheim

Haus 4 Alte Meierei
23717 Kasseedorf OT Stendorf
Mobil: +49-170-8048154
Festnetz; +49-4528-9344929
Mail: heinermonheim@yahoo.de
Web: http://www.heinermonheim.de 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert