Bäderbahn muss erhalten bleiben- und wichtiger Ast im S-Bahn-Konzept der Stadt Lübeck werden

Landesregierung will Ostsee-Touristen von der Bahn auf die Autobahn treiben

Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene stellt fest:

Die von der Landesregierung Schleswig-Holsteins angekündigte Abbestellung des Schienenverkehrs auf der Bäderbahn zwischen Bad Schwartau und Neustadt (Holstein) nach Fertigstellung der Neubaustrecke zur Hinterlandanbindung des Fehmarn-Belt-Tunnels ist angesichts des bislang sehr erfolgreichen Bahnverkehrs auf der Bäderbahn völlig unverständlich.

Staatssekretär von der Heide hat die Katze aus dem Sack gelassen: bei Erhalt der Bäderbahn fürchtet die Landesregierung »Klagen, ob beide Strecken überhaupt benötigt werden«. Man will also mutwillig eine erfolgreiche Regionalstrecke und den direkten Zubringer zu den Ostseebädern Timmendorfer Strand und Scharbeutz opfern, weil die Neubaustrecke die vorgeschriebene Nutzen-Kosten-Analyse nur dann überstehen kann, wenn die Fahrgäste nicht mehr die Bäderbahn benutzen können, sondern im Hinterland „an der Autobahn“ aussteigen müssen.

Die offenbar an dieser absurden Entscheidung Beteiligten (Landesregierung, DB AG, Eisenbahnbundesamt und NAH.SH) versetzen damit der Region Ostholstein und ihren Bäderorten einen massiven Nackenschlag. Den dort in den letzten Jahren begonnenen Bemühungen für eine Verkehrswende raus aus dem ewigen Stau auf den Zufahrtstraßen zu den Bäderorten und auf den Verbindungen zwischen ihnen wird so der Boden weggezogen. Bürgerbahn teilt die Einschätzung des Norddeutschen Rundfunks, dass der Region ein Verkehrsinfarkt droht, wenn Urlauber und Tagesausflügler nicht mehr mit der Bahn bis in den Badeort fahren können und daher das Auto nehmen.

Eigentlich ist das Gegenteil nötig und seitens der Stadt Lübeck mit ihrem ambitionierten S-Bahn-Konzept auch bislang geplant gewesen: Verdichteter Taktverkehr auf einer ertüchtigten Trasse der Bäderbahn mit neuen Haltepunkten und mehr Kreuzungspunkten, modernen Elektro-Fahrzeugen und einem abgestimmten Bus-Schiene-Konzept. Auf der Neubaustrecke kann dann umso besser ein beschleunigter Schienenverkehr nach Oldenburg und Fehmarn und weiter nach Dänemark angeboten werden. Die Bäderbahn dient also mehr der kundennahen Erschließung und die Neubaustrecke mehr der regionalen und überregionalen Verbindung. Mit einer solchen Doppelstrategie kann die bedeutsame Tourismusregion wirkungsvoll vom Autoverkehr entlastet werden. Ohne die Bäderbahn bleibt das Projekt der Neubaustrecke ein Torso.

Bürgerbahn hält deswegen die Stilllegungsoption für einen fatalen Schnellschuss ohne sinnvolle Begründung. Im Zeitalter der Verkehrswende und angekündigten Bahnoffensive passt diese Politik in keiner Weise zu den klimapolitischen Notwendigkeiten und Erfordernissen der Verkehrswende.

Bürgerbahn teilt deswegen die massive Kritik der Bäderorte und vor allem der besonders betroffenen Gemeinde Timmendorfer Strand an der geplanten Stilllegung. Bürgerbahn verweist auf die hohen Hürden, die später die angekündigte Stilllegung sowieso noch nehmen müsste. Denn unter Umständen ließe sich ja ein anderer Betreiber als die DB Regio für die Strecke finden – ein Betreiber, der mehr Kundennähe und Angebotskreativität beweist als die träge DB Regio. Eine spätere Entwidmung und ein Abbau der Strecke würden ohnehin am Widerspruch der Bäderorte und am Angebot alternativer Betreiber scheitern. Aber mit der grundlegenden Verunsicherung der Bäderorte und der in Ostholstein agierenden Verkehrsunternehmen über die Perspektiven der weiteren Verkehrsentwicklung wird in der Region die Verkehrswende massiv behindert.

Wenn die DB selber keine Lust mehr auf verkehrlich lukrative Geschäfte in Tourismusregionen hat, dann belegt dies einmal mehr die verfehlte Unternehmenspolitik. Das Hauptaugenmerk der DB dient den wenigen, überteuerten Großprojekten, während die Schienenentwicklung der Fläche sträflich vernachlässigt wird. Statt solcher Kahlschlagmethoden ist es in der Region viel wichtiger, die Bäderbahn zu erhalten und zu modernisieren und die anstehenden Reaktivierungen wie Neumünster-Ascheberg und Malente-Lütjenburg voranzutreiben. Die hohe Motivation der dort tätigen Reaktivierungsvereine wird durch solche Stilllegungspläne genauso stark gefährdet wie die Verkehrswendekonzepte der Bäderorte.

Dazu Prof. Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik:

„Der Bahnverkehr in Tourismusregionen hat eine große Bedeutung. Das zu ignorieren, ist eine klare Fehlentscheidung. Längs der deutschen Küsten gibt es mehrere erfolgreiche Bäderbahnen. Ein bekanntes Beispiel ist die Usedomer Bäderbahn. Auch die wollte die DB nach der Wende einfach stilllegen. Die Region hat sich erfolgreich gegen die Stilllegung gewehrt, die Usedomer Bäderbahn hat ein innovatives Konzept entwickelt mit neuen Haltepunkten, Modernisierung der Bahnhöfe, guten Busanbindungen der Bahnhöfe mit dem Bäderbus und einem eigenen Fahrradverleihsystem an den Bahnhöfen.

Die DB muss endlich wie die Bahnen in der Schweiz den Tourismus als relevanten Markt beachten und mit attraktiven Konzepten bedienen. Denn der Tourismus- und Freizeitverkehr sind inzwischen nach der Kilometerleistung die wichtigsten Verkehrssektoren. Wer dieses Marktvolumen ignoriert, verfehlt seine klimapolitischen Hausaufgaben. Bürgerbahn fordert deshalb von NAH.SH, der Landesregierung und der DB eine schnelle Revision der fatalen Entscheidung und eine gemeinsame Entwicklung eines Offensivkonzepts für das Schienennetz der Region gemeinsam mit der Stadt Lübeck.“ __________________________________________________________________________
10.09.2023
Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene
https://buergerbahn-denkfabrik.org

Sprecher  von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene und Herausgeber dieser Webseite:
Prof. Heiner Monheim

Haus 4 Alte Meierei
23717 Kasseedorf OT Stendorf
Mobil: +49-170-8048154
Festnetz; +49-4528-9344929
Mail: heinermonheim@yahoo.de
Web: http://www.heinermonheim.de 


Leserbrief von Hendrick Kerlen an die Lübecker Nachrichten

Ein Kommentar zu “Bäderbahn muss erhalten bleiben- und wichtiger Ast im S-Bahn-Konzept der Stadt Lübeck werden”

  1. Was ist das denn für eine „Pressemeldung“?
    Seit der Bahnreform bestellen und bezahlen die Länder den Nahverkehr. Dabei sind einzig und allein die Vorgaben der Länder maßgeblich. Daraus fehlendes Interesse von DB Regio zu konstruieren ist etwas weit hergeholt.
    Die einfachste Lösung: das Land bestellt für die nächsten Jahre auf dieser Strecke weiter den Nahverkehr. Damit wäre eine Stillegung und die dazu nötige Zustimmung des EBA vom Tisch.

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