Bahnen und Beschäftigung (7)

Der Bahnhof als Kristallisationspunkt

Rund um die Bahnen entstand ein vitales Cluster von Serviceeinrichtungen, die alle sehr viel Personal benötigten. Zunächst gehörten dazu die direkt bahnbezogenen Dienstleistungen wie Fahrkartenschalter und Reisendeninformation. Wichtig waren auch die Technikräume für die notwendige Betriebssteuerung und Kommunikation längs der Bahnstrecken. Hinzu kamen die notwendigen Verwaltungs- und Wohnräume für das Bahnpersonal. In ihrer Blütephase waren Bahnen sehr personalintensiv. Personal auf den Zügen, Personal für die Bereitstellung der Züge, für die Bevorratung und Befüllung von Kohle und Wasser, für die technische Wartung und Betriebssteuerung (Stellwerke, Schrankenwärter …), für das Be- und Entladen der Güterzüge, für die Verköstigung der Reisenden, für den Verkauf von Reisendenbedarf et cetera. Viele Bahnbeschäftigte arbeiteten nicht nur am Bahnhof, sondern lebten dauerhaft oder temporär im Bahnhof und seinen Nebengebäuden und zugeordneten Bahnsiedlungen, die zu allen größeren Bahnknoten gehörten.

Bahnhofsgastronomie

Da das Reisen der Personen und Güter im Bahnsystem damals noch beschaulicher vonstatten ging, hielten sich die Menschen auch länger an den Bahnhöfen auf. Dafür benötigte man schon im kleinen Dorfbahnhof eine eigene Gastronomie. In größeren Bahnhöfen gab es oft Restaurants in mindestens drei Qualitätsniveaus (1. bis 3. Klasse). Hinzu kamen Wartesäle und Salons, Toiletten sowie der Verkauf von sogenanntem »Reisendenbedarf« (Zeitungen, Bücher, Blumen, kleine »Snacks«, Getränke).

Bahnhotels

Da die Bahnen noch nicht durchgängig im Taktverkehr unterwegs waren, war es auch wichtig, am Bahnhof übernachten zu können. Daher hatten schon mittlere und erst recht große Bahnhöfe immer in direkter Nachbarschaft einige Hotels. Erst später machte sich in den Bahnhofsvierteln dann das Rotlichtmilieu breit, mit billigen »Absteigen«. Heute haben erneut moderne Hotelketten die Bahnhöfe als Ankerpunkt entdeckt. Sprichwörtlich gilt das für die IC-Hotels direkt neben dem Bahnhof. Manchmal kann sogar das Bahnhofsgebäude mit seinen ehemaligen Wohnräumen, die nicht mehr vom Personal benötigt werden, nach entsprechendem Umbau und Ausbau der Bahnhöfe als Hotel genutzt werden.

Über Prof. Dr. Heiner Monheim

(*1946), Geograf, Verkehrs- und Stadtplaner, seit den 1960er Jahren befasst mit den Themen Flächenbahn, Schienenreaktivierungen, Erhalt des IR, S-Bahnausbau und kleine S-Bahnsysteme, Stadt- Umland-Bahnen, neue Haltepunkte, Güter-Regionalbahnen, Bahnreform 2.0, Kritik der Großprojekte der Hochgeschwindigkeit und Bahnhofsspekulation. Details: www.heinermonheim.de

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