rail blog 267 / Joachim Holstein

Klare Auskünfte und schwammige Ausflüchte

Ein Vielfahrer ließ mir seine Kommunikation mit der Südostbayernbahn zukommen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Südostbayernbahn

Sehr geehrte Damen und Herren der SOB,

ich bin seit xx Jahren Pendler auf der Strecke xxxx-München.

Kürzlich erhielt ich über Ihren Streckenagenten eine Email zum verminderten Sitzplatzangebot im RB 27xxx und 27yyy.

Es ist die Rede davon, dass »aktuell« der Zug mit weniger Sitzplätzen verkehrt.

Was verstehen Sie bitte unter »aktuell«?

Nur jenen genannten Verkehrstag oder diesen Monat oder dieses Fahrplanjahr?

Es ist leider gehäuft zu beobachten, dass die Qualität der Texte im Streckenagent stark nachlässt.

Über Ihre sachdienliche Antwort würde ich mich sehr freuen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Die Antwort:

Guten Tag …,

vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns die Vorfälle bei Ihren Fahrten auf der Strecke zwischen xxxx und München zu schildern. Für die Beeinträchtigungen im Bahnverkehr, von denen Sie in letzter Zeit des Öfteren betroffen waren, bitte ich Sie im Namen der Südostbayernbahn um Entschuldigung.

Das verminderte Sitzplatzangebot in den RB 27xxx und 27yyy wegen Ressourcenmangel betrifft den Zeitraum vom 04.03. – 08.06.2024.

Trotz regelmäßiger Wartung lassen sich technische Störungen an Fahrzeugen nie ganz vermeiden. Aktuell haben wir zudem mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl an Schadensfällen bei unseren Fahrzeugen (verursacht durch z. B. Kollision mit Bäumen, etc.) zu kämpfen. Zudem sind wir abhängig von den Zulieferungen der Ersatzteile, die wir aktuell nicht in der Menge bekommen, die wir benötigen. Das alles führt zu der derzeitigen knappen Fahrzeugsituation. 

Ich würde mich freuen, wenn Sie der Südostbayernbahn, auch wenn nicht immer alles reibungslos verläuft, weiterhin die Treue halten.

Regelmäßiger Baumschnitt an der Strecke und Bevorratung mit Ersatzteilen sind ja sowas von Behördenbahn, damit war nach 1994 natürlich kein Blumentopf und kein Börsengang zu gewinnen.

Aber immerhin eine klare Auskunft: »aktuell« heißt: 14 Wochen lang.

Bei anderer Gelegenheit weigerte sich die DB, eine klare Auskunft zu geben – auf eine Anfrage zu Fahrtunterbrechungen bei einer Freifahrt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin Inhaber der Bahncard 100 1. Klasse Nr. xxxx und bin Platinkunde der DB.

Kürzlich musste ich feststellen, dass es in Ihrem Buchungssystem nicht möglich ist, eine Platin-Mitfahrerfreifahrt zu buchen, wenn im Rahmen der Reise z.B. ein längerer Zwischenaufenthalt geplant ist.

Bei mir geht es konkret um eine Fahrt von xxxx über Berlin nach yyyy, wobei in Berlin eine Übernachtung stattfindet und die Fahrt am nächsten Morgen fortgesetzt wird.

Während sich für solche Relationen problemlos auch durchgehende Reservierungen buchen lassen, ist die Einlösung der Freifahrt mit solchen Reiseplänen nicht möglich.

Ich darf Sie um Auskunft bitten, wann solche meine Reisewünsche nicht respektierenden Praktiken abgestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Die Antwort des »führenden Gastgebers«:

Leider ist eine längere Fahrtunterbrechung bei Freifahrten nicht möglich. Gerne finden Sie alle dazu gängigen Information in unseren Beförderungsbedingungen.

Sollten Sie hierzu noch Fragen haben, rufen Sie einfach unsere Servicenummer an. Wir sind täglich von 6 bis 23 Uhr für Sie da.

Freundliche Grüße nach xxxx

Ihr Team vom BahnBonus Service

Mögen Sie mal geschwind nachschauen, liebe Leserinnen und Leser? Hier, Sie müssen nur www.bahn.de/agb anklicken und die 1,3 MB herunterladen, das sind lediglich 125 Seiten.

Eine Volltextsuche nach »Fahrtunterbrechung« ergab keinen Treffer. Also kann dort auch nichts zu der Frage stehen, bei welcher zeitlichen Grenze denn eine »längere Fahrtunterbrechung« beginnt.

Gerne hätte der Platinkunde diese Auskunft ja von der zuständigen Stelle erfahren, so mit exakter Zeitangabe und Fundstelle, aber nein – da kommt nichts. Und es kommt auch keine Bitte um Entschuldigung, dass man es selber nicht weiß und entweder zu faul zum Suchen ist oder gar nicht weiß, wo man suchen soll.

Aber zu unterstellen, dass der Kunde, ob Platin oder nicht, »gerne« selber durch Hunderte von Seiten blättert oder in der Warteschleife hängt …

Über Joachim Holstein

(*1960) arbeitete von 1996 bis 2017 als Steward in Nacht- und Autozügen der DB, war von 2006 bis zur Einstellung dieser Verkehre Betriebsrat der DB European Railservice GmbH und zuletzt Sprecher des Wirtschaftsausschusses. Mitbegründer der Initiative zur Rettung des Nachtzuges Hamburg-Paris (2008; »Wir wollen nach Paris und nicht an die Börse«) und des europäischen Netzwerks für Nachtzüge »Back on Track« (2015; https://back-on-track.eu/de/); Weiteres unter www.nachtzug-bleibt.eu

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