rail blog 191 / Andreas Kleber

DER KLEBER-EXPRESS

3.Beitrag: die glanzvolle Zeit des KLEBER-EXPRESS und sein abruptes Ende

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Am 21.11.1992 stellte Andreas Schulz in Horb den Allgäu-Schwaben-Takt vor. Unter anderem wegen des Donautalbahn-Taktverkehrs ließ sich der Kleber-Express nicht integrieren. Er hätte als Zusatzleistung gefahren werden müssen, was fahrplanmäßig kaum machbar und zugleich kostspielig gewesen wäre. Es sein denn, man würde auf die Ausweitung des Allgäu-Schwaben-Takt östlich von Memmingen verzichten. Ausgerechnet zu einer Zeit, wo mich der geplante Hotelneubau und der Betrieb in Anspruch nahm, auch dies noch! In der Schwäbischen Zeitung wurde darüber unter anderem berichtet:

»der Saulgauer Hotelier Andreas Kleber will keinen Ochs gegen 4 Esel eintauschen«

Am 08.12.1992 bei der Fahrplankonferenz wurden Alternativen vorgestellt, bei welcher DER ZUG zwischen Aulendorf und Herbertingen als Sonderleistung fuhr; die BD Karlsruhe stimmte dem zu. Die Mehrheit war dagegen; ab Januar konnte ich zwar noch erreichen, dass dieser Zug zumindest integriert werden konnte; doch die NV-Abteilung der BD Stuttgart (Abteil „HEE“) lehnte kategorisch ab:

„Selbst wenn dadurch mehr Fahrgäste auf die Schiene kämen, lehnen wir eine Weiterführung ab“.

Nur durch die Intervention von Verkehrsminister Hermann Schaufler konnte der Zug ab 23.05.1993 noch am Wochenende verkehren; wenngleich ab Aulendorf ohne Takt und mit schlechten Fahrzeiten und Anschlüssen.

Um ihn wieder zu beleben, musste er etwas „Besonderes“ sein: die Regionen Südschwarzwald, Schwarzwald-Baar sowie OB Holzinger von Memmingen (sein Vater war Bahnhofsvorstand in Aalen) und BKM Strigl von Saulgau unterstützten mich in meinen Plänen. Die Gelegenheit war günstig: vom Land (Verkehrsminister Ulrich Müller) erhielten wir volle Unterstützung. Dies Konzept sah vor:

a) Einbindung in den Taktverkehr zwischen Freiburg und Herbertingen, sowie Aulendorf – München;

Abfahrt in Freiburg und München ca. 09:45; Ankunft am Ziel ca. 16:20.

Die NVBW unter ihrem Chefplaner Gerhard Schnaitmann und Herr Lauther von NV Karlsruhe erstellten das Fahrplankonzept: mit Einbindung des IRE-611 Durchlauf Stuttgart-Tübingen-Sigmaringen-Ulm und in Gegenrichtung.

b) 2 KiN, mit einem verantwortlichen Leiter in Freiburg (Brsg) und Aulendorf, die sich in Altshausen in der Mitte und Kreuzung beider Züge ablösten; verantwortlich für den Zug, Sauberkeit, Anbringung der Zuglaufschilder, Befragung der Reisenden nach ihren Essenswünschen, Verteilung der Zugbegleiter. Von Freiburg und Aulendorf wurden stets bestimmte Zugbegleiter eingeteilt; die sich mit DEM ZUG verbunden fühlten.

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c) Auflegung der Zugbegleiter wie in Fernzügen, mit Hinweis auf den gastronomischen Service: Lunchpakete, welche in Saulgau angeliefert wurden. Sie mussten per Zugfunk bis Wolfegg bzw. Beuron vorbestellt werden (es gab noch kein Mobilfunknetz und Internet). Wöchentlich wechselte das Angebot: zum Beispiel geräuchertes Felchenfilet, Schinken, Wurst, Allgäuer Käse. Zum Mineralwasser wurden auch Bier und Wein und Säfte angeboten. Dazu Brezeln, Wecken, Obst, Kuchen/süße Stückle (im Dez. Lebkuchen). Der Preis betrug DM 16,-. Abgerechnet wurde über den Kundenbetreuer am Bahnhof Saulgau.

d) Es gab Zugbegleiter ähnlich wie in Fernzügen; mit den Anschlüssen an gewissen Orten. Durch die Werbung der Stadt Saulgau sowie der teilnehmenden Hotels wurden diese finanziert.

e) Touristische Vermarktung im Rahmen der teilnehmenden Hotels (Adler Glottertal, Roter Bären Freiburg, Schwarzwaldhotel Titisee, Kleber-Post Saulgau, Platzl München; später kamen noch einige dazu) in einem „Package“, bei welchem unter anderem auch Bahnfahrt + Übernachtung(en) mit HP gebucht werden konnten. Ebenso durch Kontakt zu Reiseveranstaltern (auch auf Fahrradtouren spezialisiert) und ausländischen Veranstaltern (Tallhyo Travel New York, Worldwide Tours Sacramento CA, Nippon Inc Tokyo, Thomas Cook London, SchweizerVeranstalter) welche diesen Zug in ihre „Germany Tour“ (streckenweise) aufnahmen: zum Beispiel ein US- Veranstalter: 10 Tage Rheingau-Rothenburg o.T.-München-Schlössertour und Hofbräuhaus – Saulgau (Barocktour) – Titisee und von da mit dem IR nach Heidelberg…

So startete der nun offiziell „KLEBER-EXPRESS“ genannte Zug am 1. Juni 1997 seine Fahrt – sie war teils zu erfolgreich: die Wagenanzahl war wegen der Höllentalsteilstrecke und Bahnsteiglängen an manchen Halten auf vier begrenzt: und streckenweise nahm er auch noch Schülerverkehr auf. Hatten Reisegruppen gebucht, war der Platz für Individualreisende schon sehr begrenzt, zumal er in München Anschluss an den EC MOZART nach Wien und in Freiburg (Brsg.) an einen ICE/EC in die Schweiz hatte: die bekannten touristischen Fremdenverkehrsorte Titisee und Garmisch-Partenkirchen waren über Pasing gut miteinander verbunden.

Nicht nur in Eisenbahnfachzeitschriften, sondern auch touristischen Veröffentlichungen wurde über ihn berichtet; selbst ausländische Zeitungen/Zeitschriften berichteten über ihn.

Seine Zuglaufschilder waren in den Schaufenstern der DZT-Zentralen in Zürich, London, Tokyo, Bruxelles und Amsterdam angebracht, ebenso bei Touristikmessen in Berlin, Stuttgart, Essen sowie Zürich, St. Gallen, Utrecht und London.

Nachteilig für den Fahrplan waren oft die Fahrradgruppen, auch von der Kapazität, sowie manche US-Reisegruppen, die trotz Hinweis in Saulgau oft durch EINE TÜR (!) einstiegen, wodurch der Zug (meist Richtung Freiburg) 5 Minuten Verspätung erhielt. Beim Einladen der Lunchpakete oder manchmal auch für Sektempfänge mit Häppchen waren stets einige Mitarbeiter der KLEBER-POST bereit, damit der Zug seine Fahrt fahrplanmäßig fortsetzen konnte.

Am 26.12.1999 war er Opfer des Orkans LOTHAR: die 218 schleuderte es bei Hüfingen aus den Schienen; die herabfallenden Bäume bohrten sich durch die Dächer der Wagen des voll besetzten Zuges. Zum Glück kam niemand dabei zu Schaden.

Am 03.07.2000 stand in SWR 3 (18.45) in einer Sendung mit SWR-Moderator Markus Brock unter anderem auch der KLEBER-EXPRESS im Mittelpunkt; mit dem Freundeskreis beschlossen wir daraufhin, doch zwei Wagen mit Bistro einzuführen: die Kosten wurden über den Tourismusetat des Landes zugesagt. Ich war schon mit Karl-Dieter Bodack im Gespräch; es sollte ähnlich wie das IR-Bistro gestaltet werden; jedoch auf WEIN ausgerichtet.

Dazu kam es jedoch nicht mehr: durch tragische Umstände mussten wir innerhalb kürzester Zeit die KLEBER-POST damit Saulgau verlassen. Am Sonntag, 08.10. brachte ich die letzten Lunchpakete zum KLEBER-EXPRESS. Wir zogen von Saulgau weg und leiteten danach das Thermenhotel in Bad Herrenalb. Ein uns bekannter Stuttgarter Architekt bot uns 2003 sein Hotel in Schorndorf an, welches wir dann aufbauten und übernahmen.

Der KLEBER-EXPRESS selbst fuhr noch ohne Service und seine Annehmlichkeiten noch einige Zeit weiter. Am 12./13.12.2003 war seine letzte Fahrt. Ich fuhr am 12.12.von Schorndorf nach Memmingen, wo ich dann auf die 218 KÖNIG-LUDWIG-Lok aufstieg und „meinen Zug“ noch bis Tuttlingen fuhr. Dort stieg ich von der Lok, verabschiedete mich von Thomas, dem Aulendorfer Lokführer, und Manfred, dem Freiburger Zugführer, der ihn als Jungschaffner schon in den 60er begleitete. Manfred gab ihm den Abfahrtsauftrag, Und mit Tränen in den Augen schaute ich ihm nach, bis ich seine Schlusslichter nicht mehr erblickte…

Über den KLEBER-EXPRESS kam in Eisenbahnromantik folgender Film: ausgestrahlt am 13.04.2003.

Eisenbahn-Romantik: Kleber-Express | ARD Mediathek

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