rail blog 253 / Michael Jung

Bahnreform 2.0 – oder warum die Deutsche Bahn (DB) ein vollständig neues Management braucht

Die Probleme der DB sind landauf, landab bekannt: Horrende Verschuldung von bald 40 Mrd. Euro, zunehmende Verspätungen und Zugausfälle im Fern- wie im Nahverkehr, ein unfähiges Management mit unzureichender Qualifikation für das Bahngeschäft, zunehmend demotivierte Mitarbeiter, ein desolates Streckennetz, unterfinanziert und schlecht gewartet, ein aufgeblähter Verwaltungswasserkopf, der sich hoffnungslos in einem in sich widersprüchlichen Regelwerk von Arbeitsanweisungen verstrickt.

Demgegenüber steht eine – nachdem die Corona-Delle überwunden ist – wachsende Nachfrage eines Publikums, das im Zeichen des Klimawandels gerne mehr die Bahn nutzen möchte. Das 9 Euro und dann das 49 Euro-Ticket, welches von jetzt auf gleich bundesweites Flatrate-Bahnfahren über alle Verkehrsträger hinweg im Nahverkehr ermöglichte, hat den Run auf die Bahn noch verstärkt. Dem kann die Bahn in ihrem gegenwärtigen Zustand nicht gerecht werden.

Ursache für den Zustand der DB liegt ganz wesentlich bei dem Management der DB besonders seit der Überführung der DB in die Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach der Fusion von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn zur Deutsche Bahn AG am 1.1.1994. Der jetzige Zustand der DB AG ist nicht nur ein Produkt von Managementversagen in den letzten paar Jahren, sondern hat sich Systematisch seit der Bahnreform 1994 mit dem für 2008 geplanten, dann aufgrund der Finanzkrise in letzter Minute abgesagten Börsengang, entwickelt.

Welches sind nun die Hauptfaktoren die zu dem miserablen Zustand der DB heute geführt haben:

  1. Schon seit 1991 wurde erst die Bundesbahn und nach 1994 die DB AG von fachfremden Managern, die aus der Automobilzulieferindustrie oder Auto- bzw. Flugzeugindustrie kamen (Dürr (1991-1997, dann Aufsichtsratschef 1997-1999), Mehdorn (1999-2009), Grube (2009-2017) und vom originären Bahngeschäft nichts verstanden. In einer nicht ganz zweijährigen Interimsperiode war der Ministerialbeamte aus dem Kanzleramt Johannes Ludewig Chef der DB. Er wurde nach seinem etwas unglücklichen Agieren nach dem ICE-Unglück von Eschede aus dem Amt entlassen und wirkte dann als Chef der CER (Commission of European Railroads) auf europäischer Ebene von2001-2011 durchaus im Sinne klassischer Eisenbahnpolitik und wandte sich gegen die Privatisierung und Zerschlagung der staatlichen Eisenbahnen in Osteuropa. Obwohl kein Eisenbahner von der Pike auf, hat er engagiert für die Bahn gekämpft und hat sich mit den Kräften in der DB angelegt, die auf eine verschärfte Kapitalmarktorientierung hingearbeitet haben. So wird berichtet: „Ein besonderes Augenmerk Ludewigs galt der Pünktlichkeit der Züge. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt führte er eine Regelung ein, nach der die Hälfte der Bonuszahlungen der damals 1.600 Führungskräfte „von Pünktlichkeit und Präzision des Bahnbetriebs“ abhängen sollte.1997 kündigte er an, die Verspätungen bis zum Fahrplanwechsel halbieren zu wollen.Später führte er so genannte Pünktlichkeitsanzeiger auf großen Bahnhöfen ein, die ab Anfang Dezember 1999 wieder abgeschafft wurden.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Ludewig, aufgerufen 8.12.23) Seine mangelnde Beliebtheit bei den von Dürr eingestellten Kapitalmarktaffinen Managern und, nach dem Wechsel zu Rot/Grün unter der Regierung Schröder/Fischer, das falsche Parteibuch (CDU) hat seine Entlassung beschleunigt.
  2. Eine Betrachtung der Qualifikation und wie die Damen und Herren zur Bahn gekommen sind, gibt einige Aufschlüsse, warum das jetzige Management der DB die Probleme nicht in den Griff bekommt.

Bahnchef Richard Lutz, aus einer Eisenbahnerfamilie kommend, trat nach einem Betriebswirtschaftsstudium 1994 DB AG und übernahm nach Aufgaben in den Bereichen Konzerncontrolling und -planung 2003 die Leitung des Bereichs Konzerncontrolling, wobei er fortan direkt dem Vorstand Finanzen und Controlling berichtete. Zum 1.4.2010 wurde Lutz Nachfolger seines ehemaligen Chefs Vorstand Finanzen und Controlling der DB AG und der DB Mobility Logistics AG berufen. Ab dem 1. August 2015 gehörten auch der europaweit tätige britische Bus- und Schienenverkehrsanbieter DB Arriva, der Logistikdienstleister DB Schenker Logistics und die Bereiche Beschaffung und IT zu Lutz’ Verantwortungsbereich. Mit Grubes Rücktritt am 30.1.2017 übernahm er dessen Posten als Vorstandsvorsitzender zunächst kommissarisch, bis er am 22.3.2017 der Aufsichtsrat für fünf Jahre zum Vorstandsvorsitzenden ernannte. Sein Vertrag wurde 2022 vorzeitig um weiter fünf Jahre verlängert.  https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Lutz  aufgerufen 16.12.23 Lutz seit der Gründung der DB AG 1994 im Konzern dürfte damit über die intimsten Kenntnisse des finanziellen Zustands des Unternehmens haben, mit dem er trickreich die Politik erpressen kann. Ferner ist er für die schlechte finanzielle Performance des Unternehmens und die Probleme des Auslandsgeschäfts seit 13 Jahren mehr oder minder Alleinverantwortlich. Dafür erhält Lutz in 2022 ein Grundgehalt von 970.000 Euro, incl. Boni knapp 2 Mio. Euro.

Finanzvorstand Levin Holle kam 2019 zur Bahn. Zuvor war der Jurist Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, aber zuvor war er nach Beendigung seines Studiums ab 1997 bei der Unternehmensberatungsfirma Boston Consulting Group tätig. Inhaltlich konzentrierte er sich auf große Transformationsprojekte im Finanzsektor und den Finanzbereich von Unternehmen. 2012 wechselte er in das BMF unter Wolfgang Schäuble und leitete dort die Abteilung Finanzmarktpolitik. Seit 2018 gehörte Holle dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn an. Zum 1.2.2020 wurde er Vorstand für Finanzen und Logistik DB AG. Im März 2022 wurde sein Vertrag vorfristig bis 2028 verlängert. Aus seinem bisherigen Werdegang kann man eindeutig schließen, dass er der Kapitalmarktfraktion zuzurechnen ist und er vehementer Verteidiger der jetzigen Rechtsform der DB AG ist. Mit ihm ist eine weitere Verschuldung der DB AG auf den internationalen Kapitalmärkten vorgezeichnet. https://de.wikipedia.org/wiki/Levin_Holle aufgerufen 16.12.23

Infrastrukturvorstand Berthold Huber studierte Politikwissenschaften und arbeitete anschließend als Unternehmensberater für Ernst & Young. 1997 wechselte er zur Deutschen Bahn. Er leitete beim Personenverkehr zunächst die Organisationseinheiten Borddienste und Regio-Services. 2001 übernahm er das Personalressort von DB Regio Bayern. Neben dem Personalressort war er auch für den Regionalverkehr Südbayern verantwortlich. Im Mai 2003 übernahm Huber den Vorsitz von DB Regio Bayern; parallel war er als Geschäftsführer des Regionalverkehrs Oberbayern tätig. 2008 wurde er Vorstand für Personal bei der DB Netz AG. Ende 2010 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden von DB Fernverkehr ernannt. Zum 1. August 2015 wechselte er in die Position als Vorstand für Personenverkehr der Deutschen Bahn AG. Damit war die Verantwortung für Regional- und Fernverkehr verbunden, also den größten Teil der deutschen Eisenbahn. Mit Beschluss des Aufsichtsrates vom 22. März 2017 erhielt er einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag. Er wurde zum 1. Juli 2022 zum Vorstand für Infrastruktur der Deutschen Bahn ernannt. Er folgt in dieser Funktion Ronald Pofalla nach. Huber ist auch als einziger Kandidat für den Vorstandsvorsitzenden der aus der Fusion von DB Station&Service auf DB Netzte ab 1.1.24 entstehenden Infrastrukturgesellschaft InfraGo vorgesehen. Als Infrastrukturvorstand ist Huber zwar weniger für den jetzigen Zustand des DB Netzes verantwortlich zu machen. Aber in seinen Bereich fäll jetzt die Umsetzung der angekündigten Mega-Bauprojekte, sowie die „Generalsanierung der Kernstrecken des Netzes“. Als Politologe bringt Herr Huber für den Technisch dominierten Infrastrukturbereich der DB AG nicht die geringste technische Expertise mit.
Eine Petitesse am Rande: Huber unterschrieb in seiner Funktion als Konzernvorstand, nach Einschätzung des Rechtsausschusses der DB, pflichtwidrig einen Beratervertrag mit seinem Vorgänger Homburg, in dessen Rahmen 171.000 Euro ausgezahlt wurden. Der Aufsichtsrat beschloss daraufhin Mitte Dezember 2019, dass Huber einen Teil seiner Tantiemen für das laufende Jahr abgeben müsse. https://de.wikipedia.org/wiki/Berthold_Huber_(Manager) aufgerufen 16.12.23


Fernverkehrsvorstand Michael Peterson arbeitete nach dem Studium als Wirtschaftsingenieur und Promotion in Betriebswirtschaft ab 2000 bis 2014 bei der Strategieberatung Booz & Company in Düsseldorf, zuletzt als Partner und Geschäftsführer. Im Jahr 2014 wechselte er dann zur Deutschen Bahn. 2016 wurde er Marketingvorstand der DB Fernverkehr AG und ab 2019 Vorsitzender des Vorstandes von DB Fernverkehr. Seit 1. Juli 2022 ist er Vorstand der Deutschen Bahn AG für den Personenfernverkehr. Auch hier wieder ein ähnliches Karrieremuster: von einer Unternehmensberatung, die vermutlich auch umfangreich für die DB tätig war, gleich in einen Bereichsvorstand und nach kurzer Zeit Aufstieg in den Konzernvorstand. Die große Unpünktlichkeit und die vermehrten Ausfälle der Fernverkehrszüge fallen in seinen Verantwortungsbereich. https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Peterson

DB Regio Vorständin Evely Palla studierte Betriebswirtschaft in Wien mit Schwerpunkt Unternehmensführung, Controlling und Rechnungslegung. Nach ihrem Studium arbeitete Palla 1997-1998 bei Siemens UK in Newcastle upon Tyne im Bereich Operational Plant Controlling. Anschließend arbeitete sie als Referentin für Produktcontrolling bei Infineon Technologies in München. 2002 wechselte sie zur Österreichischen Handelskammer nach Tokio, dort war sie als Referentin für Finanzen und Controlling tätig.2003 wechselte Palla zu E.ON nach München, wo sie als Referentin für Planung und Controlling arbeitete. Von 2006 bis 2008 war sie am Aufbau der E.ON-Tochter E wie einfach beteiligt. Sie war dort für den Aufbau der Controlling Systeme und des Reporting des Unternehmens verantwortlich. Anfang 2008 wechselte sie mehrere Jahre als Leiterin des Controllings zu E.ON Italia nach Mailand. Ab 2011 kam Palle zur ÖBB-Personenverkehr AG, zunächst als Leiterin Controlling für den Personenverkehr, später zusätzlich als Leiterin für den Schienenfahrzeugeinkauf des ÖBB-Personenverkehrs. Im Dezember 2015 wurde sie Mitglied des  Vorstands der ÖBB-Personenverkehr AG für die die Ressorts Nah- und Regionalverkehr, Recht, Finanzen und Einkauf sowie Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB-Postbus AG. 2019 wechselte sie zur DB AG und wurde Vorständin für Finanzen der DB Fernverkehr AG. Zum 1.7. 2022 wurde sie zur Vorständin des DB  Konzerns und zur Vorstandsvorsitzenden der DB Regio AG berufen.
Auch hier wieder ein Karrieremuster: Privatwirtschaft mit Schwerpunkt Controlling  und keine Erfahrung im Eisenbahnbetriebsdienst. https://de.wikipedia.org/wiki/Evelyn_Palla

DB Cargo Vorständin Evelyn Nikutta studierte Psychologie mit dem Schwerpunkt Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie und dem Nebenfach Pädagogik an der Universität Bielefeld und wurde 2009 an der LMU München in Psychologie promoviert. Ab 1993 arbeitete Nikutta im Management eines mittelständischen Unternehmens in Bielefeld, bevor sie 1996 zur Deutschen Bahn wechselte. Zunächst leitete sie ein Bildungszentrum in Dresden und bekleidete fortan zahlreiche Leitungsfunktionen im Bildungsbereich der DB. 2001 wurde sie Personalleiterin bei DB Cargo. Sie übernahm die Leitung der Produktion und wurde Sprecherin der Geschäftsführung des Transportbereichs Ganzzugverkehr in Mainz. In ihrer letzten Funktion war sie Vorstand Produktion beim polnischen Schenker-Tochterunternehmen DB Cargo Polska. Zum 1.10.2010 wurde sie Vorstandsvorsitzende und Vorstand Betrieb der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Zum 1. Januar 2013 wurde ihr Vertrag vorzeitig um weitere fünf Jahre verlängert. Im Dezember 2017 entschied der Aufsichtsrat eine weitere Vertragsverlängerung um fünf Jahre. Nikutta übernahm zusätzlich zum Vorstandsvorsitz die Bereiche Finanzen, Digitalisierung und Vertrieb. Zum 1. Januar 2020 wurde sie in den Vorstand der DB AG Bahn berufen. Sie übernahm dort das neue Ressort Güterverkehr sowie den Vorstandsvorsitz der DB Cargo AG. Eine Berufung Nikuttas als Vorstandsvorsitzende der DB AG war zuvor über mehrere Jahre erwogen worden. Sie scheiterte am Widerstand von Richard Lutz und Ronald Pofalla. https://de.wikipedia.org/wiki/Sigrid_Nikutta aufgerufen 16.12.23

Personal& Recht Vorstand Martin Seiler, über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Seine berufliche Laufbahn begann 1980 bei der Deutschen Bundespost in Baden-Baden. Nach über 15 Jahren in Betriebsrat und Deutscher Postgewerkschaft bzw. ver.di wechselte Seiler Anfang 2003 ins Management der Deutschen Post AG in Bonn. Seit 2010 war er „HR Direktor“ bei der Deutschen Telekom, ab Juni 2015 Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor des Unternehmens. Zum 1. Januar 2018 zum Personalvorstand der Deutschen Bahn bestellt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Seiler_(Manager). Nach seien Vita ist Seiler ein typischer Kompromisskandidat rechter Gewerkschaftsführer.

Vorständin Digitalisierung & Technik, Daniela Gerd tom Markotten studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe und promovierte 2003 zum Thema IT-Sicherheit. 2003 begann sie ihre berufliche Laufbahn in der internationalen Nachwuchsgruppe des Daimler-Konzerns und wirkte unter anderem an Projekten in Auburn Hills und Tokio mit. Ab 2005 folgten verschiedene Management-Funktionen im Bereich der Logistik-IT. Mitte 2014 wurde sie Leiterin der Abteilung „Center of Competence Marketing“ im IT-Bereich von Daimler. Ab 2014 verantwortete sie das Auftragszentrum Lkw, Charterway International sowie Fleetboard. 2016 übernahm sie den Bereich „Digital Solutions & Services“ bei Mercedes-Benz Lkw und wurde in Personalunion CEO von Fleetboard. 2017 wechselte Gerd tom Markotten zum Mobilitätsdienstleister Moovel, einem Gemeinschaftsunternehmen von BMW und Daimler. Mitte 2020 gründete sie das Start-up-Unternehmen iuhhoo, das eine Software für KI-/AR-basierte Videoanrufe zur Fernunterstützung entwickelte. Im Juni 2021 berief der Aufsichtsrat der DB AG Gerd tom Markotten in den Vorstand. Zu ihren Aufgabenbereichen gehören neben dem digitalen Transformationsprozess auch die DB Fahrzeuginstandhaltung und der konzerninterne IT-Dienstleister DB Systel. 2023 wurde sie vom Aufsichtsrat der DB für fünf Jahre, bis 2029, wiederbestellt. https://de.wikipedia.org/wiki/Daniela_Gerd_tom_Markotten Interessant das eine Managerin aus dem Automobilbereich mit nur IT-Kenntnissen, für die Fahrzeuginstandhaltung der DB verantwortlich ist, die die  Hauptursache für ausgefallene Züge ist!

Fazit: Die gesamte Vorstandsetage des Konzerns aus Betriebswirten, Controllern, Unternehmensberatern und ein wenig IT-Kompetenz. Eisenbahnspezifische Kenntnisse sind flächendeckend nicht vorhanden, oder wenn überhaupt, dann nur im Management, aber nicht im harten Betriebsdienst erworben. Es ist schon mehr als merkwürdig, dass in einem Unternehmen, dessen Funktionieren auf dem Zusammenspiel hochkomplexer und spezieller Technik beruht, kein einziger Techniker, geschweige denn ein Eisenbahningenieur oder Maschinenbauer, anzutreffen ist. Daher ist die schlechte operationale Performance der DB auch kein Wunder.

Mit der eisenbahnspezifischen Qualifikation der Mitglieder der Anteilseigner Seite im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn sieht es nicht besser, eher noch schlimmer aus.:

Aufsichtsratsvorsitzender Werner Gatzer (SPD) ist Jurist und politischer Beamter und hat sein ganzes berufliches Leben von 1990 an bis zu seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand per 31.12.23 her in Bundesfinanzministerium zugebracht. Seit 2005 war er dort Haushaltsstaatssekretär unter den Finanzministern Eichel, Steinbrück, Schäuble, Scholz und Lindner. Kurzfristig amtierte er als Vorstandsvorsitzender der Finanzagentur Deutschland GmbH (2005) und als Vorstandsvorsitzender der DB Station&Service (2018). Seit September 2022 ist er Aufsichtsratsvorsitzender der DB AG. Er gilt als Erfinder der Schuldenbremse, ist ein harter Sparfuchs aber in Bahnthemen wenig bewandert. Er ist zudem Aufsichtsratsmitglied in der Problemgesellschaft Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH, kennt sich also offensichtlich mit Kosten- und Terminüberschreitungen aus und im AR der Deutsche Post AG. https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Gatzer

Stefan Gelbhaar, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) ist Rechtsanwalt über die Berliner Kommunalpolitik 2017 in den Bundestag gekommen. Er ist Mitglied im Verkehrs- und Haushaltsausschuss des Bundestages und Sprecher der Grünen für städtische Mobilität und Radverkehr. https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Gelbhaar

Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) hat Psychologie studiert und als angestellte Psychologin im interkulturellen Jugendaustausch gearbeitet, parallel dazu ihre politische Karriere bei den Grünen in Hamburg vorangetrieben (1997-2002 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, und  parlamentarische Geschäftsführerin der GAL-Bürgerschaftsfraktion und haushaltspolitische Sprecherin. Von 2002 -2008 zog sie in den Bundestag ein und war dort von 2002 bis 2004  stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses und von 2004 bis 2008 haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. 2001 zog sie erneut in die Hamburgische Bürgerschaft ein. Anschließend war sie stellvertretende Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion und haushaltspolitische Sprecherin. Von 2013 bis 2021 war sie erneut Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied im Haushaltsausschuss sowie parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion sowie stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion. In der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene in Hamburg wurde sie 2008 Senatorin der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. In dieser Funktion genehmigte sie den Neubau des Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg und versemmelte die bis zum Planfeststellungsbeschluss vorangetriebene Weidereinführung der Straßenbahn in Hamburg. Ende 2021 wurde sie verbeamtete Staatssekretärin im BMVK unter Habeck. https://de.wikipedia.org/wiki/Anja_Hajduk

Susanne Henckel (Vertreterin des Bundesverkehrsministeriums im DB AR) studierte Stadt- und Verkehrsplanung mit dem Abschluss Diplom-Ingenieurin.Von 1995 bis 2010 war Henckel für den Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) in Kassel tätig. Im Dachverband der SPNV-Aufgabenträger, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (BAG-SPNV) war sie von 2010 bis 2014 als Hauptgeschäftsführerin, ab 2014 als Mitglied im Präsidium, sowie von 2018 bis zum 18. April 2022 als Präsidentin tätig. Anfang 2014 übernahm Susanne Henckel die Geschäftsführung des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB). Anfang 2022 wurde Henckel beamtete Staatssekretärin im BMDV. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich Eisenbahnverkehr. https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Henckel Was sie genau für den Bereich Eisenbahn qualifiziert erschließt sich nicht so ganz, zumal ihre Ausbildung eher Planungsfragen, denn technische Fragen umfasste.

Prof. Susanne Knorre studierte Politologie, Volkswirtschaftslehre und Anglistik in Hamburg und Basel, mit einem Abschluss als Diplom-Politologin 1985 gefolgt von dem Staatsexamen für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst (1988) und einer Promotion (1990). Anschließend war sie Leiterin des Büros des Ministers für Wirtschaft und Verkehr in Rheinland-Pfalz, Rainer Brüderle (FDP). 1994 wechselte sie zur Preussag AG als Leiterin der Konzernkommunikation. Ab 2003 war sie geschäftsführende Gesellschafterin der Grote & Knorre Personal- und Unternehmensberatung GmbH und anschließend im Management Partner Public Affairs von Weber Shandwick Deutschland. Von Anfang 2005 bis 2007 war Knorre Director Corporate Affairs bei Japan Tobacco International in Köln.  und lehrt seit 2005 am Institut für Kommunikationsmanagement der Fachhochschule Osnabrück, ab 2007 nebenberufliche Professorin für Unternehmenskommunikation sowie im Rahmen von Lehraufträgen an der Universität Hildesheim, am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung Hannover sowie an der Universität Kapstadt am Institute of Political Studies. Knorre ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung. Sie ist im Aufsichtsrat der KSBG Kommunale Verwaltungsgesellschaft GmbH, Rütgers Germany GmbH und STEAG GmbH vertreten und seit 2019 zudem Mitglied des Aufsichtsrats der Salzgitter AG. Ende 2000 – 2003 wurde sie zudem als Parteilose, Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr in der Landesregierung von Niedersachsen unter Gabriel. 2013 wurde sie in den Aufsichtsrat der Nord/LB berufen. Seit 2015 ist sie zudem Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG.   https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Knorre
Welche spezifische Qualifikation die Multifunktionäre für den Aufsichtsrat der DB AG mitbringt erschließt sich bei dem Lebenslauf nicht. Kommunikation der DB AG mit ihren Kunden kann es sicher nicht sein.

Dorothee Martin MdB (SPD) studiert ebenfalls Politikwissenschaft, ob mit Abschluss ist unklar und machte Karriere ab 2004 bis 2014 im Bereich Public Affairs und als Marketing-Referentin für den Hamburger Immobilienentwickler ECE Projektmanagement (Otto-Gruppe)  und ab 2013 als Geschäftsführerin der ECE Consulting GmbH. Im April 2014 wechselte sie in die Position der stellvertretenden Niederlassungsleiterin der Gagfah Nord – eines Wohnungsunternehmens der damaligen Deutsche Annington Immobilien AG, die 2015 in Vonovia SE umbenannt wurde. Gemeinsam mit Matthias Onken betreibt sie als Gründerin und Geschäftsführerin die Kommunikationsagentur Onken-Martin in Hamburg. Parallel dazu betrieb sie ihre Karriere in der SPD der sie seit 1998 angehörte und war 1999 bis 2000 kurzzeitig Mitglied im Juso-Landesvorstand der Jusos. Von 2008 bis 2011 war Martin Bezirksabgeordnete im Bezirk Hamburg-Nord, dort war sie im Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Verbraucherschutz, im Stadtentwicklungsausschuss. Ab März 2011 zog sie in die Hamburger Bürgerschaft ein wo sie Mitglied im Verkehrsausschuss, im Ausschuss für Wirtschaft, Medien und Innovation und im Verfassungs- und Bezirksausschuss war. Ab April 2018 war sieverkehrspolitische Sprecherin der Fraktion. Im Mai 2020 rückte sie in den Bundestag nach und gab ihr Bürgerschaftsmandat auf. Im  Bundestag ist  Martin seitdem ordentliches Mitglied im Finanzausschuss und gehört als stellvertretendes Mitglied dem Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur an. Sie wird dem Mitte-rechts-Lager ihrer Partei zugeordnet und als Vertreterin des Partei-Establishments gesehen. https://de.wikipedia.org/wiki/Dorothee_Martin
Frau Martin ist Vertreterin der Immobilienwirtschaft und hat von Eisenbahnfragen keinerlei spezifische Kenntnisse, die auf eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen.

Daniela Mattheus ist Rechtsanwältin und Managementberaterin für Finance, Corporate Governance, Compliance und Nachhaltigkeit. Sie begann ihre berufliche Laufbahn als geschäftsführende Assistentin am Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. 2003 trat sie bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Bereich Assurance ein und war u.a. verantwortlich für KPMG’s Audit Committee Institute e.V. sowie den Aufbau der KPMG Governance & Board Services in Deutschland. 2012 wechselte Daniela Mattheus zur Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY; sie wurde dort Partnerin im Bereich Financial Accounting Advisory Services, u.a. verantwortlich für das EY Center for Board Matters Leader in Europa, Middle East, Africa, Indien (EMEIA). Heute ist Daniela Mattheus Co-Ownerin und Senior Board Advisor von ECBE (Frankfurt am Main). Sie ist Vorsitzende des Prüfungs- und Compliance-Ausschusses bei Autobahn GmbH des Bundes sowie Mitglied im Aufsichtsrat der Commerzbank AG, der Yunex GmbH, der Deutsche Bahn AG (ab 1.10.2022), der CEWE Stiftung & Co. KGaA sowie der Jenoptik AG. https://financialexperts.eu/verein/vorstand/
Was die Multiaufsichtsrätin für den Job im Aufsichtsrat der DB AG qualifiziert bleibt unklar. Kenntnisse des Bahnbetriebes sind es sicher nicht. Interessant ist zudem, dass eine Vertreterin des Bundes im Aufsichtsrat der Autobahn AG vom Bund auch noch in den Aufsichtsrat der DB AG entsandt wird.

Michael Sven Puschel, Leiter der Abteilung Bundesfernstraßen Bundesministerium für Digitales und Verkehr ist seit Ende 2022 als Vertreter des BMDV im AR der DB AG. Über seinen beruflichen Werdegang oder eine besondere Nähe zur Eisenbahn ist nichts bekannt. Es ist typisch für das Wissing-Ministerium, dass nicht der Leiter der Eisenbahnabteilung, sondern der Leiter der Bundesfernstraßenabteilung das BMDV, das die Fachaufsicht über die DB hat, dieses im AR der DB AG repräsentiert.

Dr. Immo Querner begann seinen beruflichen Werdegang 1992 als Unternehmensberater bei McKinsey & Company. Vier Jahre später wechselte er ins Versicherungswesen und wurde Leiter für Strategie, Beteiligungen und Rückversicherungen bei der Gerling Speziale Kreditversicherungs-AG in Köln. 2002 wurde er zum CFO des Gerling-Konzerns ernannt. Nach der Übernahme durch die Talanx-Gruppe wurde er 2006 Finanzvorstand der HDI V.a.G. und der Talanx AG, die er 2012 erfolgreich an die Börse brachte. Er ist unter anderem seit 2023 Mitglied im Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG und ist auf Vorschlag des Bundesfinanzministeriums seit 2021 Vorsitzender im Anlageausschuss des KENFO=Deutscher Staatsfond zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung.
Seine Berufung zeigt die Attraktivität des Staatsfonds KENFO in der Finanzbranche-im Bereich der langfristigen, sicheren und ertragreichen Anlage der Mittel des Fonds. https://www.kenfo.de/fileadmin/user_upload/pressemitteilungen/kenfo_pressemitteilling_dr_immo_querner__vorsitzender_anlageausschuss.pdf
Ferner hat die Aktionärsversammlung der Assenagon Asset Management S.A., eines international operierenden Hedgefonds in ihrer Sitzung vom 23. Mai 2023 Herrn Dr. Immo Querner als neuen Verwaltungsratsvorsitzenden bestimmt. https://www.private-banking-magazin.de/karriere-kenfo-deutsche-bahn-assenagon-asset-management-befoerdert-immo/. Herr Querner ist ein lupenreiner Vertreter der Hedgefondszene. Eisenbahnkenntnisse sind nicht vorhanden, sein Interesse dürften lediglich zu privatisierende Teile der DB AG sein.

Bernd Reuther MdB (FDP) studierte bis 1998 Sozialwissenschaften. Danach arbeitete er ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Staatsminister Werner Hoyer und anschließend als Büroleiter beim Mitglied des Bundestags und späteren Buindeswirtschaftsministers  Günter Rexrodt Von 2003 bis 2006 war Reuther stellvertretender Regierungssprecher der Landesregierung von Sachsen-Anhalt und anschließend als Associate Director bei Hill & Knowlton Strategies. 2009 wurde er erst Abteilungsleiter bei der Duisburger Hafen AG und zwei Jahre bis 2017 später bei der Hochtief AG. Parallel dazu betreib er seit 1990 seine politische Karriere bei der FDP, die ab 2017 in seinem Einzug in den Bundestag mündete. Seit Ende 2021 ist er verkehrspolitischer Sprecher und Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss. Außerdem ist er ordentliches Mitglied im Sportausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss. Reuther ist zudem einer der Sprecher der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt und stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe.  https://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Reuther Auch hier das typische Profil eines auf der Parteischiene über verschiedene Positionen im staatlichen wie im privaten Bereich nach oben führende berufliche Karriere mit bisher keinen Berührungspunkten zur Bahn, die ohne Parteihintergrund nicht möglich gewesen wäre.

Fazit: Im Aufsichtsrat der DB hat keines der von der Anteilseigner Seite, d.h. dem Bund berufenen Mitglieder einen technischen Erfahrungshintergrund, geschweige denn war vor seiner Aufsichtsratstätigkeit bei einem Eisenbahnunternehmen beschäftigt. Von der Ausbildung her sind die Aufsichtsräte der Anteilseigner Juristen (3x) Politikwissenschaftler (3x), Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler (2x) und je einer Psychologe bzw. Stadtplaner. Besonders dramatisch ist, dass zwei Vertreter des Autobahnbaus in diesem Aufsichtsrat sitzen, aber nicht der Leiter der Eisenbahnabteilung im BMDV. Dass ein solcher Aufsichtsrat eine effektive Kontrolle über die DB AG ausüben kann, muss mit Recht bezweifelt werden. So kann das Bahnmanagement diesem Aufsichtsrat je nach Belieben bestimmte Projekte und Pläne vorstellen, ohne dass das Gremium in der Lage wäre diese fachgerecht zu beurteilen. So ist festzustellen, dass der Aufsichtsrat in den letzten beiden Jahrzehnten in kleinster Weise die DB AG beaufsichtigt und kontrolliert hat, was eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre.

Deutsche Bundesbahn und die Reichbahn der DDR hatten Anfang 1994 zusammen rund 500.000 Beschäftigte. Seit der Vereinigung der beiden deutschen Eisenbahngesellschaften wurden seitdem nahezu 300.000 Beschäftigte weitgehend sozialverträglich abgebaut. Die war der größte Beschäftigungsabbau in einem deutschen Unternehmen überhaupt. Dieser ging auch erstaunlicherweise weitgehend geräuschlos über die Bühne. Ende 2022 verfügte der DB-Konzern wieder über knapp 325.000 Beschäftigte, vor allem durch den Zukauf von Firmen im Ausland und den Aufbau eines hypertrophen Verwaltungswasserkopfes vor allem im Controlling, Marketing und Verwaltungsbereich. Mit diesem gigantischen Stellenabbau ging auch einher ein massiver Verlust ein an bahntechnischen Know How, insbesondere im technischen Bereich und im Betriebsdienst, der bis heute nicht wett gemacht werden konnte. Der Aufbau an Beschäftigten fand vor allem im Verwaltungs-, Controlling- und IT-Bereich statt. Allein die Verwaltung der rund 500 Tochtergesellschaften des DB-Konzerns hat dazu geführt, dass die Controller die Herrschaft im Unternehmen übernommen haben.

Mit dem massiven Beschäftigtenabbau gingen besonders viele altgediente Eisenbahner mit einer hohen Erfahrung bei der Lösung von täglichen Problemen im Betriebsdienst verloren. Auch ging damit das klassische Eisenbahner Etos, den Betrieb auch bei widrigen Umständen aufrecht zu erhalten, verloren. Früher traf der Spruch zu, „Alle reden vom Wetter, Wir nicht. Ihre DB“. Heute muss es eher heißen: Die Bahn hat vier Feinde: „Frühling, Sommer, Herbst und Winter.“ Die hohe Einsatzbereitschaft der Eisenbahner war aber immer eine wesentliche Voraussetzung für einen störungsfreien Betrieb des Eisenbahnnetzes auch bei schwierigen äußeren Umständen (Witterungseinflüssen, Störfällen aller Art, Baustellen etc.). Dieser Spirit, die Bahn unter allen Umständen am Laufen zu halten ist zwischenzeitlich komplett verloren gegangen. Heute wird die punktgenaue Befolgung der mittlerweile überreichlich im DB Konzern existierenden Arbeitsanweisungen als Erfolgskriterium und Beurteilungsmaßstab gesehen. Die Arbeit bei der Bahn ist ein Job wie jeder andere, ein Einsatz für Die Bahn als ihr Unternehmen, mit dem man sich vorbehaltlos identifizieren kann, ist nicht mehr vorhanden.

Das alte Eisenbahneretos wurde besonders unter der Ägide Mehdorn bewusst zerschlagen, weil es aus der Sicht das damaligen Bahnmanagements die altgedienten Bahner als Bremser oder Verhinderer einer notwenigen Modernisierung angesehen wurden. Berechtigte Einwände dieser Beschäftigten wurden einfach beiseitegeschoben, und die, die nicht ihren Mund hielten, wurden entweder entlassen (das traf hauptsächlich die Beschäftigten bei der Reichsbahn, die nie einen Beamtenstatus hatten) oder, sofern man sie aus beamtenrechtlichen Gründen nicht rauswerfen konnte, zum Eisenbahnbundesamt zwangsversetzt. Unter der Ägide Mehdorn wurde bewusst mit externen fachfremden „Experten“ von McKinsey eine parallel konzerninterne Reportingstruktur aufgebaut, was natürlich mit Recht altgediente und erfahrende Eisenbahner frustrierte. Aber deren Einwände wurden beiseite gewischt, das Ergebnis war eine weitere Verwahrlosung der DB Infrastruktur und ein Verlust von Planungskompetenz in den DB-Unternehmen. Zudem ließ Mehdorn illegal den Mailverkehr einzelner Mitarbeiter überwachen, was zu einem größeren Skandal führte (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Bahn, aufgerufen 17.12.23)

Angesichts des Qualifikationswandels auf der Führungsetage ist es nicht verwunderlich, dass die von außen neu eingestellten Nachwuchsmanager ein Spiegelbild ihrer Vorgesetzten waren bzw. sind. So finden wir bei DB-Station&Service haufenweise Immobilienkaufleute, die wissen, wie man Bahnhofsgebäude scheibchenweise verkauft und möglichst viele Fahrgäste an den Fressbuden in den Bahnhofshallen vorbeischleust, die aber von Eisenbahn und den Anforderungen des Eisenbahnbetriebes keinerlei Ahnung haben. So kann man heute davon ausgehen, dass auf allen Ebenen des DB-Konzerns mehr Controller, IT-Leute „Digitalisierungsexperten“, Kommunikationsmanager etc. vorhanden sind, als Mitarbeiter mit einer eisenbahntechnischen Ausbildung. Die große Zahl fachfremder Manager auch auf mittleren Führungspositionen entwickeln Eigendynamik, die durch die Aufsplitterung des Konzerns in nahezu 500 Tochtergesellschaften verstärkt zentrifugale Kräfte freisetzt und diese Tochterunternehmen in zunehmenden Maße ein munteres Eigenleben im Konzern führen. Die schnell voranschreitende Digitalisierung vieler Unternehmensbereiche führt zu einem erneuten Generationenumbruch, so das von einer ehemaligen Eisenbahn-Führungskultur nichts mehr übrigbleibt. Die strukturellen Mängel im Management der DB sind bester Beweis für diese Thesen.

Seit 1994 wurde der Konzern bewusst auf die Reportinganforderungen einer Aktiengesellschaft ausgerichtet. Damit gingen a) Einflussmöglichkeiten der Politik und der Bahnkunden verloren und die Anforderungen des Kapitalmarktes gewannen die Oberhand. Mit der Gründung von immer mehr Tochtergesellschaften und ihren Gremien wurde zwingend auch der Verwaltungsoverhead der DB immer größer und der interne Betriebs- und Genehmigungsablauf immer bürokratischer und zweitaufwendiger. In den knapp 30 Jahren seit der Bahnreform hat mittlerweile der komplette Ausrichtung des DB AG Managements auf die Anforderungen einer Aktiengesellschaft mit ihren von den Kapitalmärkten bestimmten Reportingzwängen komplett den ganzen Konzern erfasst. Dieses wieder auf die Anforderungen des DB-Unternehmens als eines öffentlichen Dienstleisters zurückzuführen wird extrem schwierig sein und gelingt nur, wenn entsprechender Druck aus der Politik kommt.

Seit der Periode von Bahnchef Mehdorns gibt /gab es die Vision von der DB AG als eines Global Players im internationalen Transsport und Logistikgeschäft. Dazu wurden umfangreiche Zukäufe im Ausland getätigt (Arriva, Bax-Gobal), die sich später als teure Fehlkäufe erwiesen und hohe Sonderabschreibungen erzwangen. Auch die besonders in 2022 glänzende Ertragslage von DB-Schenker beruhte auf Sonderfaktoren, die sich in den kommenden Jahren nicht wiederholen dürften. Als Ergebnis der Zukäufe, die alle mit hohen Risiken – auch Währungsrisiken – verbunden waren veränderte sich kontinuierlich die Struktur der DB AG. Nicht nur, dass durch die Zukäufe der Auslandsanteil am Umsatz der DB AG auf nahezu 50% anstieg und auch der Anteil des Schienenverkehrs am Gesamtumsatz des DB-Konzerns auf um die 50% absank, sondern er veränderte auch den Fokus des DB Managements. Je geringer der Bahnumsatzanteil umso weniger genossen die Probleme aus diesem Bereich die Aufmerksamkeit der Chefetage. Auch aus dem Aufsichtsrat gab es kein energisches Gegensteuern gegen diesen Trend.

Entsprechend dem Anspruch Global Player zu sein, wurden auch die Vergütungsstrukturen der oberen Führungskräfte mit einer erheblichen Ausweitung der variablen Vergütungsbestandteile angepasst und es kam zu einer massiven Ausweitung des Abstandes bei der Bezahlung des Führungspersonals und der einfachen Bahnbeschäftigten. Mittlerweile beträgt das Gehalt incl. variabler Bestandteile des Bahnchefs das 60-fache des Gehaltes einfacher Bahnmitarbeiter. Insgesamt sind die Vergütungsstrukturen des oberen und mittleren Managements in keinster Weise der erbrachten Leistung angemessen. Die Vorgabe von Finanzkennziffern (ROCE) für den Erfolg des Führungspersonals führt auf Abwege, stattdessen müssen operative Erfolgskriterien, wie Pünktlichkeit, Minimierung der Zahl ausgefallener Züge, Anzahl reaktivierter/elektrifizierter Streckenkilometer, Anzahl der wiedereingebauten Weichen Kriterien für die Festlegung variabler Vergütungsbestandteile sein. Die teilweise schamlose Selbstbedienungsmentalität der Bahnoberen hat erstmals im breiten Umfang Widerhall in den Medien gefunden, allerdings im Aufsichtsrat, der das ja alles genehmigt hat und im Bahnmanagement noch zu keinen Konsequenzen geführt.

Fazit: Die Probleme des DB Konzerns lassen sich nur durch einen Komplettaustausch des oberen und mittleren Führungspersonals bei allen Unternehmen des Deutsche Bahn Konzerns lösen. Die Ablösung nur des Vorstandsvorsitzenden reicht nicht. Vorrang bei der Ernennung eins neuen Bahnmanagements müssen eisenbahnfachliche Kenntnisse sowie fachliche Führungskompetenz haben. Dieses ist eine mehrjährige Herkulesaufgabe und muss von strikten Vorgaben aus den Aufsichtsgremien begleitet werden. Beschäftigtenvertreter sind angemessen mit einzubinden. Nur kosmetische Bauernopfer werden das Leiden der DB AG unter einem unfähigen Management nur verlängern. Der Aufsichtsrat der DB AG muss neu besetzt werden. Vertreter von Fahrgastverbänden müssen Mitglieder dieses Gremiums werden. Die fachliche Führung durch das BMDV muss verstärkt werden.

Hier einfügen: Kriterien von Claus Weselsky an ein modernes Bahnmanagement Abschnitt 12.1. aus dem Alternativen Geschäftsbericht zur Deutschen Bahn 2022

Über Michael Jung

Jahrgang 1950, Dipl.-Volksw., arbeitete zuerst in einem Großkonzern der Mineralölwirtschaft und dann 28 Jahre bei einer deutschen Großbank, davon 10 Jahre lang im Bereich Finanzierung von Eisenbahn- und Nahverkehrsprojekten weltweit. Seit 8 Jahren ist er Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona e.V., die sich für den Erhalt und Modernisierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona am jetzigen Standort einsetzt.

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