Pressemitteilung von „Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene“ zu den Mittelkürzungen im Bundeshaushalt für die dringend notwendige Sanierung von Bestandsstrecken und den Ausbau aktueller Engpassstrecken der Deutschen Bahn
Die Mittelkürzungen für die Bahn um 18 Mrd. Euro im Bundeshaushalt 2024 sind zum einen Ausdruck dessen, dass das Bundesverkehrsministerium der Bahn nicht die für die Verkehrswende notwendige Priorität einräumt. Dass beim Straßenbau nicht im gleichen Maß gekürzt wird, zeigt die Schlagseite der Verkehrspolitik der Ampel.
Die Mittelkürzungen für die Bahn bieten aber zugleich die Chance, sich endlich und endgültig von den prestigebehafteten Hochgeschwindigkeits-Megaprojekten mit hohen Investitionskosten, extrem langen Bauzeiten und zweifelhaftem Nutzen zu verabschieden. Dies gilt auch für begonnene Projekte, die nicht in den nächsten ein bis zwei Jahren fertiggestellt werden können. Stattdessen müssen die Projekte abgespeckt, Neubau durch Ausbau ersetzt werden, die Streckenelektrifizierung vorangetrieben, eingleisige Stellen auf zweigleisigen Strecken beseitigt und mehr Ausweich- und Überholgleise eingebaut werden, um die Streckenleistungsfähigkeit zu erhöhen.
Aus Sicht von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene gehören folgende Projekte auf die Streichliste und sind durch die jeweils genannten, kostengünstigeren Projekte mit kürzeren Realisierungszeiten zu ersetzen:
- Stuttgart 21: Verzicht auf alle Ergänzungsprojekte wie Pfaffensteigtunnel, Nordzulauf und Nahverkehrsdreieck
Stattdessen: Erhalt und Ertüchtigung des jetzigen Kopfbahnhofs, Umnutzung der bereits gebauten Teile des Projekts für ein unterirdisches Gütertransportsystem, keine Kappung der Magistrale Gäubahn
Einsparung: 8 Mrd. Euro - 2. S-Bahn-Stammstrecke München: Sofortige Einstellung der Bauarbeiten
Stattdessen: Ausbau des Süd- und Nordrings
Einsparung: 6 Mrd. Euro - Verzicht auf den Fernbahntunnel in Frankfurt
Stattdessen: Viergleisiger Ausbau der Südmainstrecke
Einsparung: 5 Mrd. Euro - Verzicht auf die Neubaustrecke Hannover – Bielefeld
Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke
Einsparung: 3 Mrd. Euro - Verzicht auf Neubaustrecke Maschen – Hannover
Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke
Einsparung: 5 Mrd. Euro - Verzicht auf die Bahnhofsverlagerung von Hamburg-Altona nach Diebsteich mit dadurch erforderlichem Verbindungsbahnentlastungstunnel
Stattdessen: Modernisierung des jetzigen Bahnhofs Altona und Ausbau der Verbindungsbahn mit zusätzlichen Bahnsteigen am Dammtor
Einsparung: 10 Mrd. Euro - Oberrheintalstrecke: Verzicht auf Tunnellösungen, Begrenzung der Ausbaugeschwindigkeit auf 200 km/h
Einsparung: 2 Mrd. Euro - Brenner-Nordzulauf: Verzicht auf Neubaustrecken in Tunnellage
Stattdessen: Ausbau und Elektrifizierung von Bestands- und Ausweichstrecken
Einsparung: 8 Mrd. Euro - Verzicht auf die Neubaustrecke Ulm – Augsburg
Stattdessen: Korridorsanierung, Steigerung der Leistungsfähigkeit der Bestandsstrecke durch kleinere, aber wirksame Verbesserungen
Einsparung: 4 Mrd. Euro - Fehmarnbelt-Hinterlandanbindung: Weitestgehender Verzicht auf Neubau
Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke, Elektrifizierung und zweigleisiger Ausbau Lübeck – Bad Kleinen und Lübeck – Lüneburg, um neue Laufwege für den Güterverkehr zu erschließen
Einsparung: 3 Mrd. Euro - S-4 Projekt Hamburg – Bad Oldesloe: Verzicht auf Ausbau östlich von Hamburg
Stattdessen: Optimierung des Projekts durch Begrenzung des S-Bahn-Ausbaus auf die Strecke bis Hamburg-Rahlstedt; restliche Strecke: Ertüchtigung des Bestandes und Angebotsausweitung
Einsparung: 1 Mrd. Euro
Die Liste sinnloser Großprojekte, zu denen kostengünstigere und schneller umsetzbare Alternativen existieren, ließe sich noch weiter fortsetzen. Allein durch Verzicht auf unsinnige Prestigeprojekte und stattdessen Optimierung/Ausbau/Ergänzung der Gleisanlagen ließen sich mindestens 50 Mrd. Euro einsparen. Angesichts der Sparvorgaben aus dem Bundeshaushalt von 18 Mrd. Euro wäre damit sogar genug Geld für die Reaktivierung von Bahnstrecken, für Elektrifizierungsprojekte und für die Beseitigung von Engpässen vorhanden. Ein Deutschlandtakt ohne diese sinnlosen Großprojekte ließe sich zudem um mindestens 35 Jahre schneller realisieren.
Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene fordert daher:
Durchforstung der Liste der 381 Projekte, die angeblich für den Deutschlandtakt erforderlich sind, nach den Kriterien:
- Beitrag zur Engpassbeseitigung
- Beitrag zur Betriebsstabilisierung
- Beitrag zur Erhöhung der Kapazitäten im Bahnnetz
- Beitrag zum Ausbau der Flächenbahn
- Schnelle Umsetzbarkeit.
Diese Evaluation muss unter Einbeziehung der Fahrgast-, Umwelt- und Bahnverbände umgehend beginnen, um die Deutsche Bahn fit zu machen für die Zukunft.
Dazu Heiner Monheim, Sprecher von Bürgerbahn:
„Die Kürzung der Mittel für die Bahn um 18 Milliarden Euro muss das Aus für teure Prestigeprojekte zur Folge haben. Das vorhandene Geld muss stattdessen für gute und sinnvolle Bahnprojekte verwendet werden, wie sie von Verbänden und Bürgerinitiativen seit Langem vorgeschlagen werden. Dies sind Projekte, die einen schnellen Beitrag zur Erhöhung der Kapazität, der Zuverlässigkeit und der Betriebsstabilität des Netzes leisten. Bürgerbahn legt mit dieser Erklärung eine erste Liste der neuen prioritären Bahnprojekte vor und wird sich in die Diskussion um Projektalternativen aktiv einbringen.“
Hamburg/Stuttgart/Frankfurt 3.2.2024
https://buergerbahn-denkfabrik.org
Sprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene:
Prof. Heiner Monheim
Haus 4 Alte Meierei
23717 Kasseedorf OT Stendorf
Mobil +49-170-8048154 Mail: heinermonheim@yahoo.de
Festnetz +49-4528-9344929 Web: http://www.heinermonheim.de
Als Lokführer im DB Fern- und teilweise auch Nahverkehr kann ich hierzu nur sagen:
Was ein Glück, dass niemand von dieser Fabrik in Regierungs- oder Ministeriumsverantwortung steht. Denn wenn all diese Projekte aufgegeben werden, wäre das fatal. Für Fern-, Nah- und Güterverkehr. Bei Stuttgart 21 sehe ich kaum Einsparpotenzial, um dieses komische Gütertransportsystem bauen zu können da für die Umsetzung zuerst mal Abbruchkosten in Milliardenhöhe bezahlt werden müssten.
Und dass ein 3-4 gleisiger Bestandsausbau faktisch nicht schneller als ein Neubau ist, das sollte eigentlich hinlänglich bekannt sein. Man vergleiche mal nur Rastatt-Offenburg mit Köln-Frankfurt und Nürnberg-Ingolstadt oder Nürnberg-Bamberg mit Erfurt-Halle/Leipzig