rail blog 104 / Aktionsbündnis gegen Stuttgart21

Blinde Technikfaszination statt Fakten

Am Sonntagabend zur besten Sendezeit (18.6./18h) strahlte das ZDF die 30minütige Reportage „Baustelle XXL – die Reportage“ aus – und erntete viel Kritik. Nicht nur S21-Gegner*innen halten den Betrag für unausgewogen, gar ein Werbefilmchen der DB.

Hier dokumentieren wir eine Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart21, in der auch ein Schreiben der drei kurz zu Wort gekommenen Stuttgart21 – Gegner*innen (Doris Zilger und Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis und Ayla Salatovic von Fridays for Future Stuttgart) an die zuständige Redaktion angehängt ist.


Inzwischen hat sich auch Filmemacher Klaus Gietinger zu Wort gemeldet. Sein Vorschlag: Zur Wiederherstellung der Ausgewogenheit könne das ZDF seinen Film „DAS TROJANISCHE PFERD – STUTTGART 21“, gern auch auf das gewünschte Format gekürzt, an ähnlich prominenter Stelle ins Programm nehmen (siehe HIER).

Pressemitteilung Aktionsbündnis gegen Stuttgart21

Sehr geehrte Damen und Herren,

die heute Abend im ZDF ausgestrahlten Sendung über Stuttgart21 vermittelt einem bundesweiten Publikum einen falschen und unvollständigen Eindruck von dem Projekt. Die drei nur kurz interviewten Stuttgart21 – Gegner*innen haben sich daraufhin in einem Statement an die Redaktion gewandt, das wir Ihnen hiermit zukommen lassen.

Das Aktionsbündnis schließt sich dieser Kritik an. Um die Unausgewogenheit dieses Beitrags auszugleichen, regt das Aktionsbündnis eine ähnlich ausführliche Sendung an, in denen qualifiziert über das ungelöste und nicht lösbare Kapazitätsproblem, über die geplanten „Ergänzungsprojekte“, über nicht funktionierenden Brandschutz und v.a. über die verheerenden klimatischen Folgen des Projekts und seines Weiterbau und über die Konversionsalternative www.umstieg-21.de informiert wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Dieter Reicherter, Martin Poguntke, Werner Sauerborn 0171 320 980 1

__________________________________________________________________________________

 „Maximal enttäuschend“

Stellungnahme der interviewten S21-Gegner*innen zur ZDF-Sendung „Baustelle XXL – Stuttgart 21“

Sehr geehrte Damen und Herren von ZDF.reportage,

am 18.8. um 18h wird der oben genannte Beitrag zu Stuttgart21, an dem wir als Stuttgart21-Gegner*innen mit einigem Zeitaufwand beteiligt waren, bundesweit ausgestrahlt.

Für uns, die wir auf mediale Wahrnehmung angewiesen sind, ist es immer heikel, journalistische Beiträge zu kritisieren. Wir hoffen, Sie werden uns dennoch nicht verübeln, wenn wir dies hier tun.

Wir fanden den Beitrag maximal enttäuschend. Wir wissen, dass von vielen Minuten Aufnahmezeit immer nur ein kleiner Bruchteil übrigbleibt. Aber 50 Sekunden kritische Statements in einem über 30-minütigen Beitrag über den Stand von S21? Und dann so? Das ist alles andere als die von den Öffentlich-Rechtlichen beanspruchte Ausgewogenheit.

Der Beitrag befeuert ziemlich unkritisch die allgemeine Technikfaszination über Tunnelbau und Kelchstützen und präsentiert mit viel Emotion deren sympathische Macher*innen. Dagegen sind drei Sekundenstatements, auf die dann der S21-Chef noch jovial reagieren kann, chancenlos. Unsere Grundsatzkritik, dass hier modernste Technik in einem funktional und klimapolitisch desaströsen Projekt eingesetzt wird, verpufft. Stattdessen darf unwidersprochen ein Bauarbeiter von den Unmengen Stahl und Beton schwärmen, der für eine Kelchstütze verbaut wird. Was dieses Projekt klimapolitisch bedeutet, bleibt völlig außen vor.

Eins der Sekundenstatements, die Sie ausgewählt haben, geht zu den Kosten. Das ist, was das bisherige Projekt betrifft, Schnee von gestern. Es gibt uns zwar recht, aber kann unseren Widerstand heute nicht mehr begründen. Es geht jedoch nicht nur um bereits gebaute 60 km, sondern um geplante zusätzliche 47 Tunnelkilometer mit weiteren immensen Treibhausgasemissionen und weiteren 5,2 Mrd. Kosten – ein zweites Stuttgart21, das aber nicht retten kann, was nicht mehr zu retten ist. Von diesem Knackpunkt ist jedoch im Beitrag nicht wahrnehmbar die Rede.

In einem weiteren Sekundenbeitrag zitieren Sie die Aussage, die Stuttgarter*innen würden nie mehr einen funktionierenden Bahnhof haben. Was soll die Zuschauer*in mit so einer Fundi-Aussage anfangen, wenn sie kaum erläutert werden kann?

Natürlich würden wir uns über die Gelegenheit eines Gesprächs freuen!

Nichts für ungut also & viele Grüße von Ayla Salatovic, Doris Zilger und Werner Sauerborn

Über Werner Sauerborn

Dr. rer. soc. *1949, Geschäftsführer des Aktionsbündnis gegen Stuttgart21, dort Vertreter der „Gewerkschafter*innen gegen Stuttgart 21“. Zuvor wiss. Mitarbeiter FU Berlin, Otto-Suhr-Institut, Forschung zur Privatisierung Öffentlicher Dienstleistungen, Gewerkschaftssekretär bei ötv bzw. ver.di im Bereich Politik und Planung

Zeige alle Beiträge von Werner Sauerborn →

Ein Kommentar zu “rail blog 104 / Aktionsbündnis gegen Stuttgart21”

  1. Ihr veröffentlicht einen Film, der als DVD erhältlich ist und in sämtlichen Kinos in ganz Deutschland ausgestrahlt wird und beschwert euch bei ZDF über fehlende Ausgewogenheit? Ernsthaft jetzt????

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert