rail blog 39 / Heiner Monheim

Generalsanierung, Modernisierung und Ausbau

Das Bestandsnetz der Bahn hat aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung und des vielfachen Fahrens auf Verschleiß immer mehr Mängel. Die Hochgeschwindigkeit beansprucht die Gleise in extremer Weise. Ein Grund mehr, das Betriebstempo zu drosseln auf besser verträgliche 160 km/h, aber dieses Tempo dann auch als Basis für das gesamte für den Fernverkehr relevante Netz.

Sanierung unter rollendem Rad
Natürlich muss das gesamte Bestandsnetz einer grundlegenden Generalsanierung und Modernisierung unterzogen werden. Aber dafür braucht man eine fahrgastfreundliche Strategie. Eine langdauernde Sperrung ganzer Teilnetze und Strecken kommt nicht in Frage, weil sie verhindert, dass die Bahn die jetzt nötige Leistung erbringt. In der Schweiz und in Österreich erfolgen Sanierungen fast immer unter „rollendem Rad“.

Dezentrale Steuerung
Die Dringlichkeit einer breiten Sanierung ist unbestritten. Die vielen Langsamfahrstellen im Netz müssen umgehend abgebaut werden. Die vielen Betriebsstörungen wegen schadhafter Bahnübergänge, Fahrzeuge und Stellwerke müssen zuverlässig beendet werden. Das erfordert redundante und resiliente Technik und ein dezentrales Werkstatt- und Stellwerkssystem.

Von der Eingleisigkeit zur Mehrgleisigkeit
Zur Sanierung gehört auch ein schneller Ausbau der immer noch in vielen ländlichen Regionen vorhandenen eingleisigen Strecken. Sie brauchen ein bundesweites Sofortprogramm. Es ist ein Skandal, dass im deutschen Autobahnnetz allenthalben mit Hochdruck an der vier- und teilweise auch sechsspurigen Mehrspurigkeit geplant und gebaut wird, während die Eingleisigkeit weiterhin für viele ländliche Bahnstrecken als normaler Standard gilt. Wie soll da denn der Deutschlandtakt funktionieren?

Renaissance der Weichen und dezentralen Stellwerke
Am wichtigsten ist es, die schlimme Erbsünde der Ära Mehdorn zu heilen, in der Tausende von Weichen wegrationalisiert und viele Überholgleise eingespart wurden. Das ganze Netz wird durch Einbau von vielen Weichen und Überholgleisen wieder ausreichend leistungsfähig gemacht, begleitet von einer Renaissance dezentraler und intelligenter Stellwerke.

Und das ganze Netz wird elektrifiziert. Die bisher überwiegend im Nahverkehr eingesetzten Dieselfahrzeuge werden bei mittlerem und jungem Alter in einem bundesweiten Umrüstprogramm auf E-Antrieb umgestellt, die alten Dieselfahrzeuge werden ausrangiert.

Über Prof. Dr. Heiner Monheim

(*1946), Geograf, Verkehrs- und Stadtplaner, seit den 1960er Jahren befasst mit den Themen Flächenbahn, Schienenreaktivierungen, Erhalt des IR, S-Bahnausbau und kleine S-Bahnsysteme, Stadt- Umland-Bahnen, neue Haltepunkte, Güter-Regionalbahnen, Bahnreform 2.0, Kritik der Großprojekte der Hochgeschwindigkeit und Bahnhofsspekulation. Details: www.heinermonheim.de

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